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May 18, 2022 27 tweets 11 min read Read on X
Ich war hier in letzter Zeit recht streng mit der Stadt Wien, wenn es um den Radverkehr geht. Viele Leute steigen nicht aufs Rad, weil sie sich hier nicht sicher fühlen und das ist ein Versagen der Politik. Was alles Positives passiert, wollte mir @martin_blum zeigen. 🧵
Also sind wir heute Mittag aufs Rad gestiegen, wir trafen uns beim Reumannplatz im 10. Bezirk. Zuvor habe ich mir dieses Kriterium zurechtgelegt:
Mein Hinweg, gut 25 Minuten, hat das Kriterium schon mal fast durchgehend nicht erzielt. Noch angenehem ist es durch die Lederer-, Strozzi- und Neubaugasse. Dann durch den 6., 5. und in den 10. gibt es aber immer wieder solche netten Einbahnen:
Aber ich wollte ja nicht schon wieder nur ranten ... also, wir legen los an der Favoritenstraße. Hier fuhr bis vor 4-5 Jahren eine Bim, die kam beim Ausbau der U1 weg und hier wurde ein wirklich vorbildlicher Radweg links und rechts gebaut. Man kann hier bequem bis Neulaa.
Wir brechen auf Richtung Sonnwendviertel und fahren über diesen fast luxuriös-breiten Radweg. Hier war früher eine Parkspur, die wurde eingestampft und Platz für einen wirklich breiten Radweg gemacht. Bravo!
Was mir in Wien fehlt: Ordentliche Markierungen an den Kreuzungen. Links im Bild der Weg ins Sonnwendviertel, rechts eine Kreuzung in Freiburg. Das ist mir auch in Münster positiv aufgefallen, dass es viele gut markierte Übergänge gibt. Das erhöht das Sicherheitsgefühl stark.
Das Sonnwendviertel ist ein absoluter Traum, hier sind wir in einer Fußgängerzone, durch die man auch mit dem Rad fahren kann. Hier gibt es wenig Parkplätze und das erhöht die Aufenthaltsqualität spürbar. Hier können die Kids auf der Straße spielen und auch Radfahren ☑️
Das fällt mir ja immer wieder auf in der Stadt Wien: Bei Projekten, die ganz neu gemacht werden, wie in Aspern, beim Nordbahnhof und hier im Sonnwendviertel ist das Wissen und die Bereitschaft da fürs Rad zu planen. Wo man aber dem Auto was wegnehmen muss: ✖️✖️✖️
Wir fahren beim Hauptbahnhof vorbei, hier gibt's eine eigene Fahrradgarage. Wusste ich nicht, nutzt die jmd. von euch? Würde mich interessieren. Martin meinte, ein Monatsabo koste so ca. 7 Euro. Das ist in Ordnung.
Weiter geht's Richtung Argentinierstraße, die den 10. und den Hauptbahnhof mit dem Zentrum und dem Karlsplatz verbindet. Am Weg dorthin fährt man ganz komfortabel mit dem Rad.
Auf der Argentinierstraße gibt's seit den 80ern einen Radweg, der wurde damals noch rot markiert wie heute in den Niederlanden. Ansonsten erfüllt er aber nicht gerade niederländische Standards. 2-Richtungsradweg, der aber viel zu klein ist für den vielen Radverkehr.
Auch hier gibt es gute Nachrichten: Denn die Stadt Wien hat hier gerade Anwohner:innen befragt, die Straße soll neu gestaltet werden und es soll ausreichend Platz für den Radverkehr geschaffen werden. Im Juni 2023 wird über 2 Optionen abgestimmt und dann gebaut.
Wir fahren weiter in die Canovagasse beim Karlsplatz. Das ist seit kurzem eine fahrradfreundliche Straße. Das ist ein Wiener Weg, die "radikalere" Varianete einer sog. Fahrradstraße zu vermeiden, die in der StVO geregelt ist. Im Prinzip sind hier einfach große 🚲 aufgezeichnet.
Das soll zeigen, dass der Radverkehr hier Vorrang hat. Das finde ich gut, besser sindFahrradstraßen. Dort darf man nebeneinander fahren und Pkw dürfen nur ein-, nicht durchfahren. Am Bild die Fahrradstraße beim Aasee in Münster, klar rot gekennzeichnet + ein Parkstreifen weg.
Wir fahren weiter Richtung Nordbahnviertel, es geht über die Ringstraße und den einzigen wirklich gut mit dem Rad befahrbaren Teil von ihr. So sollte der Ring überall aussehen! Viel zu oft muss man sonst Spur wechseln oder teilt sie sich mit Fußgänger:innen.
Bei der Urania fahren wir rüber in den 2. Bezirk, hier ist eine absolut ungemütliche Stelle, bei der regelmäßig zu wenig Platz für die vielen Radfahrer:innen ist. Erfreulich, @martin_blum meinte, das wird neu & besser gemacht.
Wir fahren über die Aspernbrücke, hier haben die Pkw sechs Fahrspuren und Radfahrer und Fußgängerinnen nur wenig Platz. Ebenfalls sehr erfreulich: Hier kommt eine Pkw-Spur weg und der Radweg wird verbreitert. Das wird Teil des "Radhighways", ein Vorbildprojekt!
Das ist der Plan der Stadt Wien, auf der Prater- und der Lasallestraße kommt ein 4 Meter breiter Radweg, auf dem man in beide Richtungen fahren kann. Edel, edel!
Jetzt muss @martin_blum auf der Praterstraße gerade noch ziemlich beengt vor mir herfahren.
Aber was in Wien ganz allgemein hier auffällt: Die Zahl der Radfahrer:innen ist derzeit so hoch wie nie zuvor in der Stadt. Zeit also, dass die Infrastruktur aufholt ...
Wir sind jetzt auf vielen Hauptachsen gefahren, man fährt in Wien aber meistens durch viele Nebengassen, wie wir gerade Richtung Nordbahnviertel. Dort ist der Platz meistens eng, weil es fast überall 2 Parkstreifen gibt. Als Radfahrer:in fährt man in der Dooringzone.
Was mir in Berlin positiv aufgefallen ist: Bei Radwegen wird die Dooringzone in der farblichen Kennzeichnung ausgespart. Keine:r soll hier auf die Idee kommen, dass man eng neben den Autos fahren muss, die vll. die Tür aufreißen = Unfall. In Wien ist man dazu gezwungen.
Hier noch ein Beispiel von unserem Weg. Das ist eine Nebengasse, die nicht stark befahren scheint und das ist für uns Erwachsene total okay zum Fahren, aber würdet ihr hier einen Elfjährigen fahren lassen?
Wir sind Am Tabor, wo vor der Wien-Wahl 2020 noch schnell ein baulich getrennter Radweg realisiert wurde. Das ist zwar wirklich gut zu befahren, auch für Kids safe, aber ausgesprochen hässlich gelöst. Sorry, als Wiener muss man immer auch was Bemängeln...
Ab geht's ins Nordbahnviertel, der Weg dorthin ist wieder sehr bequem und hier ist sogar ein ganz kleiner Teil der Bim-Linie begrünt (Auge @_barbara_laa). Hier gilt wieder: Wenn die Stadt Wien Projekte auf der grünen Wiese planen kann, macht sie das tip top.
Hier auf dieser breiten Straße ohne Pkw-Abstellplätze endet unsere Radtour mit einem kleinen Gespräch über Politik, Verwaltung und Aktivismus. Danke für deine Zeit, lieber @martin_blum. Der nächste Ausflug geht in den 8. und 9. Bezirk, dann gibt's schlechtere Bilder ;-)
Wenn euch das interessiert: Morgen kommt in meinem Podcast Sonne & Stahl eine ausführliche Folge dazu mit tollen Gästen aus 🇩🇪. Ich schreibe auch gerade ein Buch dazu, hier könnt ihr meine Arbeit laufend verfolgen: sonneundstahl.at/newsletter/

