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Hier mein Kommentar zur Aussage von Erffas. Mein Dank geht an die Berichterstattung der Wirtschaftswoche
(1) Er habe seine Mitarbeiter in Aschheim in fünf Bereiche eingeteilt:

2. Bank Account - Buchhaltung für die Wirecard Bank.

3. General Accounting - die ganz normale Buchhaltung, inklusive der TPA.
(1.1) Für die Bankbuchhaltung ist immer der CFO der Bank zuständig. Insbesondere bei Konzernbanken darf nie die Mutter in die Bank hineinagieren. Die Schilderung von Erffa deckt sich mit meinen Beobachtungen,
(1.2) dass die Bank nicht sauber von der Konzernmutter getrennt war und ist ein Kernpunkt meiner Kritik an den Aufsichtsbehörden.
(2) Die Buchungsvorgänge bei Wirecard seien hochkomplex gewesen. Er habe 2014 beschlossen, eine neue Software einzuführen. Die Software wäre 2020 bei allen Gesellschaften eingeführt worden.
(2.1) Die Software war Coda. Ein Industriebuch, das nicht für den Bankbetrieb brauchbar war, wegen der Konzernkonsolidierung dort dennoch eingesetzt wurde. Die Buchungsvorgänge waren nicht viel komplexer als in anderen Unternehmen.
(2.2)Außer man berücksichtigt, wie von Marsalek beschrieben, dass man für Manipulationen schon durch die Fibu eingeschränkt war. Wenn Erffa das damit meint, hat er recht.
(2.3) Wenn Wirecard, wie später noch ausgeführt, bis auf die Partner eine Bank war, warum hat man dann nicht ein Bankhauptbuch aufgebaut?
(3) Zuständig seien vor allem die Fachabteilungen gewesen, sagt von Erffa. Seine Abteilung sei nicht im "driver seat" gewesen. "Auch die Prüfung des TPA-Bereichs sei so gewesen. Seine Abteilung sei "nicht über die einzelnen Details" informiert gewesen.
(3.1) Er war der Chef Buchhalter. In einer Fibu werden ALLE Geschäftsvorgänge eines Unternehmens buchhalterisch erfasst. Um eine korrekte Erfassung vornehmen zu können, muss man sich über die entsprechenden Details informieren.
(3.2) Das geht so weit, dass man auch die Verträge lesen muss, um das Geschäft buchhalterisch korrekt abzubilden. Oder hat das EY übernommen?
(4) EY sei frühzeitig in Prozesse involviert gewesen. Als Beispiel nennt er den Komplex Ocap und den Indien-Deal. Er habe sich auf die Expertise von EY verlassen. Es war demnach auch so,
(4.1) dass unterjährig Quartalsmeetings der EY-Partner und dem CFO stattfanden, wo Hintergrundinfos zu Transaktionen und neue Produkte besprochen wurden.
(4.2) Erffa stellt sich zwar dumm, wenn er behauptet kein Buchhalter zu sein, bei der Konstruktion des TPA ist es aber glaubwürdig, dass er dort nicht seine Finger im Spiel hatte. Der Aufbau eines solchen Konstruktes übersteigt definitiv seinen Horizont.
(4.3) Das liegt daran, dass man dafür ein Team aus unterschiedlichen Spezialisten mit entsprechender Erfahrung braucht. Das ist ein typisches Problem bei dem sich Unternehmen externe Beratungsdienstleistungen einkaufen.
(5) (1) Nicht alle Mails habe er lesen können.
60 bis 70 Stunden die Woche habe er seit seiner Einstellung gearbeitet.
(5.1) Wenn er die Zeit hat persönlich in die Büros der Bank zu marschieren, um dort einen externen Berater abzumahnen, seine Nase nicht zu tief in das Problem nicht abgeschriebener Kredite zu stecken, kann seine Arbeitsbelastung nicht wirklich so hoch gewesen sein.
(6) Eine Verbuchung von Transaktionsvolumen erfolgte nur dort, wo die Wirecard selbst Acquirer war, also bei der Wirecard-Bank. Ansonsten bei den Partnern. Deshalb habe es nur wenig Daten zu dem Geschäft gegeben.
(6.1) In der Buchhaltung war das TPA-Geschäft trotz der Höhe der Zahlungen "nicht im Fokus des täglichen Doings".
(6.2) Einleitend hat Erffa berichtet, seine Abteilung aufgeteilt zu haben in Bank Accounting und General Accounting (die ganz normale Buchhaltung) und TPA. Nun teilt er mit, dass alles Bank war, was nicht TPA war.
(6.3) Das ist nicht nur ein Widerspruch, sondern es bedeutet auch, dass Wirecard außer dem TPA eine Bank war. Das war erstens defacto nicht der Fall und zweitens das große Gespenst im Haus, von den Aufsichtsbehörden als Bank benannt zu werden.
(6.4) Zur Beurteilung eben dieses Umstandes wurde ich in den NPP (neue Produkte Prozess) geladen, um meine Einschätzung über die Einstufung von Wirecard als Bank durch die Behörden bei Akquisitionen von FinTechs abzugeben.
