Thread by @pavel

Zwei Dinge, die mich an der derzeitigen Krisendiskussion stören:

1. Die Mitte der Gesellschaft (also auch ich) wird zu sehr entlastet und zu wenig belastet.

2. Niemand bereitet uns darauf vor, was tatsächlich noch kommen wird (Am Beispiel der Nebenkosten).

1. Wir sind ein enorm reiches Land; doch wenn es ans Sparen geht, dann sind wir alle alleinerziehende Krankenschwestern auf der Kinderonkologie im ländlichen Ostdeutschland. Viele Menschen in diesem Land (inkl. vieler Rentner:innen) haben ein materiell sorgenfreies Leben (2/n)

In dieser Krise müssen diese Menschen (und ja, ich zähle da auch zu) selbst für sich sorgen. Keine Entlastung, keine Unterstützung - das Schlimmste, was uns finanziell passieren kann ist auf den Skiurlaub zu verzichten und nur zwei statt drei Wochen im Sommer wegzufahren. (3/n)

Und das ist zumutbar. Und sogar noch mehr - was aber nicht geht: uns jetzt großzügig Geld geben, dass natürlich wir am Ende doppelt und dreifach über Steuern selbst bezahlen werden. Entlastung & Unterstützung für alle, die es brauchen - schnell, großzügig, dauerhaft (4/n)

2. Der eigentliche Preisschock kommt im April oder Mai 2023, wenn die Nebenkostenabrechnungen für 2022 ins Haus flattern. Denn bei Mietern darf der Vermieter die Nebenkosten erst nach Ende der Abrechnungsperiode anpassen ( § 560 Absatz 4 BGB) (5/n)

Bis zur kommenden Abrechnung zahlen wir also alle die alten Vorauszahlungen - die tatsächlich deutlich hören Kosten der Vermieter werden dann per Nachzahlung fällig. All die Preisanpassungen, die ihr gerade bei Twitter seht, sind von Eigentümern, nicht von Mietern. (6/n)

Und in Deutschland wohnen mehr als 70% zur Miete. Niemand wird das Geld, das *jetzt* zur Entlastung ausgezahlt wird, im kommenden Jahr noch haben und damit die Nachzahlung zu begleichen.

Wer Angst vor #HeisserHerbst hat, der weiss nicht, was ein #FeurigesFrühjahr ist (7/7)

In diesen Zeiten ist der Staat in einer extrem wichtigen Rolle: Denen zu helfen, die Hilfe brauchen. Aber es kann nicht darum gehen, auf Pump unseren Konsum-Wohlstand zu erhalten. Wir werden wieder bessere Zeiten haben - aber bis dahin müssen wir uns zurücknehmen.