So, und jetzt #polizeikontrolle im Detail. 1/25
Wir haben dieselben 7 Hasskommentare am selben Tag zur selben Uhrzeit in allen 16 Bundesländern anzeigen lassen.

Alle Postings waren strafrechtlich relevant und so aufbereitet, dass die Polizei keine weiteren Auskünfte gebraucht hätte, um zu ermitteln. 2/25
In Berlin (tatütata.fail/state/be) hat die Anzeige problemlos funktioniert.

In Hessen (tatütata.fail/state/he) lief es auch gut, in 11 Minuten war die Anzeige erledigt. 3/25
Anders in Bremen: Der Polizist sagt, er könne heute keine Anzeige erstatten, weil das "Computersystem" ausgefallen sei.

2 Monate nach der versuchten Anzeige fragt die Korrespondentin bei der Polizei nach. 2 Tage nach ihrer Nachfrage beginnen die Ermittlungen. 4/25
Als wir die Bremer Polizei damit konfrontieren, werden aufgrund der Untätigkeit interne Ermittlungen gegen einen Polizeioberkommissar wegen § 258a StGB "Strafvereitelung im Amt" eingeleitet. 5/25 tatütata.fail/state/hb
Strafvereitelung wird mit bis zu 5 Jahren Gefängnis bestraft, auch der Versuch ist strafbar.

Aus gutem Grund: Wer vom Staat das Recht bekommt, Gewalt gegen Menschen anzuwenden, der hat die Pflicht, Straftaten zu verhindern bzw. sie aufzuklären. 6/25
Die Polizei Bremen hat eine Pressemitteilung zu dem Vorfall veröffentlicht, die medial unerwähnt geblieben ist.

Der vollständige Titel der Aussendung lautet "Ermittlungen eingeleitet" polizei.bremen.de/oeffentlichkei… 7/25
Der angebliche Ausfall des "Computersystems" wirft zudem Fragen auf: Wurde die Polizei gehackt? Kann sie sich selbst beschützen? Gingen persönliche Daten oder Ermittlungsakten verloren? Wie lang dauerte der Ausfall?

Die Polizei hat unsere Fragen dazu nicht beantwortet. 8/25
In Sachsen kann die Polizei die Anzeige des Korrespondenten vom 3. August 2021 nicht mehr finden.

Als wir glaubhaft machen, dass die Anzeige zumindest versucht wurde, leitet die Polizei interne Ermittlungen gegen die Polizei Leipzig ein. tatütata.fail/state/sn 9/25
In Brandenburg schickt die Polizistin die Korrespondentin nach Hause, offenbar weil sie keinen Workflow für den Fall kennt, dass eine Person anonym anzeigen will. tatütata.fail/state/bb 10/25
Die Polizei in Brandenburg lässt uns wissen, dass sie disziplinarrechtliche und strafrechtliche Ermittlungen aufnehmen, sollte sich herausstellen, dass sich die Polizistin fehlerhaft verhalten habe.

Eine anonyme Anzeige sei in Brandenburg grundsätzlich möglich. 11/25
Als der Polizist in Sachsen-Anhalt hört, dass es sich um Hasskommentare handelt, lässt er die Korrespondentin nicht in die Wache. Er kommt raus und schickt sie weg. 12/25
Obwohl die Anzeige und damit die gebotene Strafverfolgung verhindert wurde, ermittelt die Polizei in Sachsen-Anhalt bislang nicht wegen Strafvereitelung im Amt. tatütata.fail/state/st 13/25
Gut ermittelt hat Niedersachsen. Sie konnten 4 von 7 Tatverdächtigen ausforschen.

Die Ermittlungen glückten an allen Tatorten – Facebook, Twitter und Telegram. tatütata.fail/state/ni 14/25
Auch Baden-Württemberg konnte den Täter bei Telegram ausforschen, anklagen und verurteilen – und das, obwohl der Polizist anfangs offenbar der Meinung war, Telegram sei ein hoffnungsloser Fall tatütata.fail/state/bw 15/25
In Rheinland-Pfalz hat die Polizei die Ermittlungen offenbar erst an die Staatsanwaltschaft Mainz übergeben, nachdem wir im April 2022 als @zdfmagazin nach dem Stand der Ermittlungen gefragt haben. tatütata.fail/state/rp 16/25
"Gegenwärtig ergeben sich keine weiteren Ermittlungsansätze“, so die Polizei in Thüringen. Sie hätten vergeblich bei Twitter und Facebook um Auskunft angesucht.

Offenbar hat es die Polizei unterlassen, selber bei Facebook die Klarnamen der Tatverdächtigen einzutippen. 17/25
Die Staatsanwaltschaft in Thüringen schreibt zudem, dass noch zu ALLEN Hasskommentaren wegen verfassungswidriger Symbole ermittelt werde.

Nach 10 Monaten wurde also noch nicht festgelegt, welche Straftat "digga ich Schlitz dich auf" sein könnte. tatütata.fail/state/th 18/25
In Mecklenburg-Vorpommern deutet der Polizist bei der Anzeige an, dass die Hasskommentare im "Papierkorb" landen könnten.

Der Korrespondent wird Monate nach der Anzeige noch einmal in die Wache geladen. tatütata.fail/state/mv 19/25
Die Polizei hat den Korrespondenten offenbar als Journalisten erkannt.

Der hiesige Leiter des Staatsschutzes will in der Vernehmung vom Korrespondenten wissen, ob er die Anzeigen für eine "Zeitungsgeschichte" gemacht habe. 20/25
Der Korrespondent ist Hinweisgeber bzw. Zeuge einer Straftat. Er ist kein Beschuldigter.

Er fühlt sich in der Vernehmung der Polizist:innen aber so unter Druck gesetzt, dass er zum Notfallplan übergeht und der Polizei für weitere Auskünfte meinen Namen nennt. 21/25
Ich werde von der Polizei in Mecklenburg-Vorpommern nicht kontaktiert.

Erst als ich im April 2022 eine Presseanfrage stelle, bekomme ich per Brief eine fehlerhafte Zeugeneinladung – zugestellt an die Büroadresse, die ich in meiner Pressseanfrage angegeben habe. 22/25
Die Polizei in Mecklenburg-Vorpommern gibt mir 14 Tage Zeit, damit ich postalisch u.a. aussage, "aus welchem Grund" ich der Polizei eine Anfrage geschickt habe. 23/25
Die Polizei verweigert zudem die Auskunft zum Stand der Ermittlungen, weil ich Zeuge des Verfahrens sei.

Es sei "gänzlich ohne Belang", dass ich mich auf das gesetzliche Zeugnisverweigerungsrecht für Journalist:innen berufe, so der zuständige Oberstaatsanwalt. 24/25
Alle Informationen zu allen anderen Bundesländern gibt es unter tatütata.fail 25/25

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