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Apr 9 62 tweets 12 min read
bei der #Diagonale ist #FCGloria zu Gast - erstes panel zum Thema #FemaleGaze klingt schon sehr spannend: Djamila Grandits im Gespräch mit den Regisseurinnen Marie Kreutzer, Spielfilm,
und Isa Willinger, Dokumentarfilm.
mehr info hier fc-gloria.at dicht besetzter raum mit vielen stühlen, hinten ein jugends
marie kreutzer erzählt über ihren film CORSAGE über die kaiserin elisabeth, eigentlich war der film die idee der hauptdarstellerin vicky krieps, ein film über die ältere kaiserin, aus zeitgenössischer perspektive. (hoffe sehr, den film in cannes zu sehen!)
"was mich interessiert hat, war, dass sie auf ein bild reduziert hat - und sie die einzige ist, die macht über das bild hat, aber irgendwann nicht mehr" - es geht in dem film um die kaiserin rund den 40. geburtstag, die historischen ereignisse quasi paraphrasiert (sag ich jetzt)
isa willinger redet darüber dass ihr die ukrainische regisseurin kira muratova vor jahren in einem interview erzählt hat, dass sie festgestellt hat, dass frauen die härteren, unerbittlicheren filme machen (das buch ist das hier shop.falter.at/detail/9783744…)
willinger hat jetzt ein filmprojekt zum thema, ob das so stimmt, unter anderem über rape-revenge aus weiblicher sicht (ein filmsujet, das vielfach von männlichen regisseuren aufgegriffen wird, aber oft sehr viel spannender von frauen) - noch hat sie nicht zu drehen begonnen
wird ein essayistischer film mit interviews filmausschnitten und eine "explorative ebene, wo die kamera sehr suchend vorgeht" - noch schwer darüber zu reden weil konzeptphase.

[werd nicht schaffen so weiterzumachen, aber dieses & das nexte panel kommen zum nachhören, link folgt]
marie kreutzer über CORSAGE - "alle biografien (über Sisi) sind nur meinungen" - unterschiedlich in jedem jahrzehnt, etwa vorwürfe wie sie mit den kindern umgeht
"für mich das wichtigste bei jedem film, nicht frauen zu zeigen die heldinnen od großartig sind, sd widersprüchlich."
"auch meiner filmfigur wurde vorgeworfen, nicht sympathisch genug zu sein, noch im schnittprozess"

erzählt wie arg es für vicky krieps war, eingeschnürt zu drehen, 8cm taille weg, kaum luft, schmerzen - "was tu ich meiner hauptdarstellerin da an" - wichtig, einschränkung zeigen
dass der film CORSAGE heißt ist bedeutend, es geht nicht nur um das physische korsett sondern auch das höfische, um das erfüllen von bildern und erwartungen, tw auch rein visuell. im film ist das korsett als "folterinstrument, als gerät" zu sehen, nicht nur schön, sagt kreutzer
"vicky hat durch das korsett eine völlig andere körperhaltung gehabt, sogar die stimme war anders." die kleider hätten ihr ohne korsett nicht gepasst, es gab also kein zurück sobald die kleider an ihre figur mit korsett angepasst waren.
willinger erläutert herkunft des begriffs male/female gaze (laura mulveys berühmter text "visual pleasure and narrative cinema", zb hier amherst.edu/system/files/m…) - dass weibliche figuren tendenziell passiv, in beziehung zu männern gezeigt werden, im ggs zu männl figuren
sie erzählt wie wichtig für sie jane campions Das Piano war, das mit diesem schema komplett bricht, auf einmal ist die frau die, deren wollen und handeln und deren blick den film bestimmt. cc @JuliaPuehringer wish you were here
moment moment moderatorin djamila grandits bezieht sich auf einen artikel (von?) céline sciamma, in dem es um eine "neue feministische grammatik des filmschaffens" gibt, ich find den grad auf die schnelle nicht, ich will den lesennnnnn
glaube das hier wars newyorker.com/magazine/2022/…
marie kreutzer erzählt von der erfahrung, bei einem fernsehprojekt als einzige frau einer männergang sich immer inadäquat zu fühlen, und erst 10 jahre später verstanden zu haben dass sie gar keine chance hatte weil sie eben kein mann war.
und wie groß das problem war, keine vorbilder zu haben, zwar ein paar ältere kolleginnen wie barbara albert und mirjam unger, aber keine lehrenden an der filmakademie.
