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Jun 14, 2023 29 tweets 5 min read Read on X
Der Abschied

Der Abschied kam plötzlich und recht unerwartet. Eigentlich hatte ich noch so viel vor, wollte mich noch von so vielen liebgewonnenen Menschen verabschieden.

Leider wurde mir das verwehrt.

Eine Geschichte über chronisch Kranke & Mobbing im Gesundheitswesen
Ich habe mich immer gut mit der Leitung meiner Klinik verstanden. Habe durch meine Tätigkeit als Assistentensprecherin auch angefangen Tarifverhandlungen zu machen und mich als lokale Akteurin berufspolitisch zu engagieren. Alles kein Problem.

Bis vor einem Jahr...
Ich habe immer sehr gerne gearbeitet und war im Vergleich zu früher als Kind recht wenig krank. Darauf war ich stolz.

Dann kam Corona. Eingefangen auf der Intensivstation. Es folgten vier Wochen akute Erkrankung kurz vor Einweisung in die Klinik.

Und die ersten Sticheleien.
"Vier Wochen krank? Frau @KetaPrinzessin das ist aber ein starkes Stück!"

"Wieso meldest du dich denn länger krank, du klingst doch wieder gut"

Dabei lag ich zu Hause mit 40 Fieber, 170er Herzfrequenzen und einer Sauerstoffsättigung von zwischenzeitlich 88-89% unter RL...
Aber klar, kann ja auch einfach mal nicht so theatralisch sein und Nachtdienste machen auf ITS. Kein Problem 🤡

Es kam der Sommer. Ich ging zurück. Viel zu früh aus heutiger Sicht. Ich merkte, dass es mir nicht gut ging. Naja war ja auch ein schwerer Verlauf. 🤷🏻‍♀️ Und Urlaub kommt
Der Sommerurlaub war vorbei, ich war wieder auf Arbeit im Hochsommer und merkte, dass es mir beschi**en ging. Massive Fatigue. Es war alles zu viel, diese ständige Müdigkeit und Erschöpfung machte mich wahnsinnig...
War ich mit Freunden unterwegs, war es mir nach 30 Min eigentlich schon zu viel und ich dachte "Bitte bitte lass uns bald nach Hause gehen" 🙏

Die Kraft reichte maximal noch für 8h Arbeit, danach ging nix mehr. Aber eigentlich auch das nicht mehr...
In dieser Phase ging ich zu meiner Leitung, schilderte meine Situation und bat um Arbeitszeitreduktion. Das wurde nicht so gerne gesehen. Man bat mich "es nicht doch so zu versuchen". Weil "ist ja sonst schwierig mit Ihrer ITS Rotation".

Klar hätte ich es durchsetzen können...
Mir fehlte zu dem Zeitpunkt aber einfach die Kraft. Mir war alles zu viel und ich wollte mich am liebsten in eine Kugel zusammenrollen und mit einer Seifenblase durch die Luft schweben... Einfach von nix und niemandem mehr etwas wissen... Einfach meine Ruhe haben
Es kam der September und mit ihm die Diagnose einer Autoimmunerkrankung. Nach Beginn der Medikation wurde es zwar besser aber ich war lange nicht auf meinem Niveau aus prä-Covid-Zeiten.

Es folgte die Diagnose eines Post-Covid-Syndromes. Ich wollte das nicht wahr haben...
Aber langsam kam die Akzeptanz. Ich merkte, dass ich mich nicht bis zur vollkommenen Erschöpfung verausgaben muss und es auch nicht mehr kann. Ich lernte, was die Post Exertional Malaise ist und schleppte mich nicht mehr kurz vor Zusammenbruch zur Arbeit.
Oft kam der Zusammenbruch nach 50-60h Wochen oder nach anstrengenden Bereitschaftsdiensten als nun ITS Hintergrunddienst seit Herbst. Meistens habe ich es nicht geschafft, nach 18h durcharbeiten am Folgetag gleich wieder zum FD zu kommen. Die Fatigue drückte mich förmlich nieder.
An den Tagen nach den Bereitschaftsdiensten war ich wie erschlagen. Sobald ich zu Hause war & das Adrenalin nachließ kollabierte ich meist auf der Couch. Ich war schon froh, wenn die Kontaktlinsen raus waren.Das kannte ich von früher auch,nur hörte die Müdigkeit einfach nicht auf
Sie war erdrückend, ich wurde wach und musste auf Klo oder hatte Durst und habe ewig gebraucht mich von der Couch mobilisieren. Wie eine bleiernde Decke lag sie auf mir. Und trotzdem war ich abends totmüde. Schlief weiter & wurde am Folgetag zum FD mit starken Kopfschmerzen wach
Mein Mann sagte zu mir "Nach deinen Diensten bist du zu nichts zu gebrauchen. Du reagierst teilweise nicht mal mehr, wenn es klingelt oder ich dich anspreche. Ich mache mir dann Sorgen und schaue ob du noch atmest"

(Ich habe sonst einen sehr leichten Schlaf)
Solche Phasen der Fatigue und PEM traten nur nach viel Überbelastung auf. Hatte ich Wochen mit wirklich nur 40h oder sogar 32h weil kein BD ging es mir gut.

All das wurde kommuniziert. Immer wieder. An alle. Mehrere Monate lang.
Es kam der Januar & mit ihm die Diagnose einer Lungenerkrankung bei anhaltender Dyspnoe. Schaffte ich am Anfang nicht mal das Laufen & Sprechen gleichzeitig steigerte sich die Belastbarkeit langsam von 1 Etage auf nun mittlerweile wieder 3 Etagen (von vorher 3-4x pro Woche Sport)
In dieser Phase gab es nach einer erneuten PEM Episode ein Gespräch mit Leitung. Man zeigte sich enttäuscht von mir, ich hätte seit August 13 Krankheitstage und sei für das Team nicht mehr tragbar. Innerhalb von 6 Monaten.

