Meine Damen und Herren, werfen wir einmal einen Blick auf den massiven normativ getriebenen Logikfehler des guten "Doktors" hier.

Ein 🧵

#IchBinArmutsbetroffen
Der verehrte Doktor scrollt also durch den Hashtag und sieht diese Wishlist. In seinen Synapsen blitzt es, die innere moralische Stimme, ich stelle sie mir gern in Gestalt eine schwäbischen Hausfrau vor, hebt den Zeigefinger und sagt: "Des darf abr ned sai!"
Armutsbetroffen = selbst schuld = kein Anspruch auf Teilhabe
Nur durch diese Gleichung lässt sich diese Reaktion erklären.
Diese Gleichung ist falsch.
Nicht ungenau, nicht unterkomplex, sie ist falsch.
Es ist ein moralischer Reflex.
Worauf basiert der? Man kann dazu tief ins Mittelalter gehen, sich Normen anschauen, Sprichworte wie "Sein täglich Brot verdienen" oder dergleichen. Dass Arbeit im Mittelalter völlig anders organisiert war, geschenkt. Und das Mittelalter ist auch lang her, nicht?
Gehen wir also weiter, ins 16. Jh. Da steht man auf Calvinismus. Eine der abstrusesten Philosophien aller Zeiten. Gott hat für jeden den Platz in der Gesellschaft bestimmt. Trotzdem muss jeder hart arbeiten, um sich zu beweisen. Ohne, dass man jemals seinen Platz verlassen könne.
Klingt unlogisch und ist auch so. Daraus resultieren bis heute moralische Werte wie "Fleiß und Sparsamkeit." Konservative und Vulgärliberale sind sich da einig. Fleiß und Sparsamkeit sind Garanten für Wohlstand. Nicht unbedingt für deinen Wohlstand, aber für Wohlstand.
Dazu kommen Narrative über "wertvolle" und "wertlose" Arbeit. Unser Doktor von Allem hier, sollte er wirklich Doktor sein, wird davon überzeugt sein, dass seine Arbeit wertvoller ist, als die anderer. Er war gut, ihm steht Luxus zu. Armutsbetroffene waren schlecht,
ihnen steht nichts zu. Komplexitätsreduktion lässt ihn das denken. Luhmann, Herr Doktor. Kennen Sie sicher.
Armut in Deutschland betrifft 13,4 Millionen Menschen. Dazu zählen Arbeitssuchende, Mütter, Kranke, Menschen mit Behinderung, Working Poor und Rentner. Selbst wenn wir
innerhalb der falschen Logik von Lohnarbeit als einzige Rechtfertigung für alles argumentieren würden (was grob facepalmig ist), würde schnell klar: Arbeit schützt nicht vor Armut!
Doktor No hier spricht also sogar denen, die innerhalb der kapitalistisch-vulgärliberalen Logik gemäß den Regeln handeln, die Teilhabe ab.
Calvinismus at it's best. Heute schon mit Gott telefoniert und nach deinem Stand in der Gesellschaft gefragt, Doktorchen?
By the way: Luxus sind niemals Güter, die in einer Gesellschaft normalisiert sind, und da oben ist alles, aber kein Luxus abgebildet.

Herr Doktor! Ich sehe eine gravierende Wissenslücke bei Ihnen! Bitte stopfen Sie sie! Die nächste Dissertation wartet!
Relative Armut ist ein Konzept, dass Herr Doktor of Möchtegern auch nicht versteht. Es geht um gesellschaftliche Teilhabe. Wir sind eine Konsumgesellschaft. Konsum ist Teil dieser Teilhabe.

Kann man kacke finden, dann setz dich bitte für einen System Change ein, danke.
Für jemanden, der auf allen akademischen Feldern Doktor sein will, hast Du eine furchtbar normative Art zu denken. ;)
Wenn Du Doktor of Alles sein willst, dann bin ich der hier:
#ELDENRING Hashtag love this game!

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More from @ReverseAuthor

Jun 18
In einem Space über #IchBinArmutsbetroffen verweigern sich einige Teilnehmende der strukturellen Realität und versuchen mit allen Mitteln, die Situation auf die moralische Ebene zu hieven.

Es gibt eine ausgeprägte sozialwissenschaftliche Datenlage zu dem Thema.
Natürlich kannst du Einzelfälle hervorholen und sie als "Realität" framen, wenn das Deiner Wahrnehmung entspricht. Natürlich kannst du behaupten, jeder könne, wenn er nur wolle. Natürlich kannst Du dich der strukturellen Realität verweigern und das persönlich nehmen, weil
dein Ehemann nen Laden hat und du meinst, "Arbeitgeber" sei das richtige Wort. Macht keinen Sinn, aber das kannst du glauben.