"ich bin jetzt auch viel zorniger als früher, und offen gestanden ich bin auch viel pessimistischer als früher"
elisabeth scharang erzählt aus dem publikum in bezug auf den sciamma-text, dass sie sich bei sexszenen im film immer fragt, wie sie funktionieren, und hat sich auch selbst hinterfragt ob die sexszene in dem film, den sie gerade schneidet, beide agierenden gleichberechtigt zeigt
"ich hab in meinem eigenen aufwachsen so viele sexszenen gesehen, die mich letztlich beschädigt haben in dem, das war schwer zu überwinden" sagt scharang, und fragt kreutzer wie sie damit umgeht
kreutzer sagt, niemand dreht gern sexszenen, weder davor noch hinter der kamera. sie hatte eine lesbische sexszene in ihrem vorigen film ("der boden unter den füßen") und hat, mangels eigener erfahrung, eine kollegin gebeten dazuzukommen und zu helfen
in CORSAGE gibt es einen sexszene "die keine ist, weil sie anders ist, als man erwartet", und in der die kaiserin die decke von sich wirft und darunter nackt ist - "sie tut das selbst und aktiv, das ist sehr wichtig"
scharang fragt, wie willinger und kreutzer damit umgehen dass man als regisseurin ja einen film machen möchte, der gefällt und sein publikum findet - willinger "ich suche ein anderen 'gefallen', eines, das eher interessant ist und irritiert"
willinger empfiehlt dazu jane campions film SWEETIE, mit einer "obszönen hauptfigur, eine der ganz wenigen, die das kino kennt, damals sehr umstritten und als dirty und disgusting kritisiert" aber der film "spricht auf ganz besondere art zu einem, ganz ungewohnt"
kreutzer "ich glaube unser problem ist nicht das publikum sondern davor. ich mache mir keine gedanken, ob der film allen gefällt, sonst kann ich den film nicht machen, aber muss mich dauernd mit leuten befassen die sagen 'das kannst du nciht machen, das schaut sich niemand an'"
bei finanzierung und am ende bei postproduktion und vermarktung muss sie sich aber ununterbrochen rechtfertigen, dass dieses oder jenes "einer splittergruppe des publikums womöglich nicht gefallen könnte" - aber kreutzer vertraut dem publikum (und notiert sich den titel SWEETIE)
frage aus dem publikum, ob es in ö angekommen ist dass nichtjuden juden spielen dürfe, oder nichtlesbische regisseurinnen lesbische szenen inszenieren - kreutzer (paraphrasiert): "ich werde viel öfter gefragt ob das ein problem ist, als dass es tatsächlich eines ist"
willinger: "finde tabus immer problematisch, aber man muss das immer kontextabhängig sehen, manche dinge sind einfach geschmacklos, die muss man natürlich vermeiden und diskutieren"
damit is das panel zuende, nächstes:

"QUOTE FILM INTERNATIONAL
Diversität als Geschäft. Aktuelle Positionen aus der filmpolitischen Praxis.
