Heute vor genau drei Jahren haben wir noch erstaunt nach Washington geblickt, wo Trump-Anhänger*innen gewaltsam das US-Kapitol erstürmten. Menschen wurden bedroht und verletzt, Menschen starben. Ein düsterer Tag für die Demokratie. Auf- und angestachelt durch Fake-News und
den damaligen Präsidenten Trump höchstselbst. Gut, ist halt Amerika, meinten nicht wenige in Deutschland. So etwas kann bei uns ja nicht passieren. Also wurden (und werden) hierzulande Verfassungsfeinde, Reichsbürger*innen und Rechtsextremisten eben weiterhin verharmlost. Oder
als "besorgte Bürger" abgetan, die nur ihrer Angst Luft machen wollen. Während die demokratiefeindliche AfD wächst und wächst und wächst. Der Diskurs und das Sagbare wurden weiter und weiter nach rechts außen und darüber hinaus verschoben, Rechtsradikale und stramme Nazis in das
bürgerliche Lager bagatellisiert, mit dem man eben irgendwie reden und im Gespräch bleiben müsse. Menschen, die unsere offene Gesellschaft zutiefst ablehnen und unsere Demokratie lieber heute als morgen zu Grabe tragen wollen. Die AfD setzt weiterhin in Talkshows und sozialen
Netzwerken die Hetz-Themen und Hass-Portale und Fake-News-Schleudern wie NiUS/BILD greifen diese auf und verstärken sie – ganz egal wie niederträchtig und absurd. Bitter wird es dann, wenn selbst vernünftige konservative Politiker*innen aus CDU oder CSU diese weiterverbreiten.
Man erinnere sich insbesondere an bedrohte Kitas, die im wahrsten Sinne des Wortes im Fadenkreuz stehen, weil sie angeblich Weihnachtsbäume verbieten wollten. Dank dieser Hass- und Hetzsaat, die von Teilen der Politik noch angefeuert und gefördert wird, und die sämtlichen Anstand
verlieren und Sitten verrohen lässt, fühlen sich nun radikale Demokratiefeinde angestachelt, unter dem Deckmantel legitimer Bauernproteste, eine Fähre zu blockieren bzw. zu stürmen. Weil sich Wirtschaftsminister Robert Habeck (Die Grünen), der gerade aus dem Urlaub
zurückkehrt, darauf befindet. Ein Politiker, der sich dort trotz des Bedrohungsszenarios, trotz zahlreicher Beleidigungen, dem Dialog stellen wollte und dem krakeelenden Mob gar ein Redeangebot unterbreitet hat. Während erschreckend viele Menschen unserer Gesellschaft Gewalt und
Selbstjustiz mittlerweile offenkundig als völlig legitimen Protest ansehen – wenn es nur "die Richtigen" trifft. Ironischerweise sind es nämlich heute genau diejenigen, denen der Rechtsstaat bei Klimaklebern gar nicht hart genug durchgreifen konnte und die Gefängnisstrafen für
Menschen fordern, die sich auf Straßen ankleben, die sich uneingeschränkt mit Bauern (und Rechten) solidarisieren, die mit ihren Traktoren Straßen und Autobahnen blockieren – und die zum Teil immer radikaler werden. Wer die Bauernblockaden heute feiert und damals forderte, dass
Klimaaktivist*innen doch lieber in die Schule gehen sollten, statt für das Klima zu demonstrieren, denen sei heute gesagt: Vielleicht habt ihr das Nachsitzen in Sachen Demokratie viel nötiger! In einer Demokratie muss (und soll) einem sicherlich nicht alles gefallen, sie lebt
von unterschiedlichen Meinungen und Ansichten – die bis zu einem gewissen Grad ausgehalten werden müssen. Und zwar von allen Beteiligten. So auch die aktuellen Bauernproteste. Doch Gewalt darf in einer Demokratie niemals die Lösung sein – so sehr ich auch mit bestimmten
Entscheidungen nicht einverstanden bin. Das Gewaltmonopol liegt beim Staat – nicht bei selbst ernannten "Querdenkern", nicht bei Bauern oder Landwirten, auch nicht bei Klimaaktivist*innen und schon gar nicht bei rechten Demokratiefeinden, die legitime Proteste kapern wollen. Der
Kommentar des Präsidenten des Bayerischen Bauernverbandes, Günther Felßner, zum versuchten Angriff auf Minister Robert Habeck "man wolle nicht, dass Politiker persönlich angegangen werden. Das setze allerdings voraus, dass sie dialogbereit seien - dann komme es nicht zu solchen
unschönen Szenen" lässt dabei in Sachen Demokratieverständnis und Rechtsstaatlichkeit tief blicken. Und düstere Zeiten befürchten, wenn wir schon bei unterschiedlichen Ansichten zu Themen wie "Subventionen auf Agrar-Diesel" als Gesellschaft gänzlich versagen. Oder um mit
Fritz Bauer zu schließen: „Ich glaube, es ist eine traurige Wahrheit, dass wir unserem Affenzustand noch sehr nahe sind und dass die Zivilisation nur eine sehr dünne Decke ist, die sehr schnell abblättert.“
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Wenn die Titanic-Katastrophe 2023 in Deutschland passiert wäre:
"Nicht evakuieren, sondern an Bord technologieoffen auf Innovationen warten!"
"So lange andere Länder Eisberge rammen, hilft es nichts, wenn nur wir damit aufhören!"
"Wir müssen lernen, unter Wasser zu atmen!"
"Eisberge gibt es gar nicht!"
