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Aug 17 19 tweets 4 min read Twitter logo Read on Twitter
Ich habe seit langem mal wieder einen Aufsatz zu #Ableismus geschrieben. Demnächst online bei der Bundeszentrale für Politische Bildung. Seit 2010 schreibe ich zu Ableismus und ich freue mich sehr, dass meine Texte viel gelesen werden. Ich muss trotzdem mal etwas dazu loswerden🧵
Alle Texte sind open access verfügbar unter . Ich find es super, dass sie breit genutzt werden z.B. in Uni-Seminaren. Ich sehe immer wieder Texte, die sich ziemlich eng an meine Ableismus-Texte anschließen – auch das ist toll.rebecca-maskos.net/category/ablei…
Seit kurzem gibt es einige Publikationen, die teilweise ganze Argumentationsketten von mir übernehmen und dabei kein einziges Mal meinen Namen nennen, oder Zitate ausweisen. Leider ist das im akademischen Betrieb nichts Neues, ich sag nur #ichbinhanna. Damit muss ich wohl leben.
Das passiert aktuell allerdings viel in aktivistischen Kreisen. Gerne mit dem Hinweis, dass man selbst ja „nicht wissenschaftlich“ arbeitet. Das finde ich irritierend: Ich erkenne Texte und Argumentationen von mir wieder, werde aber aus der kompletten Publikation ausgeklammert.
Meine Texte sind, wie viele Texte aus den Disability Studies, nicht einfach „Ressourcen“ die vom Himmel fallen. Sie sind Produkte harter und jahrelanger Arbeit und Auseinandersetzung mit einer ableistischen, gewaltvollen Gesellschaft und auch ...
...Resultate eines sehr persönlichen Ringens um eine Theorie des Ableismus, um Antworten auf die Frage nach dem Warum. Gerade in den Disability Studies stammen viele Texte von selbst behinderten Scholars, die sich auf diesen Weg gemacht haben.
Die Bewertung „das ist zu wissenschaftlich“ dient in aktivistischen Kreisen oft als Abwertung, de facto werden die Texte dann aber breit genutzt, um das eigene Argument stark zu machen. Was gut ist – dafür sind sie da.
Wie gesagt, das ist ok, das muss ich aushalten. Bitte nicht falsch verstehen: Es geht mir nicht darum, dass jetzt jeder Pieps von mir als Zitat ausgewiesen werden soll oder das ich gekränkt bin, wenn ich nicht zitiert werde.
Komisch finde ich nur dieses strategische „Unter-den-Tisch-fallen-lassen“, damit nicht so auffällt, wie viel man von eine*r Autor*in übernommen hat. Möglicherweise gehört das jetzt zur akademischen und aktivistischen Konkurrenz-Normalität dazu.
Was mich aber noch mehr verstört ist, dass zugleich oft das Narrativ aufgemacht wird, mit den „neuen“ Publikationen zu Ableismus würde ein im deutschsprachigen Raum komplett neuer Weg beschritten, etwas „Nie-da-Gewesenes“, denn „darüber gibt es ja gar nichts bisher“.
Neben den vielen deutschsprachigen Autor*innen, die außer mir schon zu Ableismus gearbeitet haben, z.B. Christiane Hutson, Swantje Köbsell, Judy Gummich, Lisa Pfahl, @TobiasBuchner und Gertraud Kremsner...
...gibt es auch schon seit 2016 von @MikaMurstein ein deutschsprachiges Buch zu Ableismus. Und vor allem gibt es eine jahrzehntelange Tradition des aktivistischen Schreibens über Behinderung als Dimension von Diskriminierung!
Dort wurde zwar nicht der Begriff des Ableismus verwendet, aber ganz viele ähnliche Argumente dargelegt und der behindertenfeindliche Normalzustand auseinandergenommen. Nennen möchte ich z.B. Udo Sierck, Anne Waldschmidt, Theresia Degener, Gisela Hermes, Kassandra Ruhm...
Franz Christoph, Volker van der Locht, Michael Zander, Matthias Vernaldi, Volker van der Locht und viele mehr, die ich hier nicht alle aufzählen kann (Teil des Problems, I know...). Dazu gehören unbedingt auch nichtbehinderte Autor*innen wie Ernst Klee und Birgit Rommelspacher.
Nachlesen kann man vieles (bei weitem nicht alles) im auch bei https://t.co/vsH0EHkmP1. Das Schreiben gegen Ableismus hat eine viel längere Tradition als der aktuelle Hype um das Buzzword Ableismus uns glauben lassen mag.archiv-behindertenbewegung.org/oder
bidok.uibk.ac.at
Die deutschsprachige Behindertenbewegung hat ab den 80er Jahren den Grundstein dafür gelegt, mit vielen klugen und fundierten Texten, denen einfach nur damals der Begriff und das Konzept des Ableismus fehlte - die aber immer schon über Diskriminierung schrieben.
Wir sollten uns bewusst sein, dass wir auf diesen Schultern stehen/sitzen und uns nicht verkaufen als „die Ersten“. Im Lichte der massiven ableistischen, behindertenfeindlichen, rechtskonservativen Versuche, Inklusion rückgängig zu machen und uns unseren Lebenswert abzusprechen..
...sollten wir uns wieder in die Kontinuität einer gemeinsamen politischen Bewegung stellen und uns nicht als lauter Einzelaktivist*innen verstehen, die um Anerkennung in der Aufmerksamkeitsökonomie konkurrieren.
PS Mein vielgelesener Text hat auch keine Zitationen. Es war auch ein Produkt langer Theorie-Debatten mit Freund*innen. Dennoch würde ich es heute so nicht mehr machen und auch meine Literaturquellen nennen.rebecca-maskos.net/2010/12/02/was…

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