1/ Heute im #MehrAlsNurKaffee: Intravenöse Regionalanästhesie- denn wenn’s einigermaßen läuft muss was exotisches her.
2/ Wenn Knochen erfolgreich geheilt sind und das Metall wieder raus soll oder Finger weniger erfolgreich durch die Gegend schnappen oder der Karpaltunnel Beschwerden macht, steht meist ein kurzer chirurgischer Eingriff an.
3/ Klar kann man das in #Vollnarkose machen - aber wer meine anderen #Meducation und auch die von @doctordachs und @propofolium und @GasWasserDiso gelesen hat, weiß dass wir gerne Vollnarkosen meiden, wenn’s nicht notwendig ist.
4/ Unser Körper ist mehr oder weniger überraschend logisch aufgebaut und folgt einem recht ähnlich Grundprinzip egal an welcher Körperstelle.
5/ Eines dieser Grundprinzipien ist: Nerven, Venen und Arterien („Schlagadern“) verlaufen überwiegend zusammen in einem Bündel, das nochmals zusammen verpackt ist (die Verpackung nennen wir Faszie und diese teilen einfach Kompartimente ab).
6/ Um das Prinzip dieser Art der Betäubung zu verstehen, muss man noch etwas über unsere Gefäße wissen: würde Gardena sie auf den Markt bringen, gäbe es nur Reklamationen. Warum? Unser Gefäße sind undicht.
7/ (Ja bei manchen Menschen sind sie sogar undichter als bei anderen… aber … ach ich lass das lieber…) klingt im ersten Moment unpraktisch oder? Es ist aber genau das Gegenteil. Es ist genial.
8/ Die Gefäße sind nämlich nicht für alles undicht sondern ganz speziell für einige Stoffe und Flüssigkeiten und an der Wand der Gefäße gibts sogar eine kleine Zollkontrolle wer oder was nicht durch darf. Wer den richtigen Pass hat- kann aber problemlos durchwandern.
9/ Beim gesunden Funktioniert diese Grenzkontrolle so gut, da würde manches Ars**** der #FuckAfd neidisch. (Nur um mal klarzustellen wer bei mir hier nix verloren hat!).
10/ Und ein drittes Prinzip muss man kennen: unser Körper (eigentlich ist es die Physik die es diktiert) möchte üblicherweise, dass auf beiden Seiten dieser Barriere ähnliche Bedingungen herrschen.
Warum erzähle ich das?
11/ Weil wir das bei der intravenösen Regionalanästhesie ausnutzen.
12/ Als erstes wickeln oder drücken wir (meistens den Arm) so fest aus, dass wir das Blut aus den Gefäßen in den Rest des Körpers „schieben“, dann bringen wir eine spezielle Blutdruckmanschette mit zwei (!) Kammern an und pumpen die so fest auf, dass das Blut nicht wieder…
13/ …zurück kommt. Und dann spritzen wir in die leeren Venen ein lokales Betäubungsmittel.
14/ Und weil die Physik auf beiden Seiten das gleiche haben will, und der Grenzschutz das erlaubt, gelangt dieses Betäubungsmittel auch auf die andere Seite der Vene und in das umliegenden Gewebe Und was haben wir gelernt verläuft noch zusammen mit der Vene? Die Nerven!
15/ Und diese werden dadurch ebenfalls betäubt. Die Folge davon ist: der Arm und die Hand wird in dem Bereich ganz taub und wir können operieren. Leider hält das ganze nur für ca 1 ggf mal 1,5 h und geht daher nur für kürzere OPs.
16/ Zwei Problem gibt es noch: die Blutdruckmanschette so fest aufgepumpt tut weh: deswegen die zwei Kammern. Zunächst wird nur die obere zugemacht. Die Betäubung geht bis direkt an diese Kammer ran.
17/ Wenn wir nun nach erfolgreicher Anlage die untere Kammer zu machen - ist darunter alles betäubt und es tut nicht weh. Dann machen wir die obere auf und alles ist gut.
18/ Das zweite Problem ist das Medikament in der Vene - denn wenn man die Manschette aufmacht, wird es in den Körper gespült.
