Allright, los gehts. Die Textkritik der Textkritik. Als Mitautor der "Geheimplan"-Recherche möchte ich auf die kürzlich geäußerte Kritik von Übermedien an unserer Arbeit eingehen. Sie wurde vorgetragen von @niggi, @fewizi und @chkucklick, hier: uebermedien.de/97285/der-corr…
Erstmal: Eine Debatte über Journalismus und wie er sich entwickeln und verändern sollte: immer! Aber was da passierte, ist ein Beispiel dafür, wie man es nicht machen sollte. Sie klingen wie Nerds, detailverliebt. Schauen wir uns das mal genauer an.
Gleich am Anfang steht deren Meinung: “Längst ist offenkundig, wie problematisch” unsere Berichterstattung sei. Säbelrasseln. Und dann folgen viele handwerkliche grobe Fehler.
1) Ich stehe inhaltlich zu unserem Bericht. Er steht nach wie vor in allen seinen Kernaussagen.
Die wenigen Änderungen betrafen nebensächliche Details: etwa die Korrektur der Bezeichnung Alexander von Bismarcks als Nachfahre Ottos. Die Streichung einer Äußerung von Ulrich Vosgerau zur Erfolgswahrscheinlichkeit von Musterschreiben bei einer Wahlprüfungsbeschwerde.
Vergleicht gern die Versionen, wie wenig wir korrigierten:
2) Es wird kritisiert, wir hätten bei der Erklärung von „Remigration" geschludert. Es heißt: “Selten besaß eine investigative Recherche einen so hingehuschten Kern.”
Das vermeintlich „Hingehuschte“ bleibt bei einer bloßen Behauptung. Wer unseren Text liest, wird sehen, dass wir klar und deutlich beschreiben, worum es bei dem Treffen in Potsdam ging: Redner und Teilnehmer sprachen von Remigration. Im Rahmen eines "Masterplans".
Deutlich wird aus den belastbaren Zitaten: Es ging ihnen darum, Millionen von Menschen – darunter ausdrücklich auch solche mit deutscher Staatsangehörigkeit – zu vertreiben. Das suggerieren wir nicht, sondern schreiben es klar.
Wir haben ausführlich erklärt, was Sellner und andere Teilnehmer darunter verstehen, insbesondere in unserem Infokasten "Das rechtsradikale Konzept der Remigration". Was Übermedien gerne sonst noch erfahren hätte, bleibt leider unklar.
Das “Masterplan”-Framing hat sich im Übrigen nicht Correctiv ausgedacht. Es tauchte bereits in den Einlaungsschreiben der Veranstalter auf
3) Die Autoren behaupten auch, in unserem Text sei nicht belegt, dass der Neonazi Martin Sellner nach rassistischen Kriterien Menschen massenhaft aus Deutschland ausweisen wolle.
Erstmal: Im Text wird der rassistische Begriff der “nicht-assimilierten Staatsbürger” zitiert. Ebenso der Begriff der “ethnischen Wahl”. Im Kasten wirdKontext gegeben, im Bezug zu Sellners Buch und auf Krah, der mit ihm beim rechtsextremen Ideologen Kubitschek publizierte.
Es kann keinen Zweifel geben, dass es um rassistische Kriterien geht.
Angeblich hätten wir gegenüber LTO (und Übermedien) eingeräumt, dass Sellner nicht direkt über rassistische Kriterien gesprochen habe. In einer Mail fragte LTO (nicht Übermedien) am 20. Februar Folgendes. Hier ein Auszug, inklusive unserer Antworten. Meinten sie etwa das??!
Das oben zitierte Urteil ist übrigens dieses, VG Köln Az. 13 K 208/20 (Ab Zeile 56ff // 281 ff // 354 ff): justiz.nrw/nrwe/ovgs/vg_k…
4) Übermedien behauptet, es gebe keine Belege, dass Rechtsradikale rechtsradikal seien. Auch das ist falsch, wie schon eben beschrieben.
