12/23 „Ach, Merlin, du Tolpatsch“, schimpfte Anna verschlafen. „Komm da weg, du verletzt dich noch.“ Sprach es, hob mich hoch und setzte mich auf den hohen Küchenschrank, wohlwissend, dass ich da alleine nicht mehr herunterkam.
13/23 Verärgert fegte sie die Scherben zusammen, räumte kommentarlos das restliche saubere Geschirr weg, machte sich einen Kaffee und setzte sich an den Küchentisch. Mich hatte sie derweil offensichtlich vergessen.
14/23 Ich ließ ihr einen Moment und versuchte dann, mich durch ein energisches Miau in Erinnerung zu rufen. Nichts. Keine Reaktion. Auch Miau Nummer 2 und 3 drangen nicht zu ihr durch. Sie hing todmüde über der Kaffeetasse und schien mich nicht zu hören.
15/23 Von jemand anderem innen konnte ich keine Hilfe erwarten, ich spürte, dass sich alle verkrümelt hatten, da Anna eindeutig sehr schlecht gelaunt war. Na, super. Das würde in den nächsten Minuten zu einem Problem werden, denn auch magische Katzen müssen mal.
16/23 Es war meine doch sehr missliche Lage, die dazu führte, dass mir der Satz: „Anna, hättest wohl du die Güte, mich hier wieder herunterzuholen?“ entfuhr. Laut. Sehr laut. So laut, dass Anna zusammenschreckte und zu mir hochblickte:
17/23 „Ach, entschuldige, Kleiner, hab dich ganz vergessen.“ Sie stand auf, hob mich vom Schrank und behielt mich auf dem Arm. Im ersten Augenblick dachte ich noch, Anna sei einfach zufällig in jenem Moment aus ihrem fast trance-ähnlichem Zustand aufgewacht.
18/23 Doch weit gefehlt. Wir sahen uns direkt in die Augen. Lange. Schließlich sagte sie: „Du kannst wirklich sprechen, oder? Ich bilde mir das nicht ein?“ „Ja, ich kann sprechen. Und eine Menge anderer Sachen“, antwortete ich leise.
19/23 Anna nickte, ließ sich mit mir zusammen auf den Küchenstuhl fallen und begann zu weinen. Ich hätte am liebsten mitgeweint, so froh war ich. Annas Abwehr war endlich gefallen, vielleicht weil die Erschöpfung so unendlich groß war, vielleicht aus anderen Gründen.
20/23 Ich weiß es bis heute nicht. Fakt war, dass es von nun an für uns beide wesentlich einfacher werden würde. Zunächst flitzte ich allerding erst mal schnell Richtung Katzenklo – und dann saßen wir über Stunden am Küchentisch und redeten und redeten.
21/23 Wir hatten uns eine Menge zu erzählen. Seitdem haben wir ein morgendliches Ritual. Während Anna morgens den ersten Kaffee trinkt, schlummere ich noch ein bisschen auf ihrem Schoß. Beim zweiten Kaffee gehen wir den Tag zusammen durch und gucken, …
22/23 … ob und wobei sie Hilfe braucht, oder philosophieren über das Leben. Ich mag diese Zeit am Tag sehr gern. Und ja, das war es definitiv wert gewesen, ausgerechnet Annas Lieblingstasse zu zerdeppern, auch wenn sie mir das bis heute noch manchmal vorhält.
23/23 Es grüßt euch herzlich euer Merlin🐾.
Alle Rechte an dieser Geschichte liegen bei der Accountinhaberin.
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#MerlinsTagebuch#DIS#kPTBS#Katzen#Märchen#Geschichten#Fantasy#Trauma
12.01.23
1/23 Miau und hallo, meine zauberhaften Leser:innen, ich musste gestern mal wieder an einen besonderen Tag mit Anna zurück denken. Ich lebte damals so etwa 2 bis 3 Jahre bei ihr und den anderen.
2/23 Es war eine schlimme Zeit: Anna steckte mitten in den Prüfungen, hatte Ärger im Job und noch einiges mehr am Hals – und war vor Erschöpfung am Ende; besonders die Angst, die Prüfungen zu vergeigen, überschattete alles, und Anna schlief kaum noch.
3/23 Ich hatte zu diesem Zeitpunkt bereits zu vielen Innenpersonen einen guten Kontakt und unterstützte, wo ich nur konnte. Nur zu Anna selbst war ich noch nicht durchgedrungen. Schließlich kam der letzte Prüfungstag und …
IV.71 „Anna hat dann am Bahnhof wieder übernommen, als ich nicht weiter wusste. Ihr fehlt nur n ganz bisschen Zeit. Aber sie ist trotzdem ganz doll unglücklich. Immer mach ich alles falsch. Bist du böse?“, mit großen Augen sah mich Lia ängstlich an.
IV.72 „Nein, überhaupt nicht“, rief ich aus und fing an, beruhigend zu schnurren, während ich mich an sie schmiegte. „Niemals, du hast das toll gemacht“, versicherte ich ihr immer wieder. Irgendwann angelte sie die Murmel aus der Hosentasche und erklärte:
IV.58 Drei Wochen später war es soweit, Anna und die anderen brachen auf und ich blieb voller Sorge allein in der Wohnung zurück. Normalerweise kann ich in allen Lebenslagen schlafen, doch nicht an jenem Sonntag. Vor dem späten Nachmittag …
IV.59 … konnte ich nicht mit ihrer Rückkehr rechnen und so tigerte ich nervös Stunde um Stunde auf meinen nervigen Babypfoten durch die Wohnung. Damals ließ Anna mich noch nicht raus, weil ich noch so klein sei. Ja, genau das war das Problem, verflixt noch mal.
IV.45 „Dann geht nur eins. Ich mache das. Ich überrede Anna bei der Planung für das Wochenende zu einem Ausflug nach Potsdam. Du sagst mir, wo das Café ist und ich mach das dann.“ Skeptisch starrte ich Lia an: „Das kriegst du hin?“
IV.46 Lia nickte. „Ich kann das gut, mich nach vorne drängeln. Ist halt für Anna nicht so toll. Wir üben ja gerade ganz doll, dass uns das nicht mehr passiert, wenn wir nicht zu Hause sind. Klappt auch ganz gut. Mit Absicht nach vorne, is schwierig. Krieg ich aber hin.“
IV.28 Die nächsten Abende nutzte ich also, um Lia mehr über mich zu erzählen. Die Kleine ist clever für ihr Alter und so verstand sie Abend für Abend mehr. Und die Geschichten aus dem Zauberwald, dort bin ich geboren, liebt sie bis heute. Ist aber auch schön da.
IV.29 Moment, ich habe doch tatsächlich neulich ein Foto davon in diesem Internet gefunden. Der Rat der Magischen Tiere wird das nicht gutheißen (😼), aber ich zeig‘s euch trotzdem mal:
IV.14 Also, wo waren wir? Ach, ja, ich war dabei das System kennenzulernen, ein Begriff, der manchmal für Menschen mit DIS genutzt wird, wenn eins alle Innenpersonen meint. Das war eine spannende Zeit und es ist notwendig, dass ihr ein bisschen was darüber erfahrt.
IV.15 Dass Anna der sog Host, auch ANP (anscheinend normale Persönlichkeit) o. schlicht Alltagsanteil genannt, ist, war sofort offensichtlich. Ich bevorzuge genau wie Anna den letzten Begriff. Scheiß-Job, kann ich da nur sagen. 24/7 im Dienst, ohne Anspruch auf Urlaub oder Pause.