BAM. ✴️ Da war's. In my Face. 👊
Nach so vielen Jahren immer gehustled. Immer geleistet. Immer eingesprungen. Und nun das. Ein Schlag ins Gesicht und auf mein ohnehin schon angekratztes Ego, weil es mich ja auch wurmt, dass ich nicht mehr so kann wie vor einem Jahr.

Das tat weh. Sehr sogar...
Dann wurde mir noch gesagt, dass meine Weiterbildungszeit nicht anerkannt wird weil ich zu viel krank war (in Berlin übrigens Bullsh*t, wenn man über die 6 Wo drüber ist, arbeitet man das einfach nur nach und gut ist).

Und man fragte mich, was denn nun mein Problem sei.
Als ich meinte es sei keine Absicht wurde mir gesagt, man kann und möchte das nicht beurteilen. Und da man mir anscheinend nicht glaubte wurde ich angewiesen mich nur noch "mit Schein" krankzumelden. Danke. Für nichts.

Das war also der Dank für jahrelange Aufopferung.
Ich versuchte trotzdem durchzuhalten. Meine ITS Zeit zu Ende zu bringen. Was mich getragen hat waren die Kollegen - sowohl pflegerisch, therapeutisch als auch ärztlich. Ohne sie wäre ich schon seit Monaten raus, hätte die Arbeit aufgrund ständiger Sticheleien nicht mehr ertragen
Die Dienstpläne waren teilweise unmöglich. Maifeiertag, Himmelfahrt, Pfingsten, alle Tage waren meine.

12 in 14 Tagen mit 3 BDs - kein Problem für eine chronisch Kranke mit Post Covid und PEM! Einfach mal Arschbacken zusammenkneifen, dann passt das schon 🤡
Die Lage spitzte sich immer weiter zu, bis ich jetzt die Notbremse ziehen musste. Zuletzt wurde mein Name für alle im Team sichtbar mit schriftlichen Nachrichten diffamiert und meine Persönlichkeitsrechte massiv verletzt. Ich wehrte mich auf allen Ebenen. Sie mussten zurückrudern
Das bleibt nach all den Jahren. Das ist der Dank.

Und mein einziges Vergehen ist, dass ich chronisch krank geworden und nicht mehr so leistungsfähig bin wie noch vor einem Jahr. Dass ich einfach nicht mehr so kann. Mehr nicht.

#medizinbrennt - der 🐟 stinkt vom Kopf her
P.S. Man versucht auch mir ein schlechtes Arbeitszeugnis auszustellen & mir mein Logbuch nicht auszufüllen. Nachtreten auf allen Ebenen.

Nur doof, dass ich mich jahrelang in der Klinik engagiert habe, alle Geschäftsführer persönlich kenne & die interveniert haben. Trotzdem Mist
Update: Man hat mir, so habe ich jetzt erfahren, auch noch meinen Transponder gesperrt. Ohne Transponder kann ich nicht in die Umkleide und z.B. meinen Spind ausräumen. Das wissen alle. Reine Schikane.

Weiterhin meine Emails sowie Zugriff auf Gruppenlaufwerk gesperrt
Dadurch kann ich meine Stundenzettel nicht mehr einsehen. Dank eines lieben Menschen in der IT habe ich das erfahren (1000 Dank dafür 🫶) und werde jetzt entsprechende Gegenmaßnahmen ergreifen
Mein E-Logbuch ist auch raus, ich bin mir aber ziemlich sicher, dass es auch da noch Schikane gibt und mir wieder die Hälfte aus Rache nicht anerkannt wird.

Richtig professioneller Umgang. Grosses Kino.

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May 24, 2023
Ich habe mich jahrelang aufgeopfert für das Team, alles aus dem Nichts als Assistentensprecherin seit 7 Jahren und nun als Fachärztin mit aufgebaut. Immer 150% gegeben. Dann kam Covid. Nun bin ich krank. Und wurde fallen gelassen. Und mit mir andere, die "nicht mehr so können"...
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Nov 19, 2022
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Ein Thread 🗣️🧵
Seit einiger Zeit merkt man: wir können nicht mehr. Wir sind ausgebrannt. Die Wochenpläne sind spätestens Montagmittag über den Haufen geworfen. Alle sind erschöpft. Da hilft noch so viel gute Laune nicht. Viele haben durch das ständige Einspringen Eheprobleme.
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Leasing 🙅‍♀️
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Mit Leitung mits GF reden, um auf die Situation aufmerksam zu machen 🙅‍♀️
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Nov 17, 2022
Weinen. Es ist nur noch zum Heulen. Gestern gehört, dass man bei uns zu Assistenten der chirg. Fächer sagt, sie sollen nach einem durchgemachtem 24h BD halt bleiben, wenn sie Weiterbildung wollen. Das sei schliesslich die "gute alte Art" so hat man es "doch früher auch gemacht"
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a) laut Arbeitszeitschutzgesetz beträgt die max. zulässige Arbeitszeit 24h. Wer dann noch länger bleibt ist nicht versichert bei Schadensfall - just saying. Abgesehen davon will niemand von einem quasi betrunkenen Arzt operiert werden
b) laut WBO hat die Weiterbildung (ich sags nochmal lauter für die hinteren Plätze) im TAGESGESCHÄFT, wenn die Weiterbildungsbefugten auch DA SIND stattzufinden. Die Tageseinteilung sollte nach den INDIVIDUELLEN WEITERBILDUNGSBEDÜRFNISSEN DER WEITERZUBILDENDEN erfolgen. Mic drop.
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