Scharang diskutiert mit Salma Abdalla, Weltvertrieb Autlook, Marie Noel, Autorin/ Schauspielerin
und dem Filmproduzenten Frank Buchs
scharang: "darf jeder und jede alles spielen?" abdalla: "ich finde, das kann man erst diskutieren wenn das alles passiert ist. da ist aber österreich eh 10 schritte hinten. tatsache ist ja dass es der job von schauspieler*innen, andere menschen darzustellen"
frank buchs: "ich habe das international nicht mitbekommen, dass das passiert. das ist kein thema." scharang: "das ist aber doch eine internationale debatte, in österreich eh nicht"
marie noel: "bei jane campion war das ja kürzlich eine debatte bei den oscars ... das wird jetzt in mancherlei hinsicht übertrieben, aber unterm strich bringt das die debatte weiter." sie erzählt von einem fall sundance... dieser fall hier indiewire.com/2022/02/sundan…
zwischenbemerkung aus dem publikum mit hinweis auf die outing-kampagne #actout mdr.de/brisant/promi-…
ist komplizierte sache, noel: "wenn wir schon einmal eine geschicte über eine transperson sehen, eh so selten, warum muss das dann eine cisperson spielen?" scharang: "ist das nicht umgekehrt total einschränkend?" uaaah es reden menschen aneinander vorbei, ich will grad weglaufen
comment aus dem publikum: um die kenntnis von lebensrealitäten bei übersetzung von texten, und dass etwas ähnliches für schauspiel gilt, dass es auch darum geht, menschen zu suchen, die vielleicht lebensrealitäten besser kennen und repräsentieren können, also eine erweiterung.
scharang bittet birgit moldaschl vom ÖFI dazu, um über das britische datenerhebungsprojekt DIAMOND zu sprechen, das den status quo in der film/tvbranche in bezug auf diversität untersucht, im vergleich mit statistischen daten über die bevölkerung
siehe creativediversitynetwork.com/diamond/
[disclaimer, ich hab bei der vorstellung nicht hingeschaut und daher die zitate von marie noel und salma abdalla bisher falsch zugeordnet SORRY, gilt für den bisherigen thread, ab jetzt richtig]
salma abdalla auf die frage, welche auswirkung die bisher existierenden quotenregelungen haben: "am schnellsten haben das bisher die internationalen streamingplattformen umgesetzt. warum? das ist die frage. offenbar gibt es also ein publikum, das das auch will."
"streamer haben den vorteil, dass sie mit viel geld dinge schnell umsetzen können. im arthousebereich ist man da im vergleich sehr behäbig, zum einen weil weniger geld, zum anderen weil dieselben männer ihren platz an den fördertöpfen nicht freigeben" (abdalla, paraphrasiert)
frank buchs "wenn ich das thema mit meinen kindern bespreche, lachen die, weil das schon so selbstverständlich sein soll. es gibt in vielen gewerken wie kamera noch nachholbedarf, und ausreißer wie etwa "werk ohne autor", wo man sich fragt, wie geht das heute noch ohne frauen"
scharang erinnert daran wie jetzt angesichts ukraine-krieg geschlechterrollen sehr schnell wieder sehr konservativ interpretiert werden, buchs "aber wir sind auf einem guten weg"
ich frag mich grad in welcher filmbranche der arbeitet? hust
marie noel "ich habe den eindruck das ist aus einer privilegierten perspektive gesehen ist. meine erfahrung ist, dass etwa Schwarze/POC autor*innen sehr oft sehr kurz vor drehstart engagiert werden als diversity consultant, was stress verursacht und wenig bringt"
abdalla "ich will nicht die streamer propagieren, aber die zeigen derzeit den meisten progressiven content. in fernsehanstalten gibt es in vielen ländern, wo LGBTQ-themen nicht erwünscht sind, starke zensurtendenzen, von ungarn über polen, lateinamerika auch"
abdalla "problem, dass auch kritiker immer noch meistens weiß und männlich sind, das hemmt besonders im arthouse-bereich die entwicklung."
