Thread by @nikithebIogger

1/
Ein sehr langer Thread.

Ich habe in den 1,5 Wochen hier bei Niklas Lotz schon einiges gelesen was mich richtig stinkig macht, weil es einfach unwahr ist. Dieser Tweet auf dem Foto ist so ein Fall und er stößt mir nicht nur sauer auf weil es falsch ist, sondern

2/ weil hier ganz bewusst arm gegen arm ausgespielt wird.
Deswegen gibt es jetzt mal nichts Witziges, sondern ein bisschen Aufklärung (mit sehr vielen Zahlen).

2016 gab es rund 722.370 Asylanträge,
2018 nur noch 161.931.
Generell ist die Zahl der Asylanträge seit 2017 wieder

3/ rückläufig, was sich auch auf die Haushaltsplanung ausgewirkt hat.
Im Koalitionsvertrag wurde sich geeinigt, dass der Bund die Länder und Kommunen in dieser Legislaturperiode mit maximal 8 Mrd. Euro bei den Flüchtlingskosten unterstützt. Im März 2019, also vor knapp

4/ anderthalb Jahren, waren davon schon 4,2 Mrd. ausgegeben, für 2020 sah Finanzminister Scholz 1,8 Mrd. und für 2021 1,9 Mrd. vor.
Insgesamt bestand der GEPLANTE Bundeshaushalt 2020 aus 362 Mrd. Euro, der Zuschuss des Bundes für die Integration von Flüchtlingen läge demnach

5/ bei 0,497%, aufgerundet 0,5%.

NULLKOMMAFÜNF, das sind 0,50€ von 100€ - wenn man von dem ursprünglichen Haushaltsplan ausgeht, hier ist nicht berücksichtigt, dass durch den ersten und zweiten Nachtragshaushalt im Zuge der Corona-Pandemie der Bundeshaushalt mittlerweile

6/ Ausgaben von 508,52 Mrd. € vorsieht, da wären wir dann nämlich nur noch bei läppischen 0,354%.
Für Arbeit und Soziales, was die Renten einschließt, steht der Bundeshaushalt aktuell bei 170,68 Mrd., der Rentenanteil beträgt hier 109,9 Mrd., was einem Anteil von 21,61%

7/ entspricht.

Man muss nun kein Mathe-Genie sein, um zu sehen, dass dieser Tweet damit völlig an der Realität vorbeischießt. Sich über das Rentensystem aufzuregen ist richtig und wichtig und ich kann die Frustration darüber absolut nachvollziehen, was ich aber nicht

8/ nachvollziehen kann ist die Frustration darüber, dass auch anderen Menschen geholfen wird, die stellenweise noch ein wenig beschissener dran sind als man selbst. Hier wird sich wieder eines typischen Narrativs bedient, dass man in seinen Tweets und auch denen anderer

9/ Neurechten oft findet: für Geflüchtete ist Geld da, aber für Deutsche/Obdachlose/Rentner/Kinder/Schulen etc. nicht, der Staat gibt seine Steuergelder „permanent an illegale Ausländer“ ab. Problematisch ist auch die Formulierung „der Deutsche“, vor allem vor dem Hintergrund,

10/ dass man bei der Analyse seiner Tweets schnell rauslesen kann, was für ihn „Deutscher“ bedeutet - BPoC und Migranten, die seit mehreren Generationen hier leben, gehören für ihn nicht dazu, obwohl es ebenfalls Deutsche sind, die hart arbeiten und Solzialversicherungsbeiträge

11/ zahlen.

Abschließend kann man sagen, dass sich diese manipulative Ausdrucksweise, oft auch gepaart mit Suggestivfragen, wie ein roter Faden durch seine Tweets zieht. Niklas Lotz diskutiert nicht, er nennt keine Quellen, er nimmt niemals Kritik an, geschweige denn dass er

12/ darauf antwortet, und er lässt ganz bewusst getroffene (Falsch-)Aussagen so stehen, selbst wenn sich die Faktenlage nachweislich ändert. Dass er das, was er macht, trotzdem als „journalistische Arbeit“ bezeichnet, ist ein Schlag ins Gesicht für herausragende Journalist*innen,

13/ , aber dem widme ich mich ein andern Mal etwas intensiver.

Quellen:
@nikitheblogger
bundesfinanzministerium.de
bundeshaushalt.de