Thread by @MasterMuddi

Lange versprochen, jetzt endlich da: die vermutlich abartigste Geschichte rund um ein #Tiramisu, die ihr jemals lesen werdet. (Thread)
Ich möchte mich vorab dafür entschuldigen. Wirklich. Lest in Worten, denkt nicht in Bildern.

Wir schreiben das Jahr 2013, das grade ausklingt.

Zu Silvester haben wir ein paar Freunde eingeladen, um dieses besondere Jahr zu feiern, denn wir haben uns drei Monate vorher verlobt und die grobe Planung der Hochzeit war in trockenen Tüchern. Was liegt da näher als Alkohol, Raclette und ein besonderer Nachtisch.

Tiramisu suchtete ich "damals" schon viele Jahre. Außerdem mag das doch quasi jeder und mein Tiramisu war stets beliebt. Also fiel die Entscheidung nicht schwer und ich bereitete eine sehr große Portion zu. Die Vorfreude stieg. Das Essen war grandios, nur wie immer viel zu viel!

So blieben einige Reste übrig. Unter anderem - Schande über uns - auch etwas vom Tiramisu. Mein Verlobter versprach, diese für den Neujahrstag kühl zu stellen und ich freut mich schon riesig darauf!
Das alte Jahr war dahin. Mit Sekt und voller Vorfreude wurde das neue begrüßt.

Noch vor dem Frühstück war ich fast den Tränen nah, als ich bemerkte, dass mein Schatz quasi das Wichtigste vergessen hatte: das Tiramisu stand noch neben dem Herd. Nach über 12 Stunden in der sehr warmen Küche erklärte ich es offiziell für nicht mehr genießbar und war traurig.

Auch meine bessere Hälfte war etwas geknickt und versprach, es fachmännisch zu entsorgen. Darauf verließ ich mich und da er es versprochen hatte und schon das in den Kühlschrank räumen so derbe verkackt hatte, stand für mich fest: ich fasse das nicht an.

Nun beginnt der Teil, an dem normale Menschen vermutlich denken, dass mit uns ziemlich viel nicht stimmt (absolut berechtigt).
Es kam, wie es kommen musste: er räumte es nicht weg! 😱
Nach nur einem Tag zerlief es schon sehr in seiner Form. Es war wirklich sehr warm in der Küche.

Es dauerte auch nicht lang, da bildeten sich erste Fäden. Aber ich wollte konsequent bleiben. Er hatte es versprochen! Wie sollte ich die Ehe mit ihm eingehen, wenn er nicht einmal ein so einfaches Versprechen halten könnte? Ich lehnte mich zurück, erklärte es zu seinem Problem.

Als jedoch der Schimmel Anstalten machte, über die Auflaufform, in der ich das Tiramisu liebevoll angerichtet hatte, hinaus wachsen zu wollen, schritt ich zur Tat und rief (in etwa): "Schatz, jetzt mach das verdammte schimmlige Tiramisu hier weg oder ich raste aus!" - "Ja, ja."

Wir wissen alle, was das bedeutet. Aber nicht mit mir. Ich wollte nicht klein beigeben - wie sonst immer - und es doch entsorgen. Nur was tun? Ab zum #dm! Einmalhandschuhe, Desinfektionsmittel und Frischhaltefolie gekauft. Mein Verlobter dachte, er hätte mich klein gekriegt.

Ich hatte aber anderes im Sinn. Also zog ich die Handschuhe an, umwickelte das Ding mit der Folie und besprüht anschließend die Umgebung mit Desinfektionsmittel. Stolz betrachtete ich mein Werk, das ich genau wieder dort platzierte, wo es zuvor stand. Na warte, Freundchen.

Es wurde Februar. Die mit Folie umwickelte Auflaufform war mittlerweile vollständig mit lustigen Fäden gefüllt. Regelmäßig besprühte ich die Umgebung mit Desinfektionsmittel und fragte mich, ob ich den Mann, der mir dieses Ungetüm in unserer Küche angetan hat, wirklich heirate.

Es wurde März. Das Tiramisu hatte bereits mehrfach seine Farbe gewechselt. Freunde begannen sich bei Besuchen zu allererst nach dem Befinden des Tiramisu zu erkundigen. Es gibt sicher viele Menschen, die an diesem Punkt aufgegeben und dieses Desaster beendet hätten.

Und es gibt mich. Eine 23-jährige, die das erste Mal in ihrem Leben konsequent sein wollte, nein musste!

Es wurde April. Es wurden Witze gemacht, ob wir auf der Suche nach neuen Antibiotika sind. Völlige Fassungslosigkeit breitete sich in unserem Freundeskreis aus.

Aber dieses eine Mal würde ich nicht nachgeben!!! Das Tiramisu war längst vollständig verflüssigt. Zu viel Desinfektionsmittel in unserer Küche versprüht. Zu oft darüber gestritten, ob unser Leben so noch einen Sinn ergibt, mit dieser Schande. Nur eins geschah nicht:

Niemand beseitigte das Tiramisu. Mir fällt grade auf: ich hab ganz vergessen zu erwähnen, dass der Kuchenheber zum Servieren ebenfalls die ganze Zeit über in der Form war. Manchmal sichtbar, manchmal nicht. Das war auch stets Thema bei Besuchen.

Es wurde Mai. Ich drohte damit die Hochzeit platzen zu lassen. Mein Verlobter erkannte endlich den Ernst der Lage und verstand, dass ich ihm das Tiramisu noch mit ins Grab legen würde, wenn er es bis zu seinem Tod nicht entsorgt.

Bei einem ganz normalen Einkauf nahm er mich an die Hand, führte mich in die Abteilung der Küchenutensilien und wir suchten eine neue Auflaufform und einen neuen Kuchenheber aus. Zuhause angekommen zog er sich Einmalhandschuhe an, umwickelte das Ungetüm mit mehreren Tüten und...

er entsorgt es endlich nach über vier wirklich langen Monaten!!! Ein neues Leben begann. Ich konnte wieder an unsere gemeinsame Zukunft glauben, wieder bei geschlossenem Fenster in der Küche atmen, wieder ohne Brechreiz kochen.
ICH HATTE GEWONNEN!!!

So ekelhaft es auch war - glaubt mir, das war es - so gut fühlte es sich an. Ich habe mich durchgesetzt, darauf gepocht, dass er sich an sein Versprechen hält, bin hartnäckig geblieben und habe ein einziges Mal in meinem Leben Geduld gehabt (und bin auch öfter mal ausgerastet).

Also im Großen und Ganzen eine wirklich fantastische Vorbereitung aufs Mama werden.
Mit dem Typen bin ich jetzt seit über 10 Jahren zusammen und seit über 5 Jahren glücklich verheiratet.
Mit der neuen Auflaufform bin ich auch glücklicher als mit der alten. 😅

Mir wird heute noch schlecht, wenn ich an das Tiramisu zurück denke. Seitdem hab ich nie wieder welches gemacht. Ein echtes Trauma also!