Thread by @YannikKropp

Ich habe als Student (1. Welle - 7. Semester) während der bisherigen Wellen auf einer der Covid-Intensivstationen „meiner“ Uniklinik gearbeitet. Ein Thread über Erfahrungen und was mich an der aktuellen Diskussion stört. (1/)

https://twitter.com/muenchenklinik/status/1459189244258398214

Wir waren unterschiedlich besetzt, meist 2 Studis pro Schicht. Die Intensivstation versorgte während meiner Zeit bis zu 18 Covid-Patient:innen. Wir haben Perfusoren aufgezogen, beim Waschen und Lagern geholfen und Botengänge erledigt. (2/)

Diese Dinge fallen im Regelbetrieb außerhalb einer Pandemie natürlich genauso an. Aber durch die Hygienemaßnahmen — v.a. An- und Ausziehen der PSA - geht viel Zeit verloren und man kann als PFK nicht mal eben kurz wieder aus dem Zimmer noch einen Urineimer holen. (3/)

Ein Student kann niemals (!) Ärzt:innen oder PFK ersetzen. Aber darum ging es auch gar nicht. Ich weiß, dass bei "Vorbereiten der Perfusoren" einige die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen haben, daher greife ich das Beispiel auf. (4/)

Kann ich auch verstehen, die Medikamente und deren richtige Vorbereitung sind entscheidender Teil der Intensivversorgung und bieten immer Fehlerpotential (falscher Aufkleber, falsche Dosierung,…). (5/)

Eine kurze Einarbeitung reicht dafür natürlich nicht. Wir hatten auf Station vorbereitete Listen, wie Standard-Dosierungen aufgezogen werden und welche Trägerlösung zu verwenden ist. Beim Bsp. Perfusoren musste ich v.a. anfangs nachfragen und habe mich immer rückversichert. (6/)

Dabei ist imho besonders ein gutes Klima wichtig, dass man sich auch traut, ein drittes Mal nachzufragen, wie man Tazobac oder Amiodaron im Perfusor aufzieht, wenn man es vergessen hat. Das hat bei uns immer wunderbar funktioniert. #CRM (7/)

Wir brauchen nicht darüber zu diskutieren, dass das Gesundheitssystem maßlos überlastet ist und Personalmangel Menschen tötet. Medizinstudis können den Personalmangel nicht beheben. (8/)

Mich stört an der aktuellen Diskussion, dass ich häufig lese, wir könnten gar nicht helfen. Wir hätten auf Intensivstationen nichts verloren. Das hat mich zugegebenermaßen traurig gemacht, weil ich es anders erlebt habe. (9/)

Ich habe sehr gerne dort gearbeitet, auch wenn die Arbeit für uns genauso die Hölle war wie für alle anderen im Team. Aber das Team stand zusammen. (10/)

Ich habe im Laufe meiner medizinischen Ausbildung und Arbeit in noch keinem anderen Job so viel Wertschätzung erfahren wie in meiner Zeit auf Covid-Intensiv. Die PFK und Ärzt:innen waren sehr froh, dass wir da waren. Wir haben genauso die 8+ Stunden durchgearbeitet. (11/)

Ich habe nicht die Ausbildung und Erfahrung einer Intensivpflegekraft. Ich kann sie nicht ersetzen. Aber zu unterstellen, ich könnte nicht helfen, diskreditiert imho unsere Arbeit der letzten zwei Jahre. (12/)

Ich kann natürlich nicht für alle sprechen, aber auf unserer Intensiv konnten wir sehr gut unterstützen. Gerade die PFK waren für die Unterstützung sehr, sehr dankbar. (13/)

Die Situation jetzt ist natürlich anders. Die Stellenanzeige der München Klinik mit dem Vibe „Studis an die Front“ ist sicherlich auf vielerlei Ebenen nicht richtig. Wir sind nicht mehr in einer unerwarteten Situation wie am Anfang der Pandemie. (14/)

Die jetzigen Entwicklungen waren allesamt vorhersehbar. Der Personal- (v.a. Pflege)mangel ist lange bekannt. Lasst uns gerne darüber diskutieren und gemeinsam für bessere Arbeitsbedingungen einstehen. (15/15)

Ich füge noch ein kurzes Video ein, in dem die Klinik über unsere Arbeit berichtet hat zum Zeitpunkt der 1. Welle. Danke @AverbeckHeiner fürs Erinnern! ;)