Ein Bauernhof, ein Titel und das Ende einer Ära.
Das ist die Geschichte von Werders vielleicht verrücktester Spielzeit.
Herzlich Willkommen in der Saison 2012/13.
Sommer 2012. Es verlassen viele Leistungsträger und langjährige Werderaner den Verein.
Tim Wiese, Claudio Pizarro, Marko Marin, Naldo, Markus Rosenberg gehen.
Sie machen Platz für den Umbau des Teams. Denn: man hat große Pläne.
Klaus Allofs tobt sich auf dem Transfermarkt aus und holt für die Defensive Assani Lukimya, Sokratis und Theo Gebre Selassie.
Vorne sollen Joseph Akpala, Eljero Elia, Nils Petersen und eine Leihgabe namens Kevin de Bruyne eine neue Ära einleiten.
Werder geht schließlich schon in das zweite Jahr ohne internationales Geschäft. Das kann ja nicht der Anspruch der Grün-Weißen sein. Es wird also der Kader ordentlich aufgestockt, um sich wieder für Europa zu qualifizieren.
Der erste Härtetest? Der LIGA-TOTAL CUP in Hamburg.
Werder schlägt Bayern (HF) und Dortmund (Finale). Werder zeigt der Liga: mit dieser Truppe ist dieses Jahr zu rechnen. Ausgelassene Stimmung und Feierei wie bei einem echten Titel.
Zur Einordnung. Werder gewinnt gegen die beiden (!) späteren Champions League Finalisten der Saison
Mit dem Titel im Gepäck sucht Werder einen Trikotsponsor. Favorit: der Geflügelproduzent Wiesenhof. Bei Werder Fans regt sich Widerstand. Manager Allofs: "Ich hatte auch erst ein Bild im Kopf gehabt. Dann war ich in den Ställen und habe jetzt eine andere Meinung dazu." Na denn.
Mit dem Bauernhof auf der Brust gings zum Pokal nach Münster. Bei Temperaturen jenseits der 30 Grad verliert Werder eine wilde Partie 4:2 in der Verlängerung.
Wenn Werder nicht schon nach dem Wiesenhof Deal das Gespött der Nation war, dann spätestens jetzt.
Mit ordentlich was gutzumachen fährt Werder zum Bundesliga-Eröffnungsspiel zum Meister nach Dortmund.
Werder spielt auf Augenhöhe mit und verliert nur knapp mit 2:1. Werders Treffer machte Theo Gebre Selassie in seinem ersten Bundesliga-Spiel für Werder.
In Werders Heimdebüt siegt Grün-Weiß 2:0 im Nordderby (mit Pokalsieger Choreo). Gegen den HSV aus Niedersachsen allerdings klappte es nicht. De Bruynes Debutreffer konnte eine Niederlage nicht verhindern, da Huszti in letter Sekunde per Seitfallzieher den Siegtreffer markierte.
Das erste Drittel der Saison geht ins Land und Werder kommt nicht so in die Pötte wie gewünscht. Schwankende Leistungen sorgen dafür, dass sie nie vorne reinkommen, sondern im Mittelfeld ausharren. Im November dann die ersten Gerüchte, die in Bremen wie eine Bombe einschlagen.
Klaus Allofs, neben Schaaf DER Macher des Werder Erfolgs der letzten Jahre, soll nach Wolfsburg wechseln. Allofs dementiert zunächst, doch am 14.11 ist es offiziell. Allofs geht nach Wolfsburg und verlässt Werder. Ein Managerwechsel mitten in der Saison: das gab's noch nie.
Allofs hat keine Bedenken, Werder sei für die Zukunft gut aufgestellt. In Wahrheit musste Werder jüngst ein Minus von 14 Mio Euro für das abgelaufene Geschäftsjahr vermelden. Nicht für wenige wirkt es so, als nutzt Allofs die letzte Chance des Absprungs zum finanzstarken VfL.
Die Suche nach einem Nachfolger beginnt. Nach Absagen von Dietmar Beiersdorfer und Marc Kosicke stellte Willi Lemke Thomas Eichin als die perfekte Lösung vor. Dienstbeginn für den Eishockey-Manager war nicht etwa die Winterpause, sondern nach Saisonende der DEL im Frühling.
Der Hinrundenauftakt ging 0:5 gegen BVB aus. Viel schlimmer: Werder verliert das Nordderby samt zwei Gelb-Rote Karten. Neben Fritz handelte sich Arnautovic einen kuriosen Platzverweis ein. Schiri Kienhöfer ließ sich von einer Antäuschung Arnautovics Angst einjagen.
Ein 4:1 in Stuttgart am 21. Spieltag (Doppelpack Ekici), sollte der letzte Sieg der Saison (!!!) werden. Anschließend gab es eine Serie von extrem schlechten Auftritten und auch unglücklichen Ergebnissen. Werder taumelt Richtung Abstiegskampf.
Im Training gehen sich Marko Arnautovic und Sokratis an die Gurgel. Buten un binnen bringt einen Play-By-Play-Breakdown der Situation. "Es ist 20 vor 12", sagte Thomas Eichin, der das Saisonziel von Europa zu Klassenerhalt korrigiert.
In dieser heißen Phase wurden Arnativoc und Elia bei nächtlicher Raserei auf der Autobahn erwischt. Die Spieler wurden suspendiert. Noch mehr Unruhe und das vor dem wichtigen Spiel in Leverkusen.
Das Spiel endete 0:1. Die Stimmung allerdings war beeindruckend. Die Werder Fans bleiben lange bis nach Abpfiff um Werder und Schaaf Mut für den Endspurt mitzugeben. Bilder dieser Szenen laufen an diesem Wochenende in allen Sportsendungen und sogar in den „Tagesthemen" der ARD.
In der Woche danach macht Bremen mobil. Im Worum entsteht die Aktion von ALLEzGRÜN. Die ganze Stadt nimmt den Geist von Leverkusen mit und schwört Bedingungslose Unterstützung. Tausende stehen beim Busempfang Spalier. Ein Sieg gelingt wieder nicht. 2:2 in der Nachspielzeit.
ALLEzGRÜN ging weiter. Nächste Woche wieder ein Heimspiel. Es kann schon wieder nicht gewonnen werden aber mit einem 1:1 gegen Frankfurt ist der Klassenerhalt gesichert. Getroffen hat de Bruyne. Mit wenig Übertreibung kann man sagen, dass er Werders Lebensversicherung ist.
In der kommenden Woche wurde das bestätigt, was viele schon vermutet haben. Thomas Schaaf hört auf. 14 Jahre, eine Meisterschaft und zwei Pokal später sitzt Schaaf nicht mehr auf Werders Bank Thomas Eichin wird nicht müde zu betonen, dass die Trennung einvernehmlich war.
Beim letzten Spiel der Saison in Nürnberg sitzt Schaaf nicht mehr auf der Werder-Bank. Sein Platz bleibt frei.
De Bruyne, Sokratis und Arnautovic verlassen kurz darauf Werder. Eichin holt Robin Dutt als neuen Trainer. Der ist auch bald wieder weg. Eichin auch. Wiesenhof bleibt elf Jahre Sponsor. Werder wird bis heute nicht mehr international spielen. Die Fans sind immer noch da.
@schuuulie Urlaubslektüre
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