Thread by @HasnainKazim

Es ist immer wieder faszinierend wie auch erschreckend, wie wenig gute Debatten, kluge Auseinandersetzungen, konstruktive Schlagabtausche heutzutage geführt werden. Selbst intelligente Menschen - oder solche, die man dafür hält - können das nicht.
Ein aktuelles...

...Beispiel.
@AhmadMansour__ , Autor und Psychologe, deutsch-israelisch, arabische Herkunft, befasst sich mit Islamismus und Radikalisierung und was man dagegen tun kann. Viele loben ihn dafür, verleihen ihm Orden und Ehrendoktorwürden, während seine Kritiker ihn bei den...

...deutschen Rechten verorten und ihm vorwerfen, antiislamisch zu sein.
Am Mittwoch, vor dem Fußballspiel Frankreich gegen Marokko, hat Mansour auf Twitter ein Foto eines marokkanischen Spielers veröffentlicht, der seine Mutter umarmt. Dazu hat er geschrieben: "Bei aller Liebe...

...zu den Müttern weltweit: Diese Verehrung, man kann es schon als Unterwerfung bezeichnen, gegenüber den Müttern der marokkanischen Spieler ist Ausdruck patriarchalischen Denkens und Erziehungsmethoden und muss psychologisch kritisch betrachtet werden. #Mutter"
So weit, so...

...gut, beziehungsweise: So weit, so blöd.
Mansour hat natürlich, ganz allgemein gesprochen recht mit der Feststellung, dass patriarchalische Strukturen ein Problem sind in Marokko oder, größer gesprochen, in der arabischen Welt oder, noch größer, in der islamischen Welt. Das...

...aber nun ausgerechnet vor einem Fußballspiel Frankreich-Marokko zu thematisieren und dazu ausgerechnet ein Foto eines Spielers herauszusuchen, der vor Freude seine Mutter umarmt, ist, nun ja, ziemlich bescheuert. Das Foto ist eher herzerwärmend denn besorgniserregend oder...

...furchteinflößend. (Ich dachte kurz: Es wäre schön, wenn mehr Typen ihre Mutter so respekt- und liebevoll behandeln würden...)
Das könnte man also kritisieren: dass Mansour da übers Ziel hinausschießt, der er dummes Zeug redet, dass er ein Stück weit ignorant ist und den...

...Fans des marokkanischen Fußballs die Freude vermiesen will. Man könnte seine Aussage aber auch einfach ignorieren, denn sie ist nicht intelligent, sie ist, in diesem Zusammenhang jedenfalls, falsch, sie ist nicht konstruktiv. Und wenn man der Überzeugung ist, Mansour wolle...

...nur Aufmerksamkeit erzeugen mit dieser zugespitzten Aussage, dann wäre die klügste Reaktion in diesem Falle tatsächlich, die Aussage zu ignorieren und Mansour auf keine Bühne zu heben.
Aber was passiert? Das Gegenteil
Der Aktivist @alicanglobal schreibt: "Ahmad Mansour ist...

...die Personifikation von dem instrumentalisierten Quoten Moslem, der im Deckmantel von 'Kritik' rassistische Nischen in konservativ-rechten Räumen besetzt. Jeder intellektuelle Take ist getrieben von einer Sucht nach einem 'bessermigrantischen' Alleinstellungsmerkmal...

...innerhalb der dt. Leitkultur, führt zu Othering und fußt auf doppelten Maßstäben."
@nareksisiX, Leiter des "Nationalen Diskriminierungs und Rassismusmonitors", schreibt: "diejenigen tokens die aus der reproduktion von rassismen ein geschäftsprinzip gemacht haben werden von...

...staatlichen institutionen als sog. experten angehört. das ziel ist klar: wenn 'die' das sogar über sich 'selbst' sagen dann ist das auch wahr. es ist ein trauerspiel."
Politikwissenschaftler @tabouchadi nennt Mansours Äußerung "Rechtsradikalismus schön zugänglich verpackt...

...für die sogenannte bürgerliche Mitte. Der deutsche Pim Fortuyn..." [Der niederländische Rechtspopulist Fortuyn wurde übrigens 2002 von einem militanten Tierschützer erschossen; Mansour wird seit Jahren von extremistischen Islamisten bedroht und steht unter...

...Personenschutz; Anmerkung H. K.]
Man könnte hier zig andere aufzählen, denn nahezu jeder aus der eher linken, migrantischen Ecke äußert sich dazu und trägt dazu bei, die - unsinnige - Äußerung Mansours auf die große Bühne zu heben.
Viele nennen Mansour "geisteskrank",...

...einen "gottverdammten hurensohn", "ekelhafter möchtegern zionist" und so weiter und so fort. Und viele finden seine Äußerung "unerträglich", "schwer zu ertragen", "nicht auszuhalten".
Inhaltlich kritisiere ich Mansour für seine Äußerung, siehe oben. Aber Leute: Geht's noch?...

..."Token" ist so ein von Linken verwendetes Wort, das Leuten wie Mansour vorhält, so etwas wie eine Marionette, ein Feigenblatt, ein "Vorzeigeausländer" zu sein. Dieses Wort offenbart ein Denken wie das von Rechtsextremisten, die auch ständig von "Quotenausländern" labern. Im...

...Fall von Mansour wird er direkt "Quotenmoslem" genannt. Und er wolle nur "den Rechten" beziehungsweise "den Deutschen" gefallen.
Noch einmal: Ich finde, man soll Mansour kritisieren für seine Aussage. Aber kann man ihm bitteschön zugestehen, dass er einen eigenen Standpunkt...

...hat und ihn nicht äußert, um irgendwem zu gefallen? Was soll dieser Blödsinn? Warum reden die - in diesem Falle: linken - Kritiker wie Rechtspopulisten, die jemanden wie Mansour als "Ausländer" brandmarken, weil ihnen seine Worte nicht passen? Was soll das?
Und in einer...

...Demokratie ist grundsätzlich alles auszuhalten und zu ertragen. Solange es nicht extremistisch ist. Ist das Mansours Aussage? Sie ist, wie ich finde, kritikwürdig, aber nicht extremistisch. Also auszuhalten.
Kritisiert, aber tut das bitte mit Verstand und vernünftigen Worten!