1/ #MehrAlsNurKaffee#Meducation So nachdem wir das Rückenmarks betäubt und den Tiefschlaf geklärt haben… weiter gehts mit der peripheren Regionalanästhesie
Dieses Thema ist so umfangreich, da könnte man hunderte 🧵 füllen aber ich versuche mal einen Überblick zu verschaffen.
2/ Wie schon erwähnt, kann man jeden Nerven den es so gibt betäuben- sinnvoll ist das allerdings nur bei manchen Nerven und an manchen Stellen.
3/ Praktischerweise hat die Natur (oder wer-auch-immer je nach Religionszugehörigkeit) ein paar Orte in unserem Körper versteckt, wo nicht nur ein einzelnen Nerv sonder mehrere Nerven auf einem Haufen zusammen kommen - wir nennen das Plexus.
4/ Wenn man an diese Stelle nun lokales Betäubungsmittel spritzt, werden direkt mehrere Nerven ausgeschaltet und das was danach kommt wird taub und wenn man reinschneidet, tut es nicht mehr weh.
5/ Bevorzugte Orte dafür sind ganz oben am Oberarm (axillärer Block), unter- oder oberhalb des Schlüsselbeins (infra-/supraclaviculärer Block) oder seitlich am Hals (interskalenärer Block). Wofür nutzen wir diese Arten der Betäubung?
6/ In der gleichen Reihenfolge: Operationen der Hand/Unterarm, Ellenbogen/Oberarm oder Schulter. Bei der Schulter macht man meistens noch eine Vollnarkose zusätzlich, da sowohl Lagerung als auch zu betäubendes Gebiet fur eine alleinige Regionalanästhesie nicht gut funktionieren.
7/ Je nach verwendetem Medikament ist die betroffene Stelle 1,5 - 4h so taub, dass man operieren kann. Schmerzfrei (auch postoperativ) sogar bis zu 8 h und länger.
8/ Bei Notwendigkeit können wir sogar ein dünnen Schlauch an der Stelle zurücklassen und nach der OP weiterhin Medikamente an diesen Ort geben, so dass es kaum Schmerzen nach der OP gibt.
9/ Diese Art der Betäubung ist sehr Nebenwirkungsarm und hat nur sehr wenige Gründe, sie nicht zu machen. Selbst Patienten mit blutverdünnenden Medikamenten können bei entsprechender Abwägung diese Art der Anästhesie bekommen.
10/ Auch bei Kindern kann man diese Art der Betäubung machen, wenn die Kinder dies mitmachen.
Wie finden wir diese Orte?
11/ Heute eigentlich überall etabliert machen wir dies mittels Ultraschall - dort sehen wir sowohl die Nerven als auch die Nadel und erreichen ein bestmögliches Ergebnis.
12/ Genauso kann man an einigen Körperstellen einzelne Nerven betäuben: am Oberschenkel für Eingriffe am Knie, am
Unterschenkel für Eingriffe am Fuß/Sprunggelenk.
13/ Selbst nur einen einzelnen Finger oder Zeh kann man so berauben (Diese letzte Art haben wir sogar an die Unfallchirurgie abgegeben).
Tut das nicht volle Kanne weh, wenn man in so einen Nerven spritzt?
14/ Doch würde es - aber deswegen spritzen wir es nur neben die Nerven und nicht rein.
15/ Mit der richtigen Dosierung können wir sogar dafür sorgen, dass nahezu kein Schmerz da ist, aber der Arm trotzdem voll bewegt werden kann (für Physiotherapie, die sonst wg Schmerzen nicht möglich ist).
16/ Und selbstverständlich kann man wenn möglich noch eine Sedierung dazu bekommen und muss die OP nicht vollkommen wach mitbekommen.
Man ist nach diesen Verfahren übrigens sofort wieder voll wach und nicht durcheinander. Und man darf danach sofort etwas essen und trinken!
17/ Sowohl stationär als auch ambulant sind diese Verfahren möglich - und viele Kollegen entlassen auch nach Hause, obwohl die Betäubung noch etwas nachwirkt.
18/ Wichtig ist nur: man muss auf das Körperteil aufpassen, denn man merkt nicht wenn man es in der Autotüre einklemmt oder auf die heisse Herdplatte ablegt (beides keine empfehlenswerten Maßnahmen).
