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Nov 26, 2023 24 tweets 8 min read Read on X
Nachdem viele wegen @letztegenAT @AufstandLastGen keine Lust mehr auf Klimaschutz haben, hier exklusiv 10 Medien-Gebote, mit denen wir den Klimanotstand rascher in eine Katastrophe eskalieren. Sogar Boulevard-Medien können von „Best Practices“ in Qualitätsmedien noch lernen. 🧵
1) Ein Klassiker zu Beginn, wichtiger als je zuvor: Nehmt die eskalierende Krise nicht zum Anlass, die Wortwahl zu überdenken. „Klimawandel“ ist nach wie vor der beste Weg, die Dringlichkeit herunterzuspielen.
2) Gebt jenen mit dem geringsten Wissen zum Problem die größten Plattformen. Ihre Unwissenheit wird nur von jenen bemerkt, die sich viel mit dem Thema beschäftigen (also von fast niemand). Alle anderen sagen: recht hat er!
3) Wenn Katastrophen durch Extremwetter ausgelöst werden, ignoriert die wissenschaftl nachgewiesene Rolle der Klimakrise, redet nur über andere Ursachen. Multiple Kausalität würde die Zuseher ohnehin überfordern, besonders wenn sie daran Mitschuld haben. tagesschau.de/multimedia/vid…
4) Lasst viele prominente Personen ohne viel Ahnung die wichtigsten Lösungen abschießen. Die wissenschaftlich fundierte Replik wird ohnehin weniger Reichweite haben, und schlimmstenfalls steht es dann 1:1

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5a) Weil zu 90% nur noch über Klima berichtet wird, wenn Proteste stattfinden, hier viele aktuelle Tipps zur richtigen Protest-Berichterstattung:
Stellt Proteste nur als Störung, nie als Mahnmal für politisches Versagen od als Notwehr der sonst Ohnmächtigen dar (#zib1, 20.11.23)
5b) Das ist auch gleich die wichtigste Regel der Protest-Berichterstattung. Wenn jemand meint, das sei das größte Medienversagen unserer Zeit: prüfen ob diese Person neutral gegenüber Protesten ist. Wenn nicht, mit gutem Grund ignorieren. Image
5c) Die Störung durch Protest mit O-Tönen am besten an zwei Tagen hintereinander (siehe Datum unten) betonen, damit es möglichst jede/r gehört hat. Im Idealfall findet man jemand der sagt: „das sind von mir aus hirnlose Idioten die das machen“ (NÖ Heute, 20. & 21.11.23)
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6a) Nur jene um Einschätzungen bitten, gegen die sich der Protest richtet. Besondere Pointe: Die größten Blockierer von Klimaschutz ohne kritische Einordnung sagen lassen, was gut und was schlecht für Klimaschutz ist. Ich liebe diese feine Ironie (#zib1, 20.11.23)
6b) Keinesfalls Emissions-Statistiken zeigen bzw. richtigstellen, dass Nehammer die Nullnummer im Klimaschutz ist. Was besser ginge: auch die Einschätzung der Wirtschaftskammer als Bestätigung für das Gesamt-Narrativ einholen (#zib1, 20.11.23)
6c) Was nicht passieren darf: dieses Spiel durch Wissenschafter einordnen lassen. Wenn sie das tun, ignorieren oder maximal jene fragen, die sich politisch neutral verhalten. Das hier ist jedenfalls zu unterlassen, seitens der Wissenschaft und seitens der Medien: Image
7a) Aktivist*innen selbst keinesfalls zu Wort kommen lassen, ihnen keinesfalls ein Gesicht geben, sondern maximal ein Statement schriftlich widergeben. So entsteht kein persönlicher Bezug, keine Betroffenheit. Das sollten die ORF-Sportreporter dringend von der #zib1 lernen. Image
7b) Eine ernsthafte Auseinandersetzung mit Protestierenden und ihren Anliegen unbedingt vermeiden, denn viele kämen zu dem Schluss, dass sie zurecht um ihre Zukunft kämpfen, und weil das nicht so gut läuft sogar zurecht Notwehr üben. Das will niemand.