scharang erklärt kurz, wie die quote beim ÖFI funktioniert. aus dem publikum kommen besorgte fragen, ob das nicht missbraucht werden kann, dass zb männlichen autoren unter weiblichem pseudonym schreiben. gibt aber widerspruch, österreichische filmbranche zu klein für sowas
djamila grandits benennt diese diskussion ("wer darf was spielen") als ablenkungsmanöver, es soll nicht darum gehen über quoten mehr geld zu kriegen, sondern darum, mehr durchlässigkeit zu schaffen. weder dieses panel noch dieses publikum oder die filmbranche sind repräsentativ
bitte djamila grandits ist die größte, "es geht nicht darum, projekte ein bisschen mehr colorful zu machen, sondern mehr welt vorkommen zu lassen", sie ist so klug und ich bin nicht schnell genug sorry
buchs findet, dass alles in bewegung ist, "niemand will mehr diversität aus opfersicht sehen". marie noel "wenn ein projekt gepitcht wird, wo das hauptcast Schwarz ist, kommen immer sehr viele bedenken, 'wir können doch keine Schwarzen zeigen die so gut deutsch sprechen'" waaah
hier was über marie noels schreibkollektiv MELANIN SCRIPTS, das geschichten von Schwarzen protagonistinnen entwickelt etc-magazin.com/2021/10/09/die…
scharang: "wenn ich jetzt daran denke, dass vor kurzem 80 jahre haneke gefeiert wurde. wenn wir über die ö filmlandschaft nachdenken, kommen in den köpfen s all diese themen kaum vor. marie, wo ist da dein platz, als frau die hier arbeitet und lebt?"
marie noel: "mein platz ist genau hier, wo ich sitze. ich sitze mit am tisch, und wenn ich mir selber den sessel holen muss. ich hab mir das zur aufgabe gemacht"
aus dem publikum "ja, wir wünschen uns dass das nicht mehr thema sein wird alles, aber wir sind doch alle rassisten und sexisten, wir müssen uns dessen bewusst sein" uffa auch eher bequeme position, der applaus zur selbsterklärung war auch recht mager
aus dem publikum meldet sich regisseurin barbara eder "aus meiner erfahrung mit streamern muss ich sagen, österreich ist, was das alles betrifft, ein totales hinterland." beklagt aber das in den technischen gewerken wenige frauen verfügbar sind. es gibt da allerdings widerrede
eder arbeitet an dieser produktion, erzählt aus ihrer erfahrung vom drehen in rom der.orf.at/unternehmen/ak…
frage aus dem publikum nach konkreten ratschlägen, marie noel: "das beste instrument ist momentan die quote. und: feminismus muss immer intersektional sein"
nora friedel (von fc gloria): "quote allein ist ein gutes instrument, reicht aber nciht. wünsche mir einen kriterienkatalog mit mindeststandards, die von einreichungen erfüllt werden sollen" - und eine verbesserung von arbeitsbedingungen, unconscious bias-trainings
"wie wir heute ja auch schon öfter gehört haben: der markt will das auch, der markt will diese geschichten, und es braucht da eine selbstverantwortung der branche, sich zu interessieren und zu sagen, 'wir wollen das'" (nora friedel)
scharang: "der gedanke der quote ist einfach, schlechte gewohnheiten aufzubrechen"
buchs, besorgt: "aber was wenn ein projekt das nicht erfüllt?"
scharang: "aber die quote ist ja 50/50, es können ja eh weiter männer mit männern drehen in dieser hälfte des männertopfes"
frage aus dem publikum "warum nicht alles anonym einreichen"
marie kreutzer "beim drehbuch denkbar, aber in der projektentwicklung schwierig weil es geht ja darum was die leute an erfahrung mitbringen, das funktioniert meiner meinung nach nicht."
salma abdalla "wäre sehr wichtig, dass auch in den TVstationen wie ORF diversere redaktionen entscheiden" und barbara eder: "nach wie vor liefert der ORF keine zahlen für den genderreport, so ist nicht nachvollziehbar was da gefördert wird. es ist ein skandal"
so, und fertig. jetzt wird allgemein auf den neuen regieverband #dieregisseur*nnen angestoßen

(leider bisl problemname hashtag mit sternderl, warum fragts denn niemanden mit social media erfahrung, seufz)
ah kein neuer interessensverband sondern sehen was passiert, erzählt scharang gerade. "wir müssen genau nix, es gibt ja schon fc gloria" dieregisseur-nnen.at bin so gespannt wie es weitergeht
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