(7) "Organisatorisch war ich immer mal wieder beteiligt." Inhaltlich lag die Zuständigkeit - "ohne Abstimmung" mit ihm bei einer Mitarbeiterin aus seiner Abteilung, die 2018 viel mit Bellenhaus zu tun hatte.
(7.1) "Es wird deutlich, dass alles mit EY abgestimmt war." - Vertragsänderungen mit den Drittpartnern seien intensiv über viele Monate mit EY abgestimmt worden.
(7.2) Ja, das ist auch naheliegend, dass EY sehr tief involviert war. Die komplexen Rahmenbedingen innerhalb des TPA haben es erfordert, um zu verhindern, dass es eine Vermischung zwischen dem Geschäft in Aschheim und dem TPA gab.
(7.3) Anderenfalls wären die Mitarbeiter in Aschheim auf die Probleme mit dem TPA aufmerksam geworden. Dennoch musste das Geschäft ordnungsgemäß in die Konzernkonsolidierung fließen. Dieser Spagat musste reibungslos abgewickelt werden.
(8) Hätte er gewusst, dass es keine realen Umsätze aus dem TPA-Geschäft gab, hätte er auch das TPA-Geschäft von seinen Mitarbeitern abgeschottet und sichergestellt, der einzige Ansprechpartner für die Prüfer zu sein.
(8.1) Hätte er gewusst, dass es keine realen Umsätze aus dem TPA-Geschäft gab und dies ignoriert, hätte er sich der Bilanzfälschung strafbar gemacht. Vom Schutz seiner Mitarbeiter kann gar keine Rede sein.
(9) Dass er hochqualifizierte Fachkräfte für die Kommunikation mit dem TPA-Bereich einstgestellt habe, sei "ein klarer Beleg, dass ich davon ausging, dass das TPA-Geschäft tatsächlich existierte", sagt Stephan von Erffa.
(9.1) Nein, das ist kein klarer Beleg dafür, dass es das TPA Geschäft gab. Al Alam hat in 2018 von seinen Wirecard Bank Konten nur 21 Intercompany Swift Transaktionen auf lokale Bankkonten in Höhe von 5,7 Mio EUR erhalten.
(9.2) Das sind ganz offensichtlich keine Zahlungen an Merchants. Es stellt sich vielmehr die Frage warum man hochqualifizierte Mitarbeiter für die Kommunikation mit dem TPA braucht.
(9.3) Das ist äußerst ineffizient und wird in keinem Unternehmen einer Größenordnung von Wirecard so gemacht.
(10) Dass Bellenhaus die Volumina des TPA-Geschäfts per Zufallsgenerator bestimmt habe, "passt nicht zusammen", so von Erffa.
(10.1) Der Begriff „Zufallsgenerator“ dürfte wohl unpassend sein. Wenn man für das Round Tripping einen geleakten Datensatz von Revolut verwendet hat, was absolut Sinn machen würde,
(10.2) dann mussten die Beträge angepasst werden, bevor man die Transaktionen ins Visa-Mastercard System geschickt hat. Anderenfalls wären zu hohe Transaktionsgebühren gegenüber Visa Mastercard und auch der WDI entstanden.
(10.3) Nicht zu vergessen die Steuern auf die Erlöse. Mit dieser Methode könnte man allerdings glaubhaft machen, dass es die Geschäfte tatsächlich gegeben hat und der TPA reales Geschäft hatte.
(10.4) Diese Transaktionen hätte man dann quasi per „Rucksack“ TPA intern mit deutlich höheren Umsätzen wiederum eingebucht. Um das authentisch erscheinen zu lassen, müsste man einen entsprechenden Algorithmus schreiben.
(11) Ende 2015 sei dann ein Treuhänder für das TPA-Geschäft eingesetzt worden. "Ob aber die Anregung von EY kam oder von Jan Marsalek, kann ich nicht sagen."
(11.1) Durch wen der Treuhänder eingesetzt wurde, spielt zunächst erstmal keine Rolle, sondern warum der Treuhänder eingesetzt wurde. Denn wenn es bislang ohne Treuhänder ging, wozu hat man dann plötzlich einen gebraucht?
(11.2) Da es nicht plausibel ist, für Lizenzen Treuhandsicherheiten zu bestellen (für das Geschäft in Aschheim gab es ja auch keine Treuhandkonten), muss man ja eigentlich davon ausgehen, dass der Treuhandgläubiger auf diese Sicherheiten hätte bestehen müssen.
(11.3) Wieso nennt Erffa EY und Marsalek als potenzielle Auftraggeber für die Treuhandkonten, wenn es eine plausible Veranlassung für diese Konten gäbe. Selbst kann man ja kein Interesse daran haben seinen Cash auf einem Treuhandkonto zu binden,
(11.4) nur um dann bei der Commerzbank einen Liquiditätskredit aufzunehmen.
Herr von Erffa hatte 4 Jahre Zeit sich über eine stichhaltige Aussage Gedanken zu machen. Entweder er hat tatsächlich eine psychische Störung oder er ist schlicht damit überfordert seine Widersprüche so zu koordinieren, dass er sich oder andere nicht entlarvt.
#Wirecard

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