"Wir haben keine Rettungsboote und Rettungswesten, weil die ohne ein Unglück nur Kosten verursachen und den Profit schmälern und tja, der Markt regelt!"
"Wir müssen das Sinken als Chance begreifen!"
"Sinkende Schiffe hat es schon immer gegeben!"
"Gendergaga: Muss man jetzt schon Eisbergin sagen??!!"
"Wir müssen auch mit denjenigen reden, die der Meinung sind, dass Schiffe überhaupt nicht sinken können!"
"Das Wasser läuft vielleicht rechts ins Schiff, aber WIR MÜSSEN AUCH DIE LINKE SEITE IM BLICK HABEN!"
Seit nunmehr zwei Jahren terrorisieren selbst ernannte „Querdenker“ Hand in Hand mit strammen Nazis und Rechtsextremisten dieses Land und unsere Gesellschaft. Verrohte Ichlinge, die „Freiheit“ oder „Verantwortung“ meist nicht einmal unfallfrei buchstabiert bekommen.
Die sich dank eines Staates, der noch immer lieber abwiegelt, verharmlost und vor einer angeblichen „Spaltung der Gesellschaft“ warnt, anstatt die Realität anzunehmen und endlich zu handeln, immer weiter radikalisieren und für unantastbar halten.
Seit zwei Jahren warten Wissenschaftler*innen, angegriffenes Pflegepersonal, Journalist*innen, Ärzt*innen und die überwiegende Mehrheit dieser Gesellschaft darauf, dass konsequent und mit aller Härte, die unser Rechtsstaat für dieses schamlose Pack zulässt, geantwortet wird.
Deutschland, Juli 2022. Die Feuerwehren warnen vor Waldbränden. Ein Thread:
Virologinnen und Virologen: „Wenn wir jetzt schnell handeln und gut vorsorgen, können wir die schlimmsten Brände noch verhindern!“
EU-Kommission: „Waldbrände sind ab sofort nachhaltig!“
Politik: „Wir setzen auf Eigenverantwortung: Jeder darf im Wald grillen, zündeln und Feuer schüren, wie er eben möchte!“
Ministerpräsident*innen: „Waldbrände sind Ländersache und außerdem ist bereits für den kommenden Winter ein gemeinsamer Waldbrandgipfel geplant!“
Waldbrand-Skeptiker „Waldbrände treffen ausschließlich alte und kranke Bäume, die sowieso bald umgefallen wären! Außerdem gibt es noch Wälder, die überhaupt nicht brennen!“
Beatrix von Storch (AfD): „Wir müssen den Bäumen nur erklären, dass sie nicht brennen sollen!“
Es widert mich an. Ein Wut-Thread aus aktuellem Anlass.
Während keine zwei Flugstunden von uns entfernt seit einer Woche Menschen – darunter entgegen sämtlicher Propaganda-Lügen des Kremls auch zahlreiche Zivilisten, Familien, Frauen und Kinder – durch einen Überfall des
Autokraten Putin bombardiert und mit Leid und Schrecken überzogen werden, schäme ich mich hier in unserem Friedensparadies Deutschland für eine Gruppe von vernagelten Vollidioten, Realitätsverweigerern und Putin-Freunden zunehmend in Grund und Boden. Verblendete „Spaziergänger“,
die unter dem Vorwand „Frieden, Freiheit, keine Diktatur!“ durch unsere Straßen ziehen und dabei ihren unsäglichen Schwachsinn verbreiten dürfen – weil sie in diesem freien und friedlichen Land eben sämtliche Vorzüge einer Demokratie wohlwollend ausnutzen – sich bei den Pflichten
Weil sich unsere Politik seit Monaten von radikalen Querdullis, Corona-Leugnern und bockigen Actimel-Anitas vor sich hertreiben lässt und dank AfD, BILD und Konsorten unter anderem das kurzzeitige Tragen eines Stückchen Stoffs, das nachweislich
das Ansteckungs-Risiko deutlich verringert, erfolgreich als "Freiheitsraub" und "Hygiene-Diktatur" geframed wurde, sollen Ende März sämtliche Maßnahmen fallen – man plant den „Freedom Day“. Ohne hoffentlich neue Corona-Varianten werden wir also vermutlich einen "normalen"
Sommer erleben – bevor wir einmal mehr weitestgehend ungeschützt und dümmlich-überrascht in den Herbst stolpern. Same procedure as every year! Wussten wir ja alles nicht, konnte keiner ahnen. Da hätten wir uns früher Warnungen gewünscht. Spoileralarm:
Deutschland, Februar 2022. Der Wetterdienst warnt vor Sturmböen. Ein Thread:
Virolog*innen: "Wenn wir jetzt zu Hause bleiben, können wir Unfälle durch herabfallende Äste oder entwurzelte Bäume vermeiden!"
Kanzler Olaf Scholz: *Grillen zirpen* Herr Scholz? Hallo, Herr Scholz?!
Querdenker: "Aufenthalte im Freien vermeiden? So ging es damals in der DDR auch los! Frieden, Freiheit, keine Sturmwarnung!"
Wind-Leugner: "Örtlich gefährliche Sturmböen? Haha, alles Lügen der Mainsturm-Medien! In Dänemark gibt es gar keinen Sturm ..."
Ministerpräsident*innen: "Wind ist bekanntlich Ländersache! Wir werden uns daher in ein paar Wochen gemeinsam zum Orkan-Gipfel treffen und in Ruhe entscheiden, was zu tun gewesen wäre!"
Beatrix von Storch (AfD): "Wir sollten dem Wind erklären, dass er nicht so stark wehen soll!"