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Jul 31, 2023
Ich suche eine Mitarbeiterin oder einen Mitarbeiter für 10h / Woche - für Erklär mir die Welt & meine Arbeit.

Der Podcast erreicht +60.000 Menschen im Monat & du arbeitest daran, ihn so gut wie möglich zu machen.

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3. Wie man so etwas journalistisch sauber macht
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Jul 11, 2023
Über Holz 🌳🪵🪚 lässt sich gut streiten.

Vor allem in Klimakreisen. Die einen sagen: Lasst die Wälder stehen, sie speichern CO2.

Die anderen sagen, Holz ist ein nachwachsender Rohstoff und solange man nur so viel entnimmt wie nachwächst, ist es als Ressource klimaneutral. 🧵
Wenn man das geerntete Holz für langlebige Produkte wie Holzhäuser, Möbel etc verwendet und es zB nicht verbrannt wird, wird das CO2 sogar gespeichert.

Der Baum wuchs mit der Hilfe von CO2, entnahm es also der Atmosphäre und speichert es dann quasi im Couchtisch oder im Kasten.
Klingt total überzeugend, aber einer neuen Studie zufolge hat das einen großen Haken.

Die Autor:innen sind renommiert, @TSearchinger @waiterich @peng_liqing und Jessica Zionts.

Sicher interessant für @chpfat @nemestothy.
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