Das Kita-Grillfest. Nachdem die Erzieherin mich um Mithilfe beim Küchendienst bat, habe ich alle Hebel in Bewegung gesetzt, um Hilfe zu realisieren. Ich bin ja schließlich kein Unmensch. Seit ich seinen Namen auf die Helferliste geschrieben habe, sieht mein Mann das etwas anders.
Während er also am Grilltag einen Ausflug nach Villariba und Villabajo macht, kümmere ich mich im Vorfeld um das Essen fürs Buffet. Auch hierfür gab es eine Liste, auf der die Mütter Seetangsalat, Garnelentartar und eine Motivtorte angekündigten. Ich schrieb: „Familie K. - Senf“.
Ich blicke in den Himmel am Morgen des Grillfests. Fast fünf Monate ohne Regen liegen hinter uns, und heute regnet es junge Hunde, kleine Katzen, Babyelefanten und Belugawalkinder. Genau mein Humor, Petrus.
In der Kita angekommen verabschiedet sich der Mann knurrend in die Küche. Ich verspreche ihm ein Tellerchen japanischen Seetangsalat zu organisieren. Der Mann, der Meeresfrüchte verabscheut, verspricht mir daraufhin die Scheidung.
Auf dem Buffet-Tisch steht eine Motivtorte in der Form eines Grills, vermutlich mundgeblasen, und zwar von der „Evi-Mama“. Auf dem Grill liegen mit Lebensmittelfarbe angesprayte Fondantwürste, die täuschend echt aussehen. Sie besitzen sogar eine Schoko-Acrylamidkruste.
Unter der Torte klebt ein DIY-Handlettering-Etikett, auf dem „VON EVI“ steht. Nehme in einem unbeobachteten Moment einen Kuli und modifiziere die Herstellerangabe durch das Hinzufügen einiger Striche hin zu „VON REWE“.
Die Evi-Mama möchte das Buffet für ihren YouTube Mama-Back-Kanal filmen. Sie verteilt daher an alle Eltern DSGVO-Formulare, die wir unterschreiben sollen. Leider verrät sie nicht den Namen ihres Kanals. Ich tippe auf „Stillen und Stullen“ oder „Attachment Fondanting“.
Der Kita-Leiter beginnt nun eine Rede, doch das Mikrofon ist falsch eingestellt. Es hört sich an, als wäre er in einer unterirdischen, stark hallenden norwegischen Bergtrollhöhle gefangen. Er sagt: „Heute weint der Himmelimmelimmel“. Ich fühle mich eher wie in der Hölleölleölle.
Die Kita-Kinder kommen auf die Bühne und singen „Guter Gott, wir danken dir“. Evi performt zusätzliche eine Choreografie, die auf einen starken Magnesium- und Vitamin B-Mangel hinweist. K2 ist durch Evis zuckende Moves völlig irritiert und singt „Guter Dank, wir gotten dich.“
Ich schleiche mich kurz davon und sehe durch das Küchenfenster, wie der Mann heimlich den Seetangsalat aus opportunistischen Gründen in der Biotonne entsorgt. Gut, bringe ich ihm eben Garnelentartar.
Ich kehre rechtzeitig auf meinen Sitzplatz zurück, als das Lied gerade nach 14 Strophen beendet wird. Evi-Mama schluchzt gerührt größere Wassermassen als die Wolken regnen können. Wolle Petry erklärt nun das Buffet für eröffnetöffnetöffnet.
K1 isst fröhlich Nudelsalat, während K2 schmollend auf einem Brötchen rumkaut. Sie wollte un-be-dingt püriertes Fischstäbchen essen. Habe ihr mehrfach erklärt, dass der Garnelensalat ausschließlich für Papa sei.
Der Mann kommt aus der Küche, seine Schicht ist beendet. Er erzählt, dass die REWE-Torte ungenießbar sei, weil jemand mit Senf „Fuck DSGVO“ auf die Fondantwürstchen geschrieben habe. Ha! Ich wusste doch gleich, dass das mit dem Senf eine gute Idee war.
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In der Kita. Ich will die Kinder abholen, als eine Erzieherin mich fragt, ob ich beim Kita-Grillfest in der Küche helfen könne. Ich schlucke. Kita-Küchendienst ist in etwa so attraktiv wie eine kombinierte Darm- und Magenspiegelung mit ein und demselben Endoskop.
Ich versuche das Dilemma charmant wegzulächeln. Mein geschocktes Gehirn gibt meinem Mund jedoch eher einen „Öffne Mund unkontrolliert und zeige alle Zähne“-Befehl. Mit so einem Gesichtsausdruck kann man normalerweise in ARD-Arztserien die Irre in der Neurologie spielen.