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May 18 24 tweets 4 min read Twitter logo Read on Twitter
Heute früh beim Yoga spült mir der Algorithmus dieses Video von #unbubble in den Feed.

War skeptisch, doch dann positiv überrascht. Hier ein paar Gedanken und Anmerkungen im thread 🪡

In dem Format begegnen sich zwei Menschen unterschiedlicher Meinungen, lernen sich kurz kennen und diskutieren dann über ein Thema. In diesem Fall: Mona, ehemals in der SA tätig, und Aurel, ein Bordellbetreiber. Es geht um S+xarbeit.
Mona ist argumentativ sehr eloquent und besonnen.

Ich hatte durch den Titel angenommen, dass sie für ein S+xkaufsverbot ist, doch das lehnt sie ab. (Wie sie zum Nordischen Modell steht, habe ich nicht rausgehört.)

Jetzt aber konkret zu ein paar Punkten:
1. Mona zieht die Betreibenden in die Verantwortung - zurecht mMn.

Ich finde sehr gut, dass Mona die "branchenüblichen" 40-50% Abgabe an den Betreiber anprangert.

Aurel: "unter 50% ist erlaubt" (darüber kann es als Zuhälterei gewertet werden) & versucht sich zu legitimieren.
Ich persönlich habe selten mit solchen Strukturen zu tun, doch empfinde 40-50% als EXTREM ausbeuterisch, wie auch Mona sagt.

Klar müssen solche Betriebe ihre Kosten decken und die Besitzer*innen wollen was verdienen. Aber kein Mensch kann mir glaubhaft machen, dass dafür so
hohe Abgaben nötig sind?!

Durch Kollegien wie @simone_madame oder @Johanna_Weber_ kenne ich sehr faire Studios und Betriebe, doch habe ich ebenso auch von unverschämten Gebührenstrukturen gehört in Gegenden, in denen SA keine große Auswahl haben.
Welche Gebühr wäre fair? Das frage ich mich schon lange. Was denkt ihr?
2. Aurel mag privat sehr cool sein, doch als Betreiber vergleicht er sein Bordell mit einer Autovermietung oder einer Hühnerfarm.

Ungefähr so: "Der Farmer will ja auch, dass es seinen Hühnern gut geht" also will der Betreiber auch das beste für die Damen, die bei ihm arbeiten.
(es ging nur um weibliche SA und männlichen Gäste)
Noch krasser: "Wenn ein Kunde in der Autovermietung schlecht mit den Autos umgeht, dann wird der ja auch weggeschickt."

In dem Vergleich sind seine Damen die Autos... geht's noch?!
3. Wie Mona hier klar anmerkt, ist das "wegschicken" gewaltsamer oder übergriffiger Kundschaft auch problematisch, da sie ja dann woanders hingehen und andere SA mit ihnen zu tun haben.

Einen Lösungsvorschlag bringt Mona nicht. Ich finde das auch schwer in der Praxis -
es gibt ja Netzwerke von Betreibenden. Können sie in diesem Fall Hausverbote oder Warnungen aussprechen? Oder ist da die Profitgier zu groß und alles fällt in die Eigenverantwortung der S+xworker?
4. Stichwort S+xworker.

Mona: "Die Frau als Person ist vulnerabel" denn Penetration macht sie verletzlich. Männer penetrieren, dringen ein, und sind körperlich überlegen.

Als Person mit Vulva widerspreche ich da vehement.
Dieses "der aktive Part ist überlegen/aggressiv/übt Gewalt aus" ist absolut konstruierter Quatsch.

Eine verkopfte Perspektive, die wir als Gesellschaft auf S+x stülpen, um unser eigenes Unbehagen mit S+xualität zu verstecken. So zumindest meine aktuelle Sicht.
Dabei kann auch eine "penetrierte Person" Gewalt ausüben (denn auch Frauen vergewaltigen Männer)

Klar sind viele Personen mit weiblicher Anatomie körperlich nicht so stark wie manche Kund*innen, aber das Problem ist dann die aggressive Person, nicht die SA.
5. Ebenso bei Monas Punkt, paraphrasiert: "Wenn ein Kunde was bestimmtes will und ich ablehne, ist das eine Kränkung, da er wieder vor Augen geführt bekommt, dass ich nur wegen Geld mit ihm schlafe, nicht weil er so toll ist. Diese Kränkung entlädt sich in Wut/Aggression."
Ist das Problem hier SA, oder die Unfähigkeit der (männlichen) Kunden, mit ihren Emotionen auf sozialverträgliche Weise umzugehen? Ein Skill, den wir ihnen als Gesellschaft nur wenig beibringen?

Klar macht es das nicht okay, aber es eröffnet mehr Kausalitäten als "die böse SA".
6. Mona weiter: "Prostitution ist ein Sammelbecken für alles Destruktive" das die (für sie nur männlichen) Kunden privat nicht ausleben können.

Hier fasse ich mir an die Stirn. Geht's noch?
Es mag Kund*innen geben, die etwas mit SA ausleben, damit sie es "ihrer Frau nicht antun", aber es gibt meiner Erfahrung nach viel mehr Menschen, die in Dienstleister*innen wie mir eine Möglichkeit sehen, auf sehr lebensbejahende und positive Weise ein Bedürfnis zu befriedigen.
Sei es den Fetisch, den ihr*e Partner*in nicht mag...

Oder eine Vorliebe, die sie nur in der anonymen Welt der S+xarbeit verbalisieren können, da wir ihnen hier ohne Wertung und mit Empathie begegnen.

Oder sei es die erste Berührung seit Monaten nach dem Tod ihrer Frau...
Könnte diese Liste ewig weiterführen.
Ja, ich habe auch Erfahrung mit diesen destruktiven Männern, die in mir ein Objekt sehen, das sie kaufen können.

Das ist aber - wieder mal - nicht das Problem des S+xarbeit sondern der gesellschaftlichen Strukturen, mMn.
7. Abschließend geht Mona auf das ein, was helfen würde. Sie will kein Verbot aber mehr strukturierte Ausstiegshilfen.

Da bin ich voll bei ihr. Es gibt Angebote, doch die sind nicht immer effektiv. Hier greifen viele Herausforderungen ineinander, die es zu lösen gilt.
FAZIT
Es fehlten noch einige Persektiven in diesem Video, doch das ist dem Format geschuldet. In der Beschreibung sind zumindest Links.

Respekt an Mona, dass sie bei Aurels Argumentation so sachlich blieb und ihm manchmal nicht einfach geschüttelt hat. 😅

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May 17
Habe heute tatsächlich eine Anzahlung zurück erstattet – und ein Overnight abgesagt.

Oder: Warum ich devote Overnights nun nur noch nach einem Kennenlernen annehmen werde.

Thread🪡 (1/22)
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