Ok, da ich mehrfach gefragt wurde aufzuzeigen bei welchen Material bedarf für Hilfslieferungen besteht. Versuche ich hier meine Erfahrungen beizusteuern.
Ein (doch nicht) kleiner Thread
1/
Um richtig helfen zu können sind die Schlüsselworte meines Erachtens Evaluation, Koordination und Cooperation.

Damit meine ich, herauszufinden was benötigt wird, wie es wo hin muss und wie man am besten mit anderen Helfern und Organisationen zusammen arbeitet 2/
Gerade im Laufe des letzten Jahres habe ich sehr viel Hilfsbereitschaft aus anderen Ländern und aktive Helfer vor Ort erlebt, was super ist.
Aber nur helfen um des Helfens Willens ist nicht unbedingt hilfreich, wenn man oben genannte Grundsätze beachtet. Ein paar Beispiele:
/3
Zielort: Viele Organisationen steuern Lviv oder Kiyv an. Nur war Lviv nie Frontnah und Kiyv ist es bereits lange nicht mehr. Man erreicht nicht direkt bedürftige sondern muss einen verlässlichen Partner vor Ort finden der weiterverteilt. Reibungsverluste treten ein. /4
Auch in Frontnähe konnte ich viele Fehler beobachten. Im Nachgang der Kharkivoffensive erlebte ich wie viele große u. kleine NGO'S. Teilweise mehrfach die gleichen Orte belieferten während andere Dörfer leer ausgingen. Wer liefert, bitte mit anderen abstimmen. /5
Zum größten Thema: Was liefern. (Wird lang) Zuerst sollte man evaluieren wen man beliefert und deren Bedürfnisse. Zivil, Militär, Medizinische oder öffentliche Einrichtungen. Und selbst dort gibt es noch zig Unterkategorien die Beachtung bedürfen. Am besten Fragen. /6
Ich fange einfach mal an.
Lebensmittel. Ich habe viel nutzloses in Hilfstransporten gesehen. Lebensmittel scheinen auf den ersten Blick gut, sind in diesem Fall nicht unbedingt hilfreich. Das Land produziert 9% des globalen Getreides. Grundnahrungsmittel sind nicht das Problem/7
Wer Dinge wie Mehl oder Zucker quer durch Europa herfährt verschwendet Stauraum, Sprit u. Geld. Wenn Bedarf gefunden wird ist es effizienter dies aus einem Nachbaroblast zu besorgen. Anderes Spezialnahrung. Babynahrung, Sondernahrung der Medizin o. Mil. MRE's /8
Bekleidung: Im Zivilen Bereich sehe ich keine große Priorität und erst Recht keinen Sinn darin kostenintensiv Altkleidersammlungen zu transportieren.
Mil: Vor allem Saison angepasst. Winter und Schnee ist durch. Jetzt kommt Schlamm. Regenkleidung, Gators, drybags etc. Sinnvoll /9
Medizinisch:

Auch hier saisonale Erkältungs-, u. Grippemedikamente.
Ansonsten alles was zur Weiterversorgung im Krankenhaus hilft oder in der Langzeitpflege.
Das kann alles von Infusionen bis Erwachsenenwindeln sein je nachdem wo man hinliefert.
/10
Im Mil. Bereich liefern viele bereits IFAKS & Tourniquets. Ist gut, kann man machen. Wirklich Bedarf ist Combatmedic Ausstattung, welche gerne übersehen wird:
Junctional Tourniquets
Cric Key Kits
Abdominal dressings
Pocket Bag Valve masks
(Soft) Stretchers
Burn dressings

10/
Ausrüstung:
Wichtig ist das z.B. Pouches für MOLLE ausgelegt sind. Das ist gängig hier. Vorläufersysteme (z.B. Lochkoppel) sind oft nicht untereinander kompatibel.

Was selten ist:
Granaten Pouches
Radio Pouches
Assault -, Day - Backpacks
Admin Pouches
MG-Belt Pouches

11/
Schutzausstattung:
Was hierbei am meisten bringen würde und selten ist, sind leichte ballistische Schutzplatten. Keramik lvl. 4 Standalone oder vergleichbares. Metallplatten sind mittlerweile gut zu bekommen, Bewegen sich aber oft in der Gewichtsklasse Bandscheibenvorfall 12/
Helme sind größtenteils vorhanden.
Schutzbrillen und Aktivgehörschutz sind hingegen rar.

Waffen: kann man wahrscheinlich kaum helfen (illegal und so).
Wo man helfen kann sind z.B. Optiken. Die Masse nutzt noch Ironsights. Bedarf:
- Reflexvisiere
- Scopes (n. Absprache)
13/
Elektronik:
Generatoren und Powerbanks (große wie Ecoflow) werden grundsätzlich überall benötigt.

Ein Starlink für eine Einheit ist Gold wert.