Zudem: Wer Rechtsextremes zustimmend bespricht, zusammen mit Rechtsextremen, sollte als solches eingeordnet werden. Ich finde auch, dass Recherche-Veröffentlichungen von dieser Tragweite kritisch beleuchtet werden müssen.
Aber warum dabei von Übermedien aus rechtsradikalen Ideen "rechte Ideen" werden, warum aus einem konspirativen Treffen eine "vermeintliche" Heimlichkeit wird, irritiert.
5) Sie behaupten, wir würden nicht “hinreichende Belege anführen”: Wir verfügen über eine solide Quellenlage, die über das im Artikel dargestellte hinausging. Vieles ist direkt und nachvollziehbar belegt, etwa mit Fotos, mit Einladungsschreiben etc.
Was im Raum besprochen wurde, haben wir belastbar überprüft. Der Schutz unserer Quellen hat für uns höchste Priorität. Um die Quellen zu schützen, können wir diese Belege aber nicht offenlegen. Auch das gehört zu den Grundsätzen sauberen Journalismus.
Ich bin mir nicht sicher, ob die Autoren das verstanden haben, daher hier nochmal deutlich: wenn wir alle Informationen publizieren würden, könnte das ggf. Rückschlüsse auf die Quellen ermöglichen. Das haben wir auch mehrfach erklärt. Etwa hier correctiv.org/aktuelles/neue…
6) Ein NIUS Autor lässt die Korken knallen, weil der rechte Spinn übernommen worden sei: “All das, was jetzt bei »Übermedien« zu lesen ist, wurde anfangs von »NIUS«, »Junge Freiheit«, dem »Cicero« und »Tichys Einblick« zusammenrecherchiert.”
Hier nur ein Beispiel für parallele Argumentationen aus dem Text:
"Wer allerdings Aussagen von Correctiv für bare Münze nimmt und als Tatsachen ausgibt, riskiert juristische Niederlagen. Wie die „Tagesschau“, die unter Berufung auf Correctiv behauptet hatte, in Potsdam sei auch über die Ausweisung von deutschen Staatsbürgern diskutiert worden."
Was da steht, ist einfach falsch. Wir erklären in folgendem Text, wie die Rechten mit juristischen Scharmützeln die Tagesschau angreifen und dann die Welt glauben lassen wollen, Correctiv hätte Fehler gemacht, die übernommen worden seien. correctiv.org/aktuelles/neue…
7) Parallel zum Übermedien-Text veröffentlichte einer der Autoren, Felix Zimmermann, einen juristischen Fachartikel zur Causa Vosgerau / NDR, Tagesschau. Also das Thema, zu dem sie in ihrem Text denselben Fehler wie Tichy und Nius machten.
Es ging um genau diesen Teil zu Vosgerau, in dem sie eine Falschbehauptung machen! Es war sein Fachthema!
Fun Fact: Auch dieser LTO-Text hatte zwei Fehler, die wir ihnen kollegial anmerken. Soweit so normal. Aber:
Die Fehler, die wir korrigierten: a) Das zentrale Wort, “Ausweisung”, um das es bei dem Urteil ging, war offenbar falsch. b) Die juristische Einschätzung (im juristischen Fachartikel): falsch. Der Beschluss war nicht unanfechtbar. lto.de/recht/hintergr…
Wer nach all dem von “Anstand und Wahrheit” schreibt und für sich beansprucht, die “Maßstäbe soliden journalistischen Arbeitens” setzen zu können: nunja.
Apropos Anstand: Wir wurden nicht mal um Kommentierung der Vorwürfe gegen uns von Übermedien gebeten. Weder wir noch unser Anwalt wurden um Stellungnahmen vor Veröffentlichung gebeten. Dabei hätten wir einige Ungebauigkeiten im Übermedientext vielleicht beheben können.
Wir sind offen für den Dialog, kritische Fragen und konstruktive Kritik. Das organisieren wir sogar aