Vorweg: Die neue Studie umreist die Forschungsgeschichte um die Sponsianus Münzen sehr gut. Was neu ist, ist die Gewichtung der Umlaufspuren und besonders die Untersuchung der Ablagerungen auf den Münzen. Letzteres ist ein wirklich spannender Ansatz. 2/16
Ich versuche im Folgenden nur einige Punkte kurz und verständlich darzustellen, die aus (persönlicher) numismatischer Sicht eine zu geringe Gewichtung erhalten haben bzw eine zu große. Vollständigkeit ist auf Twitter nicht möglich. 3/16
Dass die Münzen als Fälschungen des 18. Jahrhunderts betrachtet werden, hat gute Gründe und wurde nicht schlicht über Jahrzehnte ohne weitere Prüfung wiederholt. 4/16
Ein wichtiger Hinweis ist, dass die Münzen gegossen wurden und nicht geprägt, wie sie es eigentlich sein sollten. Mir ist kein Kaiser/Usurpator bekannt, der seine offiziellen Münzen gießen lassen hätte. Moderne Fälschungen wurden schon immer gerne gegossen. 5/16
Gilt aber auch für antike Fälschungen, was bedeutet, dass es sich natürlich immer noch um eine antike Fälschung handeln könnte. So oder so wäre es aber keine offizielle Prägung eines römischen Kaisers/Usurpators. 6/16
Stilistisch sind die Münzen des Sponsianus von den Münzen des 3. Jahrhunderts weit entfernt. Sie entsprechen noch am ehesten sog. Imitationen, die zwar in der Antike, aber außerhalb des Römischen Reiches hergestellt wurden .... 7/16
und im Bereich der heutigen Ukraine gefunden werden – ein ganz anderes und komplexes Thema. Aber auch hier wieder insbesondere deshalb nicht stimmig, da selbst diese Imitationen in der Regel nicht gegossen wurden. 8/16
Des Weiteren sprechen die Form der Buchstaben, die völlig unübliche Titulatur ebenfalls eher für eine moderne Fälschung. In diesem Fall nicht einmal für eine antike Fälschung, da man sich da sicherlich eher an etwas gehalten hätte, was bereits da war. 9/16
Bspw. die Rückseite der Münze, deren Vorlage die Rückseite einer römische Silbermünze ist, die aber knapp 400 Jahre vorher datiert. Es ist möglich, dass die Vorlage zu der Zeit bekannt war, aber ... 10/16
eben durchaus und eher wahrscheinlich, dass diese Silbermünze aus einer modernen Sammlung stammte und genutzt wurde, eine Gussvorlage herzustellen. Eine Rückbesinnung auf dieses Motiv ergibt im 3. Jahrhundert für mich überhaupt keinen Sinn. 11/16
Die zentralen Punkten der Studie, der Umlauf- & Ablagerungsspuren:
Umlaufspuren zu interpretieren war schon immer schwierig, nicht nur weil auch sie gefälscht werden können. Auch weil eine Münze wenig Abnutzungsspuren aufweist, ... 12/16
...heißt es nicht, dass sie kaum umgelaufen wäre usw.
Dass die Abnutzungs- bzw. Umlaufspuren ebenfalls nicht schlüssig als Beweis für Authentizität genutzt werden können, wird aber auch in der Studie zugegeben, da u. a. publizierte Untersuchungen zu dem Thema fehlen. 13/16
Das Thema der Ablagerungen auf den Münzen ist tatsächlich am interessantesten, aber für mich auch methodisch am wenigsten nachzuvollziehen.
Es werden die Ablagerungen auf den zu prüfenden Münzen untersucht und mit Ablagerungen von echten Prägungen verglichen. 14/16
Besonders bei Kabinettstücken kennen wir die Objektgeschichte bzw. -biographie häufig kaum. Selbst wenn die Ablagerungen sich ähneln, sagt das kaum etwas darüber aus, wie lange diese Stücke irgendwo in der Erde gewesen sein könnten oder gar wie oft. 15/16
Bis eine Münze von ihrer Auffindung im Museum landete, konnten Jahrzehnte oder gar mehr Zeit vergehen.
Für mich stellt sich daher die Frage, ob es eine moderne Fälschung ist oder eine antike Imitation. In beiden Fällen wäre die Existenz von Sponsianus nicht bewiesen. 16/16
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At the first place, the new study outlines very well the history of research around the Sponsianus coins. What is new is the emphasis on circulating marks (wear) and especially the study of superficial deposits on the coins. The latter is a really exciting approach. 2/15
I try in the following to present only some points briefly and comprehensibly, which from a (personal) numismatic point of view have received too little weighting or too much. Completeness is not possible on Twitter. 3/15