Welche Investitionsanreize & Verteilungswirkungen gehen von einer CO2-Bepreisung aus, die #Klimaneutralität erreichen soll? In einer @MCC_Berlin -Kurzanalyse haben wir Größenordnungen und Herausforderungen zur Implementierung zusammengestellt (1/n) 🧵
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Zunächst: Mit welchen CO2-Preisen können wir rechnen? Im EU-ETS bilden die Terminkontrakte erwartete CO2-Preise dar (ab 2031 können diese nach der Hotelling-Regel extrapoliert werden). Im Verkehrs- und Gebäudesektor gibt es derzeit noch keinen zielkonsistenten ETS 🫤 (2/n)

Ab 2027 soll jedoch der ETS-II für Verkehr & Gebäude etabliert werden – mit Höchstpreis von 45€/t, der jedoch nur kurzfristig greifen soll (sonst Zielverfehlung). Ist die CO2-Bepreisung klimapolitisches „Leitinstrument“, geben Grenzvermeidungskosten eine Orientierung (3/n)

CO2-Preise im ETS-II könnten im Bereich 200-300 Euro ab 2027 liegen (siehe ariadneprojekt.de/media/2021/12/… von @RobertPietzcker et al.).
Werden zusätzlich Emissionen durch Ordnungsrecht, Standards oder umfangreiche Förderprogramme gesenkt, wären die CO2-Preise niedriger. (4/n)

Umgekehrt könnten CO2-Preise auch höher ausfallen, wenn komplementäre Markt- und Politikversagen (z.B. Anreizprobleme im vermieteten Gebäudebestand, unzureichender Ausbau Netz- und Ladeinfrastruktur, Myopie, Friktionen in Kreditmärkten etc.) nicht behoben werden. (5/n)

Die resultierenden Endkundenpreise für Sprit steigen mit den CO2-Preisen deutlich - Richtung 3€/l bis 2045 (Annahme in der Grafik: reale Preise wären sonst auf langfristigem Niveau). Verbrenner-PKW im Bestand dürften damit ohne efuels wohl kaum noch fahren. (6/n)

Die Endkundenpreise für Heizöl und Erdgas steigen ebenfalls kräftig und sind mit den Preisanstiegen in der Energiekrise 2022 vergleichbar – nur deutlich persistenter. (7/n)

Die CO2-Bepreisung generiert erhebliche Einnahmen – aufgrund der sinkenden Emissionen sinkt aber die Steuerbasis langfristig. Würde man Einnahmen pro-Kopf-rückverteilen (#Klimageld), kämen kurzzeitig über 500 EUR/Person/Jahr zusammen. Aber in 2045 (Netto-Null) wäre Schluss. (8/n)

Anfänglich wäre CO2-Bepreisung mit Rückerstattung ein „Gewinn“ v.a. für größere Haushalte wie Familien (siehe Modell-Haushalt einer durchschn. 4-köpfigen Familie im Einfamilienhaus auf dem Land), langfristig überwiegen Kosten. (9/n)

Single-Haushalte, insbes. in älteren und schlecht gedämmten Gebäuden würden dagegen anfänglich bereits belastet (z.B. Rentner wie in der Abbildung) (10/n)

Die Belastung und die Einnahmen aus dem Klimageld lassen sich abdiskontiert als Gegenwartswert darstellen. Dies gibt Aufschluss über #Investitionsanreize in CO2-freie Alternativen und die Gesamtbelastung einschl. #Klimageld. (11/n)

Bei den obigen Beispielhaushalten fallen über 20 Jahre 10.000 bis 16.000 EUR (!) für die CO2-Preiskosten für die #Gasheizung an (für eine Ölheizung noch mehr). Ein starker finanzieller Anreiz, in Wärmedämmung, Wärmepumpe oder Fernwärme zu investieren! (12/n)

Das abdiskontiere Klimageld (knapp 5.000 EUR pro Person) könnte einen Teil der Investitionskosten decken. Ähnliche Größenordnungen ergeben sich für andere Haushalte, z.B. entlang des Einkommensspektrums (siehe Abbildung). (13/n)

Gleichzeitig zeigen diese Überlegungen auch Probleme und Herausforderungen der CO2-Bepreisung: Erstens, die Kosten sind mit einheitlichem Klimageld sehr heterogen. Das Klimageld müsste differenziert werden und/oder um zielgenauere Kompensation ergänzt werden. (14/n)

Zweitens, die Politik müsste hohe CO2-Preise viel stärker kommunizieren und propagieren, damit sie überhaupt ihre Investitionswirkung entfalten. Aktuell tut sie das Gegenteil, in dem sie beteuert, fossile Energie solle nicht teurer werden. (15/n)

Drittens, die Unsicherheit bei zukünftigen CO2-Preisen stellt Haushalte vor große Probleme. Wenn wir Ökonom*innen noch nicht einmal wissen, wie hoch die CO2-Preise sein werden, wie sollen da normale Bürger*innen wirtschaftlich sinnvoll investieren? (16/n)

Viertens, die Unsicherheit würde mit der Einführung des ETS-II reduziert – zumindest gäbe es dann einen Preisfindungsmechanismus. Aber auch hier kann es hohe Preisvolatilitäten geben. Über die Zeit steigende Mindest- und Höchstpreise können Unsicherheiten reduzieren. (17/n)

Fünftens, es bräuchte ein politisches Commitment zum #Klimageld, damit auch hier Haushalte für die Finanzierung ihrer Investitionen entsprechend planen können. Doch selbst bei Commitment besteht Unsicherheit über Höhe des Klimageldes wg. Unsicherheit über CO2-Preishöhe. (18/n)

Dies zeigt, wie voraussetzungsreich dynamisch effiziente CO2-Bepreisung für Haushalte ist. Das soll kein Argument dagegen sein, sondern zeigen, wo wir bei der Implementierung genau hinschauen müssen. Es bleibt ein großer Vorteil: Klimaschutz zu potenziell minimalen Kosten. (19/n)

Großen Dank an @maxrkellner , Tobias Bergmann und Karolina Rütten für die Analysen!

Die @WELTAMSONNTAG hat über unsere Kurz-Analyse bereits am 16.4. berichtet welt.de/wirtschaft/art… (20/20)