19/ Da dies potentiell richtig blöd werden kann - muss die Manschette mindestens 30 min geschlossen bleiben - damit es so verteilt ist, dass nicht zu viel auf einmal in den Körper kommt.
20/ Danach kann man langsam aufmachen - und bereits nach 15 min ist die Betäubung weg (und potentiell Schmerz da, also vorsorgen liebe Kolleg:innen).
21/ Dieses tolle Verfahren hat sogar noch einen Vorteil: es blutet nichts im Operationsgebiet, denn wir haben alles Blut ja vorher ausgewickelt.
22/ Und der Hinweis unter all meinen #MehrAlsNurKaffee Tweets darf nicht fehlen: diese Erklärungen hier sind teils deutlich vereinfacht und ersetzen keinesfalls ein Aufklärungsgespräch und eine entsprechend medizinische Beratung. Das kann und soll Twitter nicht leisten.
Ich sehe schon … das Thema war doch ein bisschen zu speziell 😜 selbst für meine #medibubble
@Propofolium - ich war da irgendwie im Flow und hätte noch einen :D
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1/ In #MehrAlsNurKaffee heute Abend gibts noch was über ein Basic und doch unverzichtbares Anästhesietool: Zugänge oder die Antwort auf die Frage “was bekomme ich da eigentlich?”
2/ Meine übliche, inzwischen mit rollenden Augen der Anasthesiepflege quittierte Antwort “Nudelwasser, nur die Nudeln hab ich raus sortiert, verstopft die Venen immer so sehr” trifft es leider nur begrenzt und ja ist auch eher ein flacher Witz - mea culpa.
3/ Das anästhesiologische Händeschütteln beginnt meist mit dem anbringen der Überwachung (EKG, Blutdruck, Sauerstoffgehalt im Blutt “Sättigung”) und dem obligatorischen mit Schrecken erwarteten venösen Zugang.
1/ #MehrAlsNurKaffee#Meducation So nachdem wir das Rückenmarks betäubt und den Tiefschlaf geklärt haben… weiter gehts mit der peripheren Regionalanästhesie
Dieses Thema ist so umfangreich, da könnte man hunderte 🧵 füllen aber ich versuche mal einen Überblick zu verschaffen.
2/ Wie schon erwähnt, kann man jeden Nerven den es so gibt betäuben- sinnvoll ist das allerdings nur bei manchen Nerven und an manchen Stellen.
3/ Praktischerweise hat die Natur (oder wer-auch-immer je nach Religionszugehörigkeit) ein paar Orte in unserem Körper versteckt, wo nicht nur ein einzelnen Nerv sonder mehrere Nerven auf einem Haufen zusammen kommen - wir nennen das Plexus.
OK - gestern hat @doktordachs eine Erläuterung zur Maske vor Narkosen und zum Einschlafen gegeben - da das Aufwachen bestenfalls im Preis mit drin ist - hier ein 🧵 wie es zum Ende der OP läuft und warum die meisten nicht wirklich in der OP wach waren. (1/12)
Wenn sich die OP dem Ende neigt (deswegen ist es wichtig, dass der/die Anästhesist:in den Eingriff und Operateur:in kennt!) wird man langsam die Medikamente, (2/12)
die fürs schlafen verantwortlich sind (Entweder das Narkosegas oder die Dauerinfusion) reduzieren und schließlich kurz VOR Ende der OP ganz ausschalten. Einige Medikamente darf man bereits deutlich vor Ende einer OP nicht nochmals geben, (3/12)
Woran merkst du ohne mit dem Chefarzt über #Elternzeit zu sprechen, dass in der Medizin „weil es schon immer so war“ gilt. @Propofolium und @Dana_Maresa_ haben bestimmt auch noch Beispiele
Röntgenbilder in der Medizin könnten genauso schön bunt wie die Bilder beim Zoll sein und damit deutlich schneller verschiedene Gewebe Differenzen zeigen, wir bleiben aber bei Graustufen, weil …
Kodan ist nur genauso braun gefärbt wie Jod, es ist keines drin- warum? Weil …