Großazzia in der sächsischen Kleinstadt #Colditz: 225 Zollfahnder und Bundespolizisten durchsuchen seit dem Morgen die Liegenschaften der Familie N., die Jahre das Zentrum der aggressiven Neonaziszene in der Region bildete. Der Verdacht: Drogenhandel.
Nach MDR-Informationen wurden Waffen gefunden sowie eine Marihuanaplantage im Ortsteil Hohnbach (Foto) entdeckt. Außerdem beschlagnahmte der Zoll einen Lamborghini und einen Mercedes bei den vermeintlichen Sozialhilfeempfängern.
Ralf N. (66) wurde am Morgen in seinem Haus von der ZUZ, dem „SEK“ des Zolls, festgenommen. Wie seine Söhne (35, 38) ist er x-fach vorbestraft - wegen Körperverletzung, Fahrens ohne Führerschein, Beleidigungen. Der jüngere Sohn wurde 2014 mit 1,8 kg Crystal gefasst; 4 J 8 M Haft.
Morgen sollen die 3 N.-Männer dem Haftrichter vorgeführt werden. Über weitere Funde wollen Zoll + Staatsanwaltschaft später informieren. Die ehem. Holzhändlerfamilie erwarb in den vergangenen Jahren immer wieder Grundstücke, ein Sohn schaukelte im Hummer durch die Innenstadt.
Jemand aus Colditz schrieb mir heute: „So ein schöner Tag!“ Bis in die 10er Jahre war Colditz eine Angstzone für Nichtrechte und Linke und ein Wegduckfeld für Behörden. Bis heute fürchten sich viele vor Familie N. und ihrem Umfeld. Längerer Hintergrund („kreuzer“ Leipzig 2017):
Nach dem Artikel sprach mich ein Mann in Leipzig an. Ich kannte ihn, wusste aber nicht, dass er aus Colditz ist. Er erinnerte sich an ständige Überfälle, zB an der Tankstelle. Ein Ex-Colditzer meldete sich aus FFM. Er habe seine Jugend verdrängt, u.a. das Überfallenwerden im Klub
Selten hat mich eine Geschichte so verfolgt. Die tiefe Traurigkeit von Menschen, die sich gewehrt hatten und von Staat + Stadtgesellschaft im Stich gelassen wurden. Die bleibenden Ängste und Verletzungen von Leuten, die von den Neonazis vertrieben wurden bzw. nur noch weg wollten
Eine Polizei, die nur in Einzelfällen gegen die Neonazis vorging. Fehlende OK-Bekämpfung in der Peripherie. Die zuständige Staatsanwaltschaft Leipzig (Außenstelle Grimma), die - lange und oft - nicht sonderlich engagiert ermittelte. Und unverständlich milde Amtsrichter in Grimma.
2018 passierte Interessantes in Colditz: Zur Bürgermeisterwahl trat der Sohn des scheidenden Stadtoberhaupts an. Mehrere Einwohner meldeten sich unabhängig voneinander + warnten. Es drohe der Einzug der Neonazis ins Rathaus, weil der Sohn seinen Wahlkampf von einem Rechtsextremen
managen lasse. Der Mann bestritt mir gegenüber, je eine solche Gesinnung gehabt zu haben. Zwei Betroffene erinnerten sich an Gewalt durch eine Gruppe von Neonazis, zu der er gehört habe. Dann die Überraschung: Ein junger, wenig bekannter Jurist gewann im ersten Wahlgang. Der
Bürgermeistersohn wurde Dritter. Mein Eindruck damals: Durch Mund-zu-Mund-Propaganda hatten Einwohner einander alarmiert. Und so wenige sich auch öffentlich positionieren mochten; eine Mehrheit wollte auf jeden Fall Neonazi-Einfluss im Rathaus verhindern.
Unter denen, die sich 2018 sorgten, war auch der frühere FDP-Bürgermeister (jüngst verstorben). Er hatte sich den Neonazis in seiner Amtszeit kaum entgegen gestellt. Als Grund nannte er mir Angst. Er war selbst von ihnen, u.a. von Vater N., bei einem Stadtfest verprügelt worden.
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Wir fahren mit einem Bus voller Kinder und Frauen von Lwiw zur polnischen Grenze. An Bord ist es ganz still, als würden alle nochmal innerlich durchgehen, was sie zurücklassen müssen. Überall Kontrollstellen (Blokposti) und Panzersperren. Und dieser Spruch: „Russisches Schiff,
fick dich!“ Die überlieferte Antwort eines ukrainischen Soldaten, nachdem die Crew eines russischen Kriegsschiffes die 13-köpfige Grenzschutzbesatzung der Mini-Insel Zmiiny im Schwarzen Meer per Funk zur Kapitulation aufgefordert hatte. Die Grenzschützer wurden nicht getötet, wie
zunächst behauptet und vorhin auch von mir verbreitet (sorry für die Fakenews, danke für die Hinweise), sondern gefangen genommen. In der Ukraine ist der Spruch längst Legende und auf den Straßen allgegenwärtig.
