Heute geht's um Mobbing an der Waldorfschule. Dieser Thread bekommt eine wichtige CN: content ist sehr problematisch und potentiell triggernd für Mobbing Opfer.
Wer mich noch nicht kennt, kann meine bisherigen WS Threads hier lesen:
Dieser thread hat eine etwas Form, weil ich die Geschichte für ein Seminar in der Lehrer*innen Bildung bereits aufgeschrieben hatte. Außerdem ist er ein Fall für #anthrometoo#mobbing an der #waldorfschule
Ein thread 🧵
1/ Ich ging nicht so besonders gerne in die Schule. Mit den Jungs aus der Klasse kam ich zwar gut klar, aber mit den anderen Mädchen überhaupt nicht.
Alle kümmerten sich nur um Markenklamotten und teure Sachen und so.
2/ Ich kam zwar jeden Tag ordentlich angezogen in die Schule, aber daß wir kein Geld hatten wussten alle.Die Waldorfschule in meiner Stadt hatte Anfang der Achtziger Jahre einen guten Ruf als Schule für die reiche Elite.
3/ In die 5b gingen die Kinder reicher Eltern, Kinder Ärzten, erfolgreichen Künstlern und eine reiche Erbin. Und ich. 11 Jahre alt, Second-Hand Klamotten, ausgeborgte Bücher. Die Schule wollte sich einen sozialen Anstrich verpassen und Kinder ohne Schulgeld aufnehmen.
4/Den Jungs war das egal. Die mochten mich weil ich mit ihnen auf dem Schulhof raufte oder verstecken spielte. Bei den Mädchen war das ganz anders. Wer nicht die aktuellsten Klamotten hatte gehörte einfach nicht dazu.
5/ Eines Tages rief die Lehrerin alle Mädchen zusammen. Sie sollten alle mit ihr in das Klassenzimmer kommen, ohne die Buben.
Alle waren gespannt was passieren würde. Ich auch! Die Lehrerin war meistens ganz nett.
Es begann ganz harmlos mit einem Sitzkreis am Boden.
6/ Aber als Nächstes fragte die Lehrerin, ob ihr die Schülerinnen sagen können, wer aus dieser Gruppe immer durch das Netz der Klassengemeinschaft rutscht. Mein Herz ist mir in die Hose gerutscht, denn mir war ganz klar, daß es um mich gehen würde. Und so war es auch.
7/ “Warum mögt ihr sie denn nicht?” fragte die Lehrerin in die Runde.
“Sie ist doof!” “Sie stinkt!” “Sie ist zu fett!” “Sie passt einfach nicht zu uns!” “Was sie immerfür peinliche Sachen an hat!” “Ich wette, die war noch nie beim Frisör!” “Sie hat einfach kein Niveau!”
8/ “Schau wie sie heult, die Kuh!” Jedes Mädchen in der Runde kam zum Zug. Jede Bemerkung war wie ein Schlag ins Gesicht. Uns so ging es weiter, eine ganze Stunde lang. Die Lehrerin fragte weiter “Und warum noch?”
“Ich hab mal gesehen wie sie sich gekratzt hat!”
9/ “Wäh, die hat bestimmt Läuse” “Haben die Prolls doch alle”
Am Ende konnte ich nicht mehr hinhören. Ich saß weinend auf dem Boden und versteckte mein Gesicht in den Händen. Hatte denn keine Mitleid mit mir? Die Lehrerin schaute ungerührt zu.
10/ “Sie schaut so komisch, wenn ich aus dem Auto steige!” “Ihre Schuhe sind voll Öko!” “Sie zeichnet immer auf ihre Heftseiten”. Da wurde es endlich einem anderen Mädchen zu viel. “Das mache ich doch auch! Ihr seid echt gemein!”
11/ Glücklicherweise läutete bald die Schulglocke und ich konnte entkommen.
Meiner Mama habe ich die Geschichte lange nicht erzählt.
12/ Obwohl sich das Erlebnis tief in mein Gehirn eingebrannt hatte, war ich mir nach einiger Zeit nicht mehr wirklich sicher, ob das so stattgefunden hatte. Dreißig Jahre später traf ich zufällig ehemalige Klassenkameradin und wir kamen auf das Thema zu sprechen.