8a) Die größtmögliche unsachliche Beschimpfung am besten unkommentiert ans Ende des Beitrags stellen, auch wenn diese sogar in Diskussionsforen der Kronen Zeitung unterbunden würde. (#zib1, 20.11.23)
8b) Weil der Beitrag der #zib1 eine Aneinanderreihung von "Best Practices" zur Protest-Berichterstattung ist, sollen kommende Generationen von Journalist*innen aus dem Gesamtkunstwerk lernen können.
9) In weiteren Berichten vermeintliche Unterstützer der Proteste finden, die sich ebenfalls davon distanzieren. So entsteht der Eindruck, dass Klimaaktivist*innen mittlerweile völlig isoliert, sozusagen von allen guten Geistern verlassen sind (#zib1, 21.11.23)
10a) Sucht so lange nach passenden Experten, bis diese das sagen was ihr wollt: und zwar jenen klimaschädliches Verhalten vorwerfen, die mit Protest das Gegenteil erwirken wollen. Wenn Expert*innen @bokuvienna nicht das sagen was man hören will, weitersuchen. (NÖ Heute, 21.11.23)
10b) Bei Verkehrsblockaden mit Staus die gesamten volkswirtschaftlichen Kosten von Staus in Höhe von mehreren Milliarden Euro nur in den Zusammenhang mit Klimaaktivismus stellen, auch wenn 99,x% der Staus durch zu viel Verkehr, Unfälle... verursacht werden. (NÖ Heute, 21.11.23)
10c) Egal was kommt, immer nur den ökologischen Fußabdruck von Individuen thematisieren, obwohl man in einem Telefonat die Bedeutung des ökologischen Handabdrucks (also auch von Protest) ausführlich erklärt bekommen hat und es dazu auch tolle Bücher gibt. Image
PS: Berichte, die die Beschleunigung in die Klimakatastrophe behindern, gibt es natürlich auch, z.B. auf FM4, auf Ö1, auch im ORF TV (z.B. Wien Heute) und auf Puls24. Ich mache es wie NÖ Heute und verlinke diese Sendung hier nicht weil unpassend.
PSS: Sarkasmus hilft bei der Bewältigung einer auch für Wissenschafter*innen längst unerträglichen Realität. resilienz-akademie.com/die-15-coping-…
Im Ernst: ich sehe auch, dass der größtmögliche Stau nicht der beste Klimaprotest ist. Wenn Journalist*innen sich mit ihren Fehlern ernsthaft beschäftigen würden, dann würde das der Klimabewegung vermutlich auch leichter fallen. So wird das jedenfalls nix, beidseitig.
Danke an @BleningerDaniel für die Videoausschnitte. cc @Netzwerk_Klima @klimajourno @wblau @SaraSchurmann @TerliWetter @parents4future @rudi_anschober @ExtinctionR_DE @XRebellionAT @rahmstorf
@BleningerDaniel @Netzwerk_Klima @klimajourno @wblau @SaraSchurmann @TerliWetter @parents4future @rudi_anschober @ExtinctionR_DE @XRebellionAT @rahmstorf CC auch @KappacherS & @nadjasnews mit dem Wunsch, die ORF-Berichterstattung aus NÖ mal genauer anzuschauen. Was ich gesehen habe ist eine Art geskriptete Kampagne wie bei Servus-TV, Inhalt des Berichts vor Beginn schon klar.

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Nov 13, 2024
Früher hat es immer geheißen: das "Worst-case-Szenario" RCP 8.5 sei unrealistisch.
Was damit nicht gemeint war: dass wir es fast ständig negativ übertreffen.