Statt zu glauben, empfehle ich das Lesen. Berichte zur Ungleichheit, Marx, Bourdieu, gerne auch moderne Soziologen zum Thema.
Read 6 tweets
Jun 18
Bin jetzt endlich auch dazu gekommen, die neueste Folge des Critical Infinity Podcasts zu hören. Frank Thelen wird da sauber von @breitenbach dekonstruiert. Mit ein paar Spitzen. Sehr hörenswert.

critical-infinity.de/#start-infinity

Man kann übrigens einen Kreis schließen, zwischen der
Einleitung des Podcasts und dem finalen Appell.

Anfangs spricht @breitenbach von den Reaktionen auf seinen ersten Beitrag dazu, von unsachlichen Äußerungen. Ich habe mich auch unsachlich geäußert. Frank Thelen ist furchtbar. Auf so vielen Ebenen. Ja, ich habe eine parasoziale
Beziehung zu ihm, zu @c_lindner und so vielen anderen schwierigen Akteuren unserer Zeit. Und diese kritische Beziehung bei mir und so vielen anderen speist sich ja genau aus dem Umstand, den der Appell am Ende anspricht: Leute mit wenig Kompetenz werden ständig befragt oder
Read 11 tweets
Jun 16
Rechte erkennen - ein Crashkurs im 🧵

Man muss schon aufpassen. Rechts und Rechtsradikal verwechselt man gern. Was daran liegt, dass deren Positionen aus Sicht von Marginalisierten (#IchBinArmutsbetroffen) oft nicht so unterschiedlich sind. Denn beide wollen: /1
- Vorherrschaft einer von ihnen als superior wahrgenommenen Gruppe
- Marginalisierung anderer Gruppen

Sie unterscheiden sich nur in den Ideen der Ausführung. Gemäßigte Rechte, wie Konservative oder Rechtsliberale wollen das mit demokratischen Mitteln schaffen. /2
Das klingt besser, als es ist. Denn für sie sind Fake News, Halbwahrheiten, Lügen, Narrative, Stigmatisierung und Framing für den eigenen Vorteil Teil des demokratischen Prozesses. Unliebsame strukturelle Realität wird so lange verzerrt und verdreht, bis sie passt. /3
Read 18 tweets
Jun 13
Ich hatte das hier neulich auch mal geteilt, aber ohne weitere Einordnung.

Die Aussage, es mangele an Bildung ist, selbst hermeneutisch interpretiert, insofern falsch, als dass Bildung flächendeckend nicht für Aufstieg sorgen kann. Ein kurzer 🧵 1/9
#IchBinArmutsbetroffen
Zwar gibt es gemäß #Bourdieu nicht nur Geld als Kapital, sondern unter anderem auch Bildung, und es ist auch richtig, dass Bildung in Form von Zertifikaten auch in Geld transformiert werden kann.
Allerdings gelingt das immer seltener und das hat mehrere Gründe. 2/9
Wie immer: kein Anspruch auf Vollständigkeit. ;)

Dier Herkunft entscheidet stark, wie groß die Aufstiegschancen sind. Nicht nur, dass Arbeiterkinder seltener studieren und an Schulen oft aussortiert werden, ehe sie auch nur die Chance haben, ein Gymnasium von innen zu sehen, 3/9
Read 10 tweets
Jun 12
Ich hatte gestern diesen Tweet hier abgesetzt, und an einigen Kommentaren gesehen, dass sie den offenbar missverstanden haben.



Darum erkläre ich das nochmal. Ein kurzer 🧵 1/8
Progressive Bewegungen haben ein Problem: sie sind oft Ziel rechter Aktivisten, die auch oft Trollstrategien anwenden. Dazu gehören auch Drohung, Einschüchterung, Beleidigung. Menschen, die im rechten Weltbild als weniger resilient wahrgenommen werden, sind beliebte Ziele. 2/8
Das sind oft Frauen, Migrant*innen, Menschen mit Krankheit oder Behinderung usw.
Genau diese rechten Milieus nehmen für sich aber Privilegien, auch über Minderheiten lachen zu dürfen, als "Meinungsfreiheit" wahr. Ihr Tun ist also von tiefster Doppelmoral erfüllt. 3/8
Read 8 tweets
Jun 12
Gestern gab es in #BO1106 einen Flashmob, um auf #ichbinArmutsbetroffen aufmerksam zu machen und ich durfte das Plakat von der coolen @trullateee halten. :)

Wir haben in Deutschland 13,4 Millionen Menschen in Armut und eine Politik, die das ignoriert. Das muss sich ändern!
ALT-Text: Auf dem Bild bin ich zu sehen, blonder Mann, Bart, kurze Haare, blaues Sakko, rotes T-Shirt, Brille. Ich halte ein Schild mit einem Tweet hoch auf dem steht: "#IchBinArmutsbetroffen seit über zehn Jahren, denn als alleinerziehende und alleinpflegende Mutter eines 1/2
schwerbehinderten Kindes bleibt nach 140 Std. + Pflege/Woche weder Zeit noch Kraft für zusätzliche Erwerbsarbeit."
Read 4 tweets

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