13/ Auch bei dieser hatte sich das Erlebnis tief eingeprägt und sie entschuldigte sich.
Und ich hatte die Bestätigung, daß das Erlebnis nicht nur ein böser Traum war.
14/ So, und wer es tatsächlich bis zum Ende geschafft hat: ja, mir ist klar daß das eine Gewalterfahrung war. Nein, ich bin heute nicht mehr davon traumatisiert, mir geht es gut.
15/ Ich freue mich über Kommentare und Retweets, diesen Thread möchte ich nämlich wirklich gerne möglichst weit verbreiten. Ich möchte verhindern, daß andere diese Erfahrung machen müssen und ich weiß, das ich nicht die einzige bin, die sie gemacht hat.
16/ Und ich weiß inzwischen auch, warum: die "Klassengemeinschaft" ist für Lehrer an der Waldorfschule weit, weit wichtiger als das Wohl eines einzelnen Kindes.
Heute geht es um das Frauenbild an den Waldorfschulen.
Diesmal wird es sehr, sehr schwurbelig und reichlich mysogyn, soviel vielleicht als Warnung. Ein Thread 🧵
Wer mich noch nicht kennt, ich schreibe immer wieder Threads zum Thema Waldorfschule, hier hab ich alle gesammelt:
Um den Umgang der Anthroposophen mit dem Thema Mann und Frau zu verstehen, müssen wir uns tatsächlich ein bisschen mit Steiners "Weisheiten" beschäftigen. (Achtung, MASSIVER Schwurbelalarm)
Krankheit als Chance
Es wird in letzter Zeit viel mit der Einstellung "nutzt's nix, schad's nix" über #Homöopathie geredet.
Mir ist es sehr wichtig, daß alle wissen, welchen echten Schaden esoterische "Heilmethoden" anrichten.
Ein 🧵
Wer mich noch nicht kennt und Lust hat, kann hier die bisherigen Threads lesen:
Kreative Waldorfschule?
Eines der Hauptargumente der Waldorfbeführworter*innen ist es, daß Kinder in dieser Schulform ihre Kreativität voll ausleben können. Aber ist das auch wahr?
Ein Thread 🧵über Kunst an der #waldorfschule
Für alle neu dazugekommenen Leser*innen: Hier könnt ihr meine bisherigen Threads nachlesen
1/ Der erste Eindruck bei Waldies ist schon ein sehr kreativer. Seidenpapierbilder an den Fenstern, viele Bilder die von Kindern gemalt würden, Natur. Die Ästhetik ist eine ganz eigene, Regenbogen, keine rechten Winkel, Naturfarben, Farbverläufe. Alles mutet sehr märchenhaft an.
1/ Meine Mama schickte mich auf die WS, weil sie sich "ganzheitliches Lernen" davon versprochen hat. Sie hat mich nach der Scheidung als "kaputtes Kind" gesehen (ihre Aussage, März 2022) und sollte in Kindergarten und Schule "ganzheitlich" wahrgenommen und beschult werden
2/ Ich finde diese Aussage an sich problematisch, denn Kinder sind nicht "kaputt" und müssen auch nicht "repariert" werden, möchte aber nochmal klarstellen, daß ich meiner Mutter keinerlei Vorwürfe mache.
Ich war in den 80ern in der Waldorfschule. Gut war das nicht. Dieser Teil beschäftigt sich nur mit der Schule - zu verschiedenen Themen wird es eigene Threads geben.
Ein (langer) Thread 🧵
1/ Meine Mutter behauptet heute, sie hätte mich zu Waldorfs gegeben, weil ich nach der Scheidung so ein "kaputtes Kind" war, und sie mich dort ganzheitlich wahrnehmen könnten. Ich bin sicher, sie glaubt es wirklich - allerdings geht sich das zeitlich nicht aus.
2/ Ich kam 1980 in den Waldorfkindergarten, 1981 kam noch mein kleiner Bruder zur Welt und die Trennung fand erst 1982 statt.
Meine Kindergarten Zeit war wunderschön, meine Pädagogin die liebste Kindergärtnerin ever. Ich hatte bis vor ein paar Jahren sporadischen Kontakt zu ihr.