Die Konstante in der Klimawissenschaft war, ist und bleibt: es kommt meist schneller & schlimmer als gedacht... Image
Dasselbe gilt für Deutschland... (wenn auch - so wie in AT innerhalb der oberen Schwankungsbreite -, nur: wenn man ständig am oberen Ende unterwegs ist, dann wird der "Mainstream-worst-Case" eben überboten), via @peakaustria
... und global ...
Ein Grund dafür könnte sein, dass Klima-Feedbacks (wie z.B. die massiven Waldbrände in Kanada...) in den Szenarien unterschätzt wurden.
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Nov 6, 2024
Die #USAElections2024 bestätigt einmal mehr den Trend, dass sich Mehrheitsgesellschaften von der Realität multipler Krisen abwenden und jenen nachlaufen, die versprechen, alles werde wieder so wie es war. Im Fall der USA hätte ich das kaum für möglich gehalten... 1/5
...weil die Realitätsverweigerung dort so brachial ist. Das Land stand vor der Wahl: a) größte zivilisatorische Errungenschaft (vernünftige farbige Frau) oder b) größtmöglicher zivilisatorischer Abgrund (offener Faschist & Verleugner von Fakten) und hat sich für b) entschieden 2/
Somit ist einmal mehr klargestellt: Vernunft & Fakten sind in Zeiten multipler Krisen nicht mehr mehrheitsfähig. Die Mehrheit will Märchen, Mythen, Unvernunft, Fake News & Verleugnung. Die Mehrheit will mit bequemer Realitätsverweigerung zurück in die Zukunft, auch in AT, DE.. 3/
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Aug 8, 2024
Die große Mehrheit im reichen Norden stellt also kurzfristigen Komfort bzw. Profit über alles was langfristig existenziell ist & schafft es, diese Barbarei vor sich selbst zu rechtfertigen oder zu verstecken. Unsere Normalität ist an unsichtbarer Grausamkeit kaum zu überbieten 🧵
Der größte Fehler der Klima-Kommunikation war & ist, die Klimakrise kaum als moralische Krise thematisiert zu haben, das Argument der "Moralkeule" nicht mit der eigenen Unmoral erschlagen zu haben. Kein Wunder, dass Reden über Moral ("moralisieren") längst zum Schimpfwort wurde.
So gelingt es uns, die fossile Komfortzone noch ein paar Jahre zu schützen und die unsichtbar gemachte Unmoral täglich zu vertiefen. Der Teufelskreis wäre nur mit einem öffentlichen Diskurs zu Moral und Unmoral zu durchbrechen - aber genau den führen wir aus guten Gründen nicht.
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Jul 25, 2024
Alle sagen: die Flughafen-Proteste sind scheiße, niemand versteht sie. Ja, die Proteste sind scheiße, aber beim Verstehen ist es so: niemand will sie verstehen. Man könnte sie verstehen, wenn man wollte & sich mal eingehend damit beschäftigt. Das geht aber nicht, weil...🧵
Würde man die Proteste verstehen (wollen), müsste man rasch viel ändern, z.B. deutlich weniger fliegen. Das will die Mehrheit aber nicht. Eine Mehrheit will Klimaschutz den man nicht merkt. Das ist meist Scheinklimaschutz der zu wenig wirkt.
Diese große Unmoral unserer Zeit prangern die Proteste @AufstandLastGen @letztegenAT an. Die Aktivist*innen versuchen das üble Spiel zu verderben. Natürlich sind Spielverderber im Widerstand gegen die Mehrheit nie beliebt, nicht früher & nicht heute.
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Jul 1, 2024
Hier habe ich erläutert, warum wir exponierte Alpentäler mit fortschreitender Klimakrise teilweise aufgeben werden: die Infrastruktur wird öfter zerstört als sie aufgebaut werden kann. Je größer die Berge desto größer die Probleme. Ein🧵zu Klima & Alpen 1/ vorarlberg.orf.at/stories/326133…
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