Thread by @Der_Patrizier

So, ich habe etwas Zeit und kann ein wenig ausholen.
Die ganze Geschichte geht noch deutlich tiefer, aber das sprengt mir den Rahmen, vielleicht werde ich da zu anderer Zeit mal episodenweise draus berichten.
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Disclaimer: Die Geschichte ist aus meiner Sicht geschrieben. Ich schaffe es sicher nicht immer fair zu bleiben, dessen bin ich mir bewusst. Möglicherweise gibt es auch Aspekte, die ich nicht kenne. /2

Es kam im Team im Verlauf eines Jahres zunehmend dazu, dass sich Lager bildeten. Diese Lager verliefen entlang der (Sozial)Pädagogen und der Erzieher. Die zu dem Zeitpunkt mitarbeitenden studentischen Aushilfen wollten sich, wenn sie etwas mitbekamen meist nicht positionieren. /3

Die Teamleitung versuchte immer wieder zu vermitteln, schaffte es jedoch nicht, da eine Lösung zu finden. Anfang 2021 ging die TL schließlich ins Burnout und fiel für einige Monate aus. /4

Nach einem Jahr Corona hatte es uns schließlich erwischt und die Einrichtung wurde vom Gesundheitsamt unter Quarantäne gestellt. Nebst Bewohner*innen waren auch einige Kolleg*innen betroffen. Hieß für die Quarantäne haben wir mit 3 Leuten (35, 30, 15 WS) den Laden geschmissen. /5

Einige Wochen später machte meine TL erste Zaghafte Schritte zurück in den Job. Ich war im Nachtdienst und eine Klientin kommt abends kurz vor der Nachtruhe auf mich zu und bittet um ein vier-Augen-Gespräch. /6

Sie habe da was mitbekommen, weiß nicht was sie machen soll, möchte auch nicht als „Petze“ dastehen und trotzdem belaste sie das auch. /7

Wir erörtern das für und wider und einigen und schließlich darauf, dass wir am Morgen zusammen mit der Teamleitung einen Termin machen, wo sie uns erzählen kann, was sie bedrückt. /8

Der Morgen kommt, in der Übergabe spreche ich das an. Ich habe bereits eingeplant eine Stunde länger zu bleiben, ggf. muss ich danach ja noch was dokumentieren. /9

Im Gespräch eröffnet uns die Klientin, dass eine Betreuerin zusammen mit Bewohner*innen der WG während der Quarantäne Cannabis konsumiert haben soll. /10

Ferner berichtete sie von Social Media Chats, in denen diese Betreuerin zusammen mit einem weiteren Betreuer Kontakt mit diversen Bewohner*innen gehabt haben soll und in denen unter anderem gegen andere Kolleg*innen geradezu gehetzt wurde. /11

Insbesondere gegen eine Kollegin richteten sich die getätigten Äußerungen besonders stark.
Sie zeigte dazu einige Chatverläufe, die zumindest die Kontakte belegten und die zugleich erklärten, warum einige Bewohner*innen sich zuletzt so zurückgezogen hatten. /12

Die Kollegin war für diese der Bezug, also war auch sie eher Ziel von Lästereien und ähnlichem. /13

Nach dem Gespräch streiche ich mental den sich nährenden Feierabend. Im Anschließenden Gespräch mit der Teamleitung beschließen wir die Heimleitung zu informieren. Kollegin sofort vom Dienst freistellen. Hervorragend, sie hätte heute Nachtdienst. /14

Also Ersatz organisieren. Während ich eine Kollegin anrufe, die am Morgen einen Termin begleitet hat, versucht die TL die beschuldigte Kollegin zu erreichen und sie über die Vorwürfe und die Entscheidung der Heimleitung zu informieren. /15

Sie ist nicht erreichbar, steht jedoch 5 Minuten später in der Tür. Sie wollte heute noch was vorbereiten. /16

Die Vorwürfe nimmt sie mit versteinerter Mine entgegen. Sie streitet nichts ab, was für sie völlig untypisch ist. So schnell wie sie da war, ist sie wieder weg.
Ich schreibe meinen Bericht zu dem Thema, der an die Heimleitung gehen soll. /17

Eine Stunde später kommt die Kollegin für die Nacht. Wir informieren sie über die Situation und besprechen eine Sprachregelung für die Jugendlichen. /18

Im Anschluss werfe ich einen Blick auf den Dienstplan. 5 Dienste sind aktuell unbesetzt, die die freigestellte Kollegin in den kommenden Wochen gemacht hätte. /19

Mittlerweile ist es 17 Uhr. Die Teamleitung geht reichlich fertig in den Feierabend, die Kollegin bittet mich noch zu einem kurzen Gespräch. /20

Nachdem die letzten Monate zu solchen Grabenkämpfen geführt hatten, hat sie sich entschieden ein Angebot anzunehmen als Leitung in eine andere Einrichtung zu wechseln. Sie wird die Wohngruppe im Sommer verlassen. /21

Es werden damit absehbar 35 Stunden und >10 Jahre Erfahrung das Team verlassen. /22

Am nächsten Tag gibt es ein Gespräch mit der Heimleitung. Diese fasst den Entschluss mit den genannten Jugendlichen zu sprechen sowie mit der Beschuldigten Kollegin. Termine werden vereinbart. /23

Der Tag des Gesprächs kommt. Ich habe Tagdienst in der WG, die Teamleitung ist zurück im Burnout und wird noch eine ganze Weile nicht zurückkommen.
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Das Telefon klingelt und ich erhalte die Info, dass die beschuldigte Kollegin nicht zurückkommen wird. Sie hat im Gespräch sofort um einen Auflösungsvertrag gebeten. /25

Die kommenden Monate werden anstrengend.
Dienste werden so gut es geht abgedeckt, es laufen reichlich Überstunden auf. Von der Kollegin, die uns im Sommer verlässt, übernehme ich die Zuständigkeit für eine junge Frau, die mich noch sehr auf Trab halten wird. /26

Das Team erneuert sich in der Zwischenzeit. Als Folge aus den Weggängen wird eine nun fertige Studentische Aushilfe übernommen und ist nun als Sozialpädagogin dabei. /27

Ein Kollege, gut befreundet mit der beschuldigten Kollegin, verlässt das Team im Verlauf des Jahres auf eigenen Wunsch. /28

Zeitsprung – Dieses Jahr. /29

Ich bin im Nachtdienst. Zwei Bewohnerinnen unterhalten sich und es fällt der Satz bei X waren die Dienste immer viel cooler, da durfte mein Freund trotz Hausverbot auch hier übernachten. Und ich habe bei ihr in der Quarantäne auf der Terrasse einen Joint geraucht. /30

Das anschließende Gespräch ist kein sonderlich schönes. Ich bin (natürlich), der doofe, weil ich – auch wenn das schon einige Zeit her ist – klar mache, was ich davon halte und auch, dass dies ja auch später noch vorgekommen ist. /31

Deshalb steht das kommende HPG ja auch so auf der Kippe. /32

Der Abend wird nicht besser. Ich erwische sie auf dem Zimmer beim Kiffen, mit ihrem Freund, der Hausverbot hat… /Ende

@threadreaderapp unroll please

@TrielBriza @Immer_neben_dir
Hier der Thread. Vielleicht auf für @AriSteevensz interessant, der heute über #Professionalität geschrieben hat.