Egal ob Corona, Klimakrise oder Krieg gegen die Ukraine: Immer wieder verbreiten (ehemalige) Wissenschaftler_innen Falschinformationen oder Verschwörungserzählungen. Eine echte Debatte gibt es dazu kaum.
Sucharit Bhakdi war bspw. Professor u.a. an der Uni Mainz. Er ist wegen Volksverhetzung angeklagt. Trotzdem wurde sein Buch ein Spiegel Besteller. Sein Titel hat dabei bestimmt geholfen.
Der Psychologie-Professor Christof Kuhbandner vergleicht die Corona-Maßnahmen mit dem Milgram-Experiment. Er ist lt. Homepage Mitglied bei dem von Bhakdi gegründeten Verein „Mediziner und Wissenschaftler für Gesundheit, Freiheit und Demokratie, e.V.“
Die Politikwissenschaftlerin Ulrike Guérot hat seit 2021 eine Professur an der Uni Bonn inne. Interviews gibt sie mittlerweile auch verschiedenen Alternativmedien, u.a. dem pro-russischen Propagandaformat "InfraRot Medien" oder apolut.
Solche Leute gefährden nicht nur den Ruf der Wissenschaft und das Vertrauen in die Forschung. Gerade weil sie durch ihren Titel eine gewisse Autorität haben, spielen sie im verschwörungsideologischen Milieu und darüber hinaus noch einmal eine besondere Rolle.
So eine Debatte ist nicht einfach, schließlich sollen Wissenschaftler_innen sich ja frei äußern können. Es geht aber eben auch darum, wo die Grenzen liegen und ab wann es gefährlich wird. Welche Handlungsoptionen es gibt.
Ob Pandemie, Klimawandel oder Energiekrise: Wenn Falschinformationen kursieren, geht es auch darum, diese zu entkräften. Dabei gibt es ein paar Dinge zu beachten. 🧵
Werden Falschinformation beim sog. Debunking ("Entlarven") in den Fokus gestellt werden oder wenn sie fast gleichwertig neben der Richtigstellung stehen, bleiben sie schnell hängen und man erreicht das Gegenteil von dem, was man möchte.
Gerade absichtlich gestreute Desinformation arbeitet mit Vereinfachungen oder emotionalen Botschaften. So etwas merkt man sich oft leichter als die Komplexität der Realität.
In der Coronapandemie hat sich deutlich gezeigt, welchen Schaden Verschwörungserzählungen und Desinformation anrichten. Menschen haben auf Impfungen verzichtet, weil sie glaubten, dass Mikrochips verimpft würden und dergleichen.
Es ist nicht klar, wie viele Menschen gestorben sind, weil sie Verschwörungsideolog_innen für glaubhafter hielten als Ärzt_innen und Wissenschaftler_innen. Für die USA gibt es Schätzungen, dass Hunderttausende noch leben könnten. allianceforscience.cornell.edu/blog/2022/04/v…
Die Mobilisierungen waren nicht nur eine Herausforderung beim Management der Pandemie, sondern haben Angsträume geschaffen und gingen mit Antisemitismus und Gewalt einhher.
Social Media sind gesellschaftliche Räume. Gerade deswegen ist Gegenrede und Zivilcourage auch so wichtig. Was aber aktuell passiert ist, dass genau das Hetzern mehr Reichweite bringt. Und das ist ein Problem.
Es werden populistische oder menschenverachtende Takes von Personen mit einer gewissen Reichweite gepostet und alle möglichen Leute teilen und kommentieren das, weil sie es nicht so stehen lassen können und wollen.
Algorithmen unterscheiden aber nicht, ob ihr etwas kritisiert oder gut findet. Wenn ihr anfangt, Dinge zu teilen oder zu kommentieren, pusht ihr den Post. Es bekommen ihn mehr Menschen in die Timeline gespült und die Person kann ihre Reichweite vielleicht sogar steigern.
Der russische Krieg gegen die Ukraine zeigt sich auch in den Sozialen Netzwerken. Ich habe deswegen versucht, einige Tipps zusammen zu stellen, worauf man aus meiner Sicht gerade achten sollte. Ein 🧵
Teilt keine Informationen, bei denen ihr nicht sicher seid, ob sie stimmen. Gerade Bilder und Videos werden oft aus dem Kontext gerissen. Wir befinden uns auch in einem Informationskrieg.
Schaut euch die Accounts genau an, die ihr teilt, wenn ihr sie vorher nicht kanntet. Wartet lieber auf Meldungen von Medien, denen ihr vertraut. Es geht nicht darum, die erste Person zu sein, die eine Information verbreitet. br.de/nachrichten/de…
Menschen machen in den sozialen Netzwerken immer wieder auch auf den Hass aufmerksam, den sie erleben. Aus eigener Erfahrung möchte ich ein paar Punkte mitgeben, welche Reaktionen ich hilfreich finde in so einem Moment.
Ich lese immer wieder, dass angezeigt werden soll oder die Nachfrage ob das passiert ist. Auch wenn das nett gemeint ist, ist es wenig hilfreich. Erstens ist es eine individuelle Entscheidung, an welchen Stellen man Zeit, Energie & Geld aufbringen will und kann, etwas anzuzeigen.
Zweitens verlagert das die Verantwortung auf die betroffene Person. Es liegt dann an ihr, etwas gegen die Hetze zu tun. Und ich kann euch aus eigener Erfahrung berichten: Hetze macht Arbeit und kostet Zeit.
Wenn es um Menschen geht, die an Verschwörungserzählungen glauben, gibt es zwei Erklärungansätze, die ich immer wieder lese: Diese Menschen müssen ja "dumm" oder "verrückt" sein. Was daran falsch ist und warum ich das problematisch finde, lest Ihr in diesem 🧵.
Es gibt verschiedene Studien, die einen Bildungseffekt finden: Menschen, die einen niedrigeren Bildungsabschluss haben, glauben eher an Verschwörungserzählungen. Das erklärt erst einmal wenig, wichtig ist die Frage: Warum ist das so? fes.de/presse/aktuell…
Für den Zusammenhang vom Verschwörungsglauben und kognitiven Fähigkeiten gibt es nämlich keine überzeugenden Belege. Wenn es signifikante Effekte gibt, sind sie minimal.