Gestern Mittag schreibt mir Yousef. Ein Syrer, der über Belarus nach Polen floh.„We need a warm place.“ Er und eine ältere Person würden sich im Wald verstecken. Er schickt den Standort (dort sind -8 Grad). Der liegt in der Sperrzone, die Polen an der Grenze eingerichtet hat.
In diese Sperrzone dürfen seit Monaten nur Militär und Einwohner. Keine humanitären Organisationen, keine Ärzte, keine Journ. - und nicht einmal die UNO (s. embedded Tweet). Anwohner und Migranten berichteten uns, dass aus der Zone immer wieder Pushbacks nach Belarus erfolgen.
Yousef und sein Begleiter müssen mit einem sofortigen Pushback rechnen, ohne überhaupt einen Asylantrag stellen zu können. Deshalb verstecken sie sich. Wie es ihnen geht? „Our situation is in the middle“, schreibt Yousef. Eine humanitäre Helferin antwortet, man könne nicht zu den
Seit einer Woche sind wir vom Dreh auf Malta zurück. Eine Begegnung geht mir nicht aus dem Kopf. Wir laden Kameratechnik ins Taxi. Der Fahrer fragt, was wir machen. Eine Doku über Migranten auf Malta. Er startet. Ich erzähle euch meine Geschichte: Es war der 11. Oktober 2013.
Ich war 17 und mit etwa 400 anderen Syrern (und Palästinsern aus Syrien) auf einem Fischkutter, der uns von Libyen nach Europa bringen sollte. Die Schlepper hatten uns wie Tiere in Containern ohne Fenster zum Strand gefahren. Es gab nur ein kleines Beiboot, so dass es Stunden
dauerte, bis alle an Bord waren. Ich saß auf dem Deck. Auf der Fahrt wurden wir von einem libyschen Boot beschossen. Durch die Löcher drang Wasser in den Schiffsrumpf ein. Einige von uns riefen die Küstenwachen von Italien und Malta an. Ein Aufklärungsflugzeug kam und drehte ab.
Kurzer Videoschnipsel-Rückblick auf #le2111. Mein Blickwinkel war eingeschränkt. Wir haben ausschließlich „Querdenker“ und Rechtsextreme in der Innenstadt begleitet. Part 1: 15:38 Aufruf „Jetzt gehts zum Rathaus“ an der Nikolaikirche. Keine Polizei vor Ort.
Part 2, 15:42: Zug 1 von der Nikolaikirche vereint sich mit Zug 2 in der Reichsstraße. Auch hier noch keine Polizei. Ganz vorn dabei: Holocaust-Leugner Nikolai Nerling (am Uni-HH hatte er zuvor mit einer Kameradschaft fürs Foto posiert). #le2111
Part 3, 15:53 Polizei riegelt Ecken des Markts ab, „Querdenker“ stecken fest. Betrunkene Jungnazis antworten Gegenprotest mit „Es gibt ein Recht auf Nazipropaganda!“ (Später riefen sie dann, sie seien keine Nazis.) #le2111
Arnsdorfs Bürgermeisterin geht zum Ende Nov in den Ruhestand. Martina Angermann war jahrelang Hetze von Rechtsaußen ausgesetzt; seit Febr ist sie krank. Den Antrag auf Ruhestand wg Dienstunfähigkeit stellte sie am 11.10. - also unabhängig vom später angekündigten AfD-Abwahlantrag
Die SPD-Politikerin (61) war seit 2015 (im selben Jahr war sie zum zweiten Mal mit >70% wiedergewählt worden) in Gemeinderatssitzungen, auf Bürgerversammlungen und im Internet von Gegnern eines möglichen Asylbewerberheims (das nie kam) immer wieder verbal attackiert worden.
Dabei taten sich u.a. hervor: Ein Ex-AfD-Politiker, der selbst auf einem seiner Grundstücke ein Heim für traumatisierte Flüchtlinge einrichten wollte. Nach der Ablehnung des Plans (inkl. eines üppigen Tagessatzes pro Flüchtling) durch den Landkreis erkor er Angermann zur Feindin.
Heute vor 20 Jahren wurde im sächsischen Oberlungwitz Patrick Thürmer von zwei Neonazis erschlagen. Er wurde 17 Jahre alt. Die Täter kamen aus dem rechtsextremen Türstehermilieu der Region Chemnitz. (Thread)
01.10.1999: Punkkonzert im Jugendhaus "Off is" in Hohenstein-Ernstthal. Ca. 200 Besucher. Danach, es ist kurz nach Mitternacht, wird ein Paar, das zum Bahnhof will, von Neonazis angegriffen. Er wird massiv gegen den Kopf, sie in den Rücken getreten - beide müssen ins Krankenhaus.
02.10. ca. 01:00 30-50 wütende Punks ziehen vom "Off is" zur 100 m entfernten Disko "La Belle", in dem die Schläger vermutet werden. Sie greifen mit Zaunlatten, Flaschen und Steinen an. Die Türsteher des Hoonara-Gründers Thomas Haller wehren sie ab. Es gibt beiderseits Verletzte.