Von handelsüblichen Funkgeräten bitte absehen (schon gesehen).
Diese sind nicht Kryptiert und daher gefährlich für den Nutzer. 14/
Was manchen Einheiten wirklich helfen kann, sind PTT Systeme für die Funkgeräte. Dort dann aber absprechen welche passen.

Nun die größten Posten: NVG's, Drohnen, Fahrzeuge. Das könnten Threads für sich selbst sein, Versuche es aber runterzubrechen.

15/
Nachtsichtgeräte:
Ohne ist man nachts definitiv unterlegen. Daher extrem wichtig, aber auch kostspielig und man kann einiges falsch machen.
Vor allem wenn man am falschen Ende spart. Denn hier gilt: Qualität kostet.
Es muss min. Gen 2 sein.
Ich erläutere:

16/
Gen. 1 umschreibt Geräte welche IR-Strahlen nutzen. Solche sind bereits ab 300€ zu haben. Wer nun aber meint er könnte so möglichst viele ausstatten, erweist jenen damit aber einen Bärendienst. Den die IR-Strahlen wenn auch unsichtbar für das bloße Auge, 17/
Sind extrem gut für andere NVG'S sichtbar. Der Nutzer leuchtet wie ein Weihnachtsbaum und zieht das Feindfeuer auf sich.

Simple Gen. 2 Monokulare gehen ab 3000€ los, Dual-Tubes ab 5000€.
Jene mit besserer Auflösung von (Mono) 6000€, (Dual) 11000€.
18/
Wichtig ist es die Details zu betrachten. Schon geringe Preisunterschiede kommen auf Kosten von Sichtfeld, Linsengröße, Auflösung etc.
Einfache Modelle reichen für reguläre manchmal Einheiten oft aus. Spezialisierte brauchen höhere Auflösung um den Job erfüllen zu können. 19/
Drohnen:
Nicht ganz mein Metier aber es verhält sich ähnlich wie bei den NVG's. Leistung kommt zu einem Preis.
Basismodelle reichen höchstens um sich tagsüber eine Übersicht zu verschaffen. Einheiten die Aufklärung, Feuerleitung o. DropOps durchführen benötigen Modelle mit 20/
Thermalobjektiv, stärkerer Batterie oder Traglast.

Fahrzeuge:
Alle Einheiten nutzen Zivile Modelle, den der Bedarf an Mobilität und Transportvolumen ist immens.

So allerdings auch der Verschleiß durch Nutzung und Feindeinwirkung. 21/
Die Werkstätten sind voll. Helfen kann man mit Ersatzteilen oder ganzen Fahrzeugen.

Bei Ersatzteilen am besten in Kontakt mit einer Einheit oder Werkstatt aufnehmen, denn aufgrund der Typenvielfalt bringt es nichts auf gut Glück zu liefern.
22/
Ideal wäre es z.B. mit dem gesammelten Budget auf Standby zu stehen und bei Bedarf die Teile erwerben und loszuschicken.

Bei gespendeten Fahrzeugen habe ich leider schon viel Mist gesehen.
Oftmals werden irgendwelche Gebrauchtfahrzeuge erworben, welche dann vor Ort 23/
Fehler offenbaren oder liegen bleiben. Diese müssen dann wieder kostenintensiv in Werkstätten repariert werden oder schlimmer noch im Einsatz technisch ausfallen. Sowas kann unter Umständen tödlich enden.
Besser ein vernünftiges fahrtüchtiges Fzg. senden statt drei schrottige 24/
Ideal wären Geländegängige Fzg. mit Dieselmotor. Z.B. Pickups oder SUV's. Aber auch Kastenwagen, Pritschenwagen, Bullis, Busse und LKW's haben ihren nutzen.

Soweit zu meinen Eindrücken. Viel aber vielleicht nicht alles.
Bei Detailfragen kann ich ggf. Antworten 25/

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Jan 24
Da quasi jeder derzeit nur über Leo 2 redet gebe ich hier auch kurz meine Meinung (!) diesbezüglich kund. 🧵

Kurz:
- Finde den Focus auf MBT' falsch
- Leo 1 sinnvoller als Leo 2 (2 aber nicht sinnlos!)
- Polens Vorstoß politisch interessant

Ich erläutere dies:

1/ Image
Erstmal erachte ich die auf Kampfpanzer (KPz) fokussierte Diskussion, als irreführende Ablenkung für effektive Unterstützung
KPz sind in dem wofür sie gebaut sind (Kampf gegen andere Panzer, mobile geschützte Feuerunterstützung) sehr gut, in allem anderen hingegen sehr schlecht.
Daher sind diese auf den Verbund mit anderen Waffensystemen und Truppengattungen angewiesen.
Mann kann nicht erwarten das KPz einen großen Effekt erzielen, wenn man das notwendige drumherum nicht auch Ertüchtigt.
3/
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