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Nachdem ich feststellen musste, dass mir ad hoc in meinem Feld (Mikro/Immunbiologie) keine Schwarzen Wissenschaftler einfallen, habe ich beschlossen, diese Wissenslücke zu füllen. Es folgt: ein Thread. 1/23 #shutdownSTEM #blacklivesmattervienna
In diesem Kontext muss ich erwähnen, dass bis vor kurzem Tausende Schwarze für medizinische Experimente missbraucht wurden (zB Tuskegee), ein abscheuliches Verbechen, das zu Misstrauen gegenüber Medizinern geführt hat und dessen Nachwirkungen immer noch spürbar sind. (2/23)
1. Wie vermutlich auch bei vielen meiner Kollegen ist die einzige Schwarze Person, deren Beitrag zur Wissenschaft mir schon vorher bekannt war, Henrietta Lacks. Das ist insofern besonders traurig, als das nicht freiwillig passiert ist. (3/23)
Henrietta Lacks war eine Afroamerikanerin, die 1951 mit 31 Jahren an Krebs verstarb. Von einer Biopsie ihres Zervixkarzinoms wurde die erste immortalisierte humane Zelllinie HeLa etabliert - bis heute ein unschätzbar wertvolles Instrument in der biomedizinischen Forschung. (4/23)
Zu Lacks’ Zeit waren Medizinethik und Einverständniserklärungen im medizinischen Bereich weitgehend unbekannt,und weder Henrietta noch ihre Hinterbliebenen wurden für den Nutzen der Zelllinie entschädigt oder auch nur davon informiert. (5/23)
In Rebecca Skloots Buch “The Immortal Life of Henrietta Lacks” kommen auch Henriettas Nachfahren zur Sprache - Leseempfehlung!
(6/23)
2. In den 1720ern, fast 80 Jahre bevor Jenner die erste Pockenimpfung entwickelte, bewahrte ein versklavter Mann in Boston Hunderte vor dem Tod. Sein wahrer Name und Herkunftsland sind leider nicht überliefert, daher ist er heute unter dem Namen “Onesimus” bekannt. (7/23)
Bereits in Afrika oder während seiner Verschleppung nach Amerika unterzog er sich einer Prozedur namens Variolation, wobei aus den Pusteln einer an Pocken erkrankten Person eine kleine Menge in eine Wunde einer gesunden Person übertragen wird. (8/23)
Das Risiko trotzdem zu erkranken war nicht unerheblich, doch weit geringer als bei einer natürlichen Infektion mit Pocken, und bot vor dieser gefürcheten Krankheit Schutz. Er erzählte davon seinem “Besitzer” (gibt es ein gutes Ersatzwort??), der für eine Anwendung in Boston warb.
Wegen des weitverbreiteten rassistisch motivierten Misstrauens gegenüber afrikanischer Medizin stieß die Methode auf Widerstand, doch ein Arzt wandte sie 1721 während einer Epidemien in Boston erfolgreich an. Später wurde Benjamin Franklin zu einem Verfechter der Methode (10/23)
3. Dr. William Augustus Hinton (1883-1959) war als Sohn vormals versklaver Eltern in seiner Karriere zahlreichen Hürden und Diskriminierung ausgesetzt, schaffte es aber trotz allem, sich eine Karriere in der Wissenschaft aufzubauen. (11/23)
Als Assistent in der Pathologie im Massachusetts General Hospital in Boston wurde er zum Experten für Syphilis, damals schwer diagnostizierbar und mit schwerwiegenden Folgen im Spätstadium der Krankheit. (12/23)
Hinton entwickelte einen einfachen und zuverlässigen Test, der eine frühe Diagnose und Behandlung ermöglichte. 1936 veröffentlichte er das erste medizinische Fachbuch eines Afroamerikaners. (13/23)
Obwohl er über 30 Jahre an der Harvard University Vorlesungen über Bakteriologie und Immunologie hielt, wurde ihm erst 1949, direkt vor seiner Pensionierung, eine Professur verliehen - die erste der Harvard University an einen Schwarzen Mann. (14/23)
4. Dr. Almyra Oveta Fuller (geb 1955) ist Mikro- und Immunbiologin und als Associate Professor an der University of Michigan tätig; außerdem ist sie dort Direktorin des African Studies Center. (15/23)
Der Fokus ihrer Forschung liegt auf der Interaktion zwichen Viren und Zellen bei einer Infektion, insbesondere bei Herpesviren. In Kollaboration mit Forschern aus anderen Disziplinen arbeitet sie auch an Detektionsmethoden, etwa für schnell mutierende Influenzaviren. (16/23)
Darüber hinaus engagiert Fuller sich in religiösen Gemeinschaften in Afrika gegen HIV: Durch Aufklärung und Information religiöser Führer können diese das Wissen an ihre Gemeinden weitergeben, Vorurteile und Falschinformationen beseitigen und zur Eindämmung des Virus beitragen.
5. Dr. Faith Osier (geb 1972) ist eine kenianische Immunologin und Kinderärztin. Sie arbeitet in Kenia und Deutschland an einer Imfpung gegen Malaria und ist an zahlreichen globalen Kollaborationen in diesem Feld beteiligt. Ihre Vision: Eine Welt ohne Malaria. (18/23)
Bis 2022 ist sie Präsidentin der International Union of Immunological Societies, die zweite Frau und erste Afrikanerin in dieser Rolle. Eines ihrer Projekte ist die Ausbildung von 1000 afrikanischen PhDs in Immunologie innerhalb von 10 Jahren. (19/23)
Der Kontinent ist in der Disziplin unterrepräsentiert, doch gerade dort wird Expertise gebraucht. Darüber hinaus gibt es weit mehr Bewerber als Stellen für PhD-Studenten in afrikanischen Ländern. Viele Talks und Interviews von ihr sind online und absolut empfehlenswert! (20/23)
Wer einen Bias in Richtung amerikanischer Personen bemerkt hat, hat leider Recht. Dank Initiativen wie dem Black History Month gibt es in den USA Ressourcen, die es einfacher machen, Informationen über bedeutende Menschen Schwarzer Hautfarbe zu finden. (21/23)
Für Europa und auch Afrika ist es viel schwieriger. Ich bin überzeugt dass es ähnliche Geschichten auch hier gibt, doch habe ich keine gefunden. Man könnte fast meinen Europa sollte auch mehr tun um den gesellschaftlichen Beitrag Schwarzer Persönlichkeiten herauszustreichen.
Für Hinweise auf weitere Personen bin ich dankbar! Ich hoffe keine Fehler gemacht zu haben und entschuldige mich im Voraus falls doch.

Vielleicht fühlt sich ja die eine oder der andere auch inspiriert, nach Leuten in ihrem eigenen Feld zu suchen - ich würde es sehr gerne lesen!
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