Felix Zimmermann Profile picture
Journalist @tazamwe/#Oldenburg-Korrespondent. – Foto: Karsten Thielker

Sep 14, 2022, 15 tweets

Hi! Bereite gerade mein @tazgezwitscher-#Klimaland-Podium in #Oldenburg am 20.9. vor. Warum tun sich mittelgroße Städte so schwer damit, klimafreundlicher zu werden & das Auto weniger als naturgegeben zu behandeln? Kleiner Thread ...
taz.de/Stadt-klimafre…

... Zum Beispiel der Schlossplatz. Tolle Kulisse mit Schloss und pittoresken Häusern, inhabergeführter Einzelhandel. Café, Weinhandlung, Schuster, Buchladen etc. Aber: leider vor allem ein Parkplatz – beidseitig der Straße, die an dem Platz entlangführt. ...

... Die Straße ist am Rande der Fußgängerzone, sie zerschneidet den an sich wirklich schönen, weiten Platz. Aber wehe, jemand stellt die Existenz der Parkplätze in Frage. Ein Beispiel: Im März 2021 war es die örtliche CDU, die den Platz umwandeln wollte. ...

... Weniger Autos, mehr Platz für Flaneure. Ein Erlebnisraum statt des Park(such)raums. Ständig kreisen da Autos auf der Suche nach einem freien Platz. Ausgerechnet die CDU, die in Oldenburg traditionell eher pro Auto ist, wollte das ändern. ...

... So stellte sich die Partei das vor (Bild 1, fast wie #Bullerbü), so sah es zu der Zeit (und heute immer noch) tatsächlich aus (Bild 2, angefertigt von der Lokalzeitung) ...

Was folgte, war eine typische Eskalation in Phasen – bis die Idee tot war. Phase 1: Der Ton wird gesetzt. Schon die Überschrift in der Lokalzeitung erzählt eine Verlustgeschichte, keine Verbesserung: „Parkplätze am Schlossplatz sollen Fußgängerzone weichen“ ...

... Dazu die Unterzeile: „Die Oldenburger CDU will den Einkaufsbereich am Schlossplatz zur Fußgängerzone umwandeln und viele der 70 Parkplätze aufheben. Einzelhändler fänden das extrem schädlich. Und Sie? Im Bericht können Sie abstimmen.“ ...

... Wenn schon die Einzelhändler die Idee „extrem schädlich“ finden, dann ist ein Pflock eingeschlagen. Gegen Einzelhändler in einer eh schon schwierigen Lage (Onlinehandel!) Politik machen zu wollen: schwierig. ...

... Phase 2: Die Lokalzeitung sammelt Leserstimmen, darunter vor allem welche von denen, die warnen. Zustimmende Einwürfe gab es nicht oder sie werden nicht präsentiert. Eine Auswahl: ...

... Phase 3: Das Ende naht! In einem weiteren Text kommt der Chef des Einzelhandelverbandes zu Wort. Es klingt, als hinge von den Parkplätzen die Zukunft Oldenburgs und des Einzelhandels insgesamt ab. ...

... In einer Stadt, die sich ihrer Fußgängerzone rühmt. Einer Stadt, in der es allerorten Parkhäuser und viele, viele innenstadtnahe Einzelparkplätze gibt. ...

... Phase 4: Mächtige Institutionen treten auf: IHK lehnt ab, CDU-Mittelstandsunion ist sauer, der Verkehrsverein will einen schöneren Platz, aber er müsse erreichbar sein. Es herrscht der Irrglaube, man komme da nur mit dem Auto hin und nicht auch mit Bus, Rad oder zu Fuß ...

... Phase 5: Das Ende. Ein in #Oldenburg nicht ganz unbekannter Architekt nennt den Vorschlag "unausgegorenen Kram" und stellt in der Lokalzeitung sein Konzept vor, wie der Platz kosmetisch umgestaltet werden kann, so dass die Parkplätze erhalten bleiben.

... Damit ist die Idee abgeräumt. Wo Umdenken erforderlich wäre, konstruktiver Austausch, wird abmoderiert, werden Schreckensszenarien aufgebaut. Und dann bleibt alles, wie es war. Ich frage mich, wie das anders gehen könnte. Am 20.9. werden wir auch darüber sprechen. ...

... PS. Ein Jahr später wollten Grüne und SPD den Schlossplatz den Sommer über temporär von Autos befreien. Auch sie scheiterten damit.

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