Thread by @pookerman

Wenig bekannt ist, dass Diskriminierung von PoC auch ein Bestandteil der Farbfotografie bis Mitte der 1970er Jahre war. Vor allem der von vielen Analogfotografen bis heute vermisste Kodachrome ist bzgl. der Exklusion dunkler Hauttöne als rassistischer Film zu bezeichnen. Thread.

Während man heute als Farbreferenz fast nur noch Color Charts mit Farbfeldern verwendet, war in der Analogfotografie vor allem eine Farbreferenz für Hauttöne und besonders für genau zu belichtenden Diafilme relevant: die "Shirley Card", hier die von 1996: media.npr.org/assets/img/201…

Bis Mitte der 1970er Jahre galt jeweils nur eine singuläre Shirley als Referenz für die Normvariante von Hauttönen. Diese Shirley war weiss. Erst danach wurden neue Filme entwickelt, die auch die dunkle Haut von PoC immer besser darstellten. i.ytimg.com/vi/d16LNHIEJzs…

Aber: die neuen Filme wurden NICHT für eine bessere Wiedergabe von dunklen Hauttönen entwickelt, sondern für die Produktkataloge, da zu der Zeit dunkle Hölzer für Möbel und Türen in Mode kamen, außerdem sollten verschiedene Schokoladensorten authentischer wiedergegeben werden.

Jean-Luc Godard weigerte sich noch 1977 bei Dreharbeiten in Mozambique, Filme von Kodak zu verwenden, da sie PoC zu dunkel, Hellhäutige zu hell wiedergaben. Polaroid löste das Problem mit einem "Gesichtsaufheller-Knopf" an der ID-2-Sofortbildkamera, der das Blitzlicht verstärkte.

Unbedingt sehenswert: Dieser Beitrag mit vielen ernüchternden Beispielen:

Und zuletzt hier ein sehr ausführlicher Artikel von Lorna Roth von 2009 #lasttweet cjc-online.ca/index.php/jour…

Nachtrag: Dass Polaroid Sofortbildkamera mit einem "Booster" für die Gesichtsaufhellung versah, war kein Akt des Antirassismus. Vielmehr war Polaroid nur wirtschaftlich in Südafrika engagiert, PoC waren dort eher Teil des Bildinhatls als im Westen. Siehe: zeithistorische-forschungen.de/1-2019/5681

Das Beispiel der dunklen Hölzer und Schokolade zeigt auch, dass die bessere Wiedergabe dunkler Hauttöne kein primäres Ziel der Fotoindustrie war, sondern nur beiläufiger Nebeneffekt. So viel zur ewigen Mär vom gleichmachenden Kapitalismus, der Rassismus nicht gebrauchen könne.