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Jun 6, 2020, 12 tweets

Viktor #Orban hielt zum 100.Jahrestag von #Trianon eine Rede. Ein Fallstudie in rechtsextremer Geschichtspolitik und Revisionismus.

Ein Thread

#Trianon ist so zentral für die ungarische Geschichtspolitik, und in dieser Rede, dass Orban die gesamte ungarische Geschichte in "Trianons" vermisst - ein Jahrhundert ist bei ihm ein Trianon.

Das Bild der opferbereiten Frau, die natürlich immer Mutter ist, ist ein altbekanntes rechtsextremes Motiv. Sie gebärt Soldaten und Krieger, die das Land gegen die immerwährende äußere Bedrohung verteidigen - dies das zentrale Motiv.

Fehlen darf natürlich auch eine Dolchstoßlegende nicht, Ungarn "wurde vom dekandenten arroganten Westen verraten und aufgeteilt wie eine Kolonie." Natürlich verliert er kein Wort über die Verantwortung der k.u.k-Monarchie im 1.WK ...

... oder der Magyarisierungspolitik innerhalb der ungarischen Hälfte des Kaiserreichs. Was im ganzen Trianon-Revisionismus nämlich immer verschwiegen wird, ist die brutale Assimilierungspolitik Ungarns gegen über den Minderheiten im eigenen Land im 19.Jahrhundert.

Natürlich auch kein Wort zum Antisemitismus unter Horthy und den Pfeilkreuzlern, der Kollaboration mit dem Dritten Reich. Ungarn ist auch hier nur Opfer, kein Täter. Interessanterweise führt er die Tschechoslowakei und Jugoslawien explizit an, die Ungarn "erdulden" musste.

Ganz zufällig zwei Staaten, deren Bevölkerungen multiethnisch und/oder multireligiös waren, also das Gegenteil von dem was Orban immer beschwört: die ethnische Homogenität.

Auch hier ganz im Sinne rechtsextremer Themensetzung betont Orban das Verschwinden dieser Staaten, natürlich um zu betonen, dass multiethnische Gesellschaften zum Scheitern verurteilt sind. Und natürlich existiert eine nebulöse multikulturelle Bedrohung.

Jedes Kind ist ein Grenzsoldat, denn das ist laut Orban ihre Mission. Die Verteidigung des ungarischen Kernlandes, die Orban hier beschwört bringt das zentrale Motiv wieder in den Mittelpunkt - die äußere Bedrohung, gegen die man sich immerzu wehren muß.

Das friedliche und sichere Ungarn steht gegen ein Europa, dass all dies nicht ist. Orban gibt sich nicht einmal mehr Mühe eine Form von europäischer Solidarität zu beschwören, er tut das Gegenteil, nebst Militarisierung, schließlich steht man in seiner Logik allein da.

Orban hat sich längst aus der EU und aus einem demokratischen Konsens verabschiedet. Wer die zentrale Bedeutung Trianons für den ungarischen Nationalismus und rechtsextremen Geschichtsrevisionismus verstehen will, findet in dieser Rede ein Lexikon rechter Rhetorik.

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