19/ Ein Hinweis noch: die volle Wirkung entfalten die Medikamente an dem Nerven so nach 30-40 Minuten häufig erst - also bitte nicht nervös werden, wenn man 10 min nach Betäubung noch etwas merkt oder noch was bewegen kann.
20/ Und liebe anästhesiologischen Kollegen und Kolleginnen: gönnt eurem Plexus etwas Zeit und greift nicht direkt zur 🦙 - bis alles Gerichtet ist und die 🦙 drin steckt, hätte meist auch der Plexus gewirkt.
21/ Legt die Betäubung im Vorraum an und wartet 15-20 min bevor ihr in den Saal fahrt - das reduziert die Gefahr aufgrund von scharrenden Hufen vorschnell Alternativen einzuleiten und dir Vorteile der Regionalverfahren zu verspielen.
22/ Und der Hinweis den ihr unter all meinen #MehrAlsNurKaffee Tweets findet: diese Erklärungen hier sind teils deutlich vereinfacht und ersetzen keinesfalls ein Aufklärungsgespräch und eine entsprechend medizinische Beratung. Das kann und soll Twitter nicht leisten.
• • •
Missing some Tweet in this thread? You can try to
force a refresh
1/ In #MehrAlsNurKaffee heute Abend gibts noch was über ein Basic und doch unverzichtbares Anästhesietool: Zugänge oder die Antwort auf die Frage “was bekomme ich da eigentlich?”
2/ Meine übliche, inzwischen mit rollenden Augen der Anasthesiepflege quittierte Antwort “Nudelwasser, nur die Nudeln hab ich raus sortiert, verstopft die Venen immer so sehr” trifft es leider nur begrenzt und ja ist auch eher ein flacher Witz - mea culpa.
3/ Das anästhesiologische Händeschütteln beginnt meist mit dem anbringen der Überwachung (EKG, Blutdruck, Sauerstoffgehalt im Blutt “Sättigung”) und dem obligatorischen mit Schrecken erwarteten venösen Zugang.
1/ Heute im #MehrAlsNurKaffee: Intravenöse Regionalanästhesie- denn wenn’s einigermaßen läuft muss was exotisches her.
2/ Wenn Knochen erfolgreich geheilt sind und das Metall wieder raus soll oder Finger weniger erfolgreich durch die Gegend schnappen oder der Karpaltunnel Beschwerden macht, steht meist ein kurzer chirurgischer Eingriff an.
3/ Klar kann man das in #Vollnarkose machen - aber wer meine anderen #Meducation und auch die von @doctordachs und @Propofolium und @GasWasserDiso gelesen hat, weiß dass wir gerne Vollnarkosen meiden, wenn’s nicht notwendig ist.
OK - gestern hat @doktordachs eine Erläuterung zur Maske vor Narkosen und zum Einschlafen gegeben - da das Aufwachen bestenfalls im Preis mit drin ist - hier ein 🧵 wie es zum Ende der OP läuft und warum die meisten nicht wirklich in der OP wach waren. (1/12)
Wenn sich die OP dem Ende neigt (deswegen ist es wichtig, dass der/die Anästhesist:in den Eingriff und Operateur:in kennt!) wird man langsam die Medikamente, (2/12)
die fürs schlafen verantwortlich sind (Entweder das Narkosegas oder die Dauerinfusion) reduzieren und schließlich kurz VOR Ende der OP ganz ausschalten. Einige Medikamente darf man bereits deutlich vor Ende einer OP nicht nochmals geben, (3/12)
Woran merkst du ohne mit dem Chefarzt über #Elternzeit zu sprechen, dass in der Medizin „weil es schon immer so war“ gilt. @Propofolium und @Dana_Maresa_ haben bestimmt auch noch Beispiele
Röntgenbilder in der Medizin könnten genauso schön bunt wie die Bilder beim Zoll sein und damit deutlich schneller verschiedene Gewebe Differenzen zeigen, wir bleiben aber bei Graustufen, weil …
Kodan ist nur genauso braun gefärbt wie Jod, es ist keines drin- warum? Weil …