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Account der KorrespondentInnen des ARD-Studios Wien/Südosteuropa Hörfunk-, Fernseh-, Online-Berichte aus: AL∙AT∙BA∙BG∙HR∙HU∙ME∙MK∙RO∙RS∙SI∙XK

Apr 16, 2023, 12 tweets

Im Dorf #Ahmići in Zentralbosnien gab es vor genau 30 Jahren das schlimmste Massaker der bosnisch-kroatischen HVO-Streitkräfte an der bosniakischen Zivilbevölkerung …
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Die HVO-Streitkräfte kamen am 16.4. 1993 im Morgengrauen. Sie gingen zu jedem Haus der Bosniaken, erschossen die Bewohner und steckten die Häuser in Brand. Einige Menschen verbrannten bei lebendigem Leibe. Sie töteten 116 Zivilisten, darunter 32 Frauen und 11 Kinder…
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Adnan Zec, an der Stelle, an der damals sein Vater, seine Mutter und seine 11-jährige Schwester durch zwei Gewehrsalven getötet wurden. Er war damals 13, hatte zwei Schusswunden im Bein und stellte sich tot.
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Adnan Zec: „Mein Vater sagte zu den Soldaten: Warum muss das sein? Tötet mich, aber lasst meine Frau und meine Kinder am Leben. Sie haben euch nichts getan. Doch sie hörten nicht. Einer rief dreimal: töte sie, töte sie, töte sie. Diese Worte sind heute noch in meinem Kopf“
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Rund 1000 Menschen aus verschiedenen Ländern kamen heute nach Ahmići, um der Ermordeten zu gedenken
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Zeitgleich auf der kroatischen Seite der Dorfstraße: Kroaten aus der näheren Umgebung veranstalten ihr eigenes Gedenken am Tag des Massakers. Dabei geht es allerdings nicht um die getöteten Bosniaken …
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Unter dem Kreuz steht: „Für die 316 Tage der muslimischen Belagerung von Vitez. 653 Kroaten wurden getötet. Herr, gib ihnen den ewigen Frieden.“ Adnan Zec sagt, er habe nichts dagegen, dass Kroaten ihrer Gefallenen gedenken, nur sei es respektlos in Ahmići an dem Tag.
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Die Präsidentin der bosnisch-kroatischen Föderation BiH, Lidija Bradara (von der kroatischen HDZ-Partei) am Dienstag in Mostar, bei der Feier zur Gründung der HVO. Die HVO kämpfte im Bosnienkrieg gegen die Armee Bosnien-Herzegowinas, für den kroatischen Parastaat Herceg-Bosna.
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Lidija Bradara, auf die Frage, ob bei ihrem HVO-Gedenken auch das von HVO-Einheiten verübte Massaker in Ahmići eine Rolle spielt: „Am selben Tag, als das Massaker in Ahmići passierte, passierte auch das Massaker in Trusina. Leider wurde da gegen niemanden prozessiert.“
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In Trusina gab es eine Schlacht, bei der die Armee Bosnien-Herzegowinas die kroatische Verteidigung durchbrach. Sie tötete 18 Zivilisten und 4 Soldaten, während und nach den Kämpfen. Die Massaker stehen in keinem Zusammenhang. Kritiker werfen Bradara Whataboutismus vor.
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Bradara zeigte sich vor ein paar Jahren, mit der bosnischen HDZ-Führung, mit Dario Kordić (2. v.l. mit Krawatte). Er wurde als politisch Verantwortlicher für das Ahmići-Massaker vor dem UN-Kriegsverbrechertribunal zu 25 Jahren Haft verurteilt und ist seit 2014 wieder frei.
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Weitere Informationen zum Massaker von Ahmići gibt es auf dieser Seite

ahmici.sensecentar.org/index.html

In diesem Buch kann man die erschütternde Geschichte von Adnan Zec nachlesen. Er versteckte sich eine Woche lang am Ort des Grauens, bis ihn UN-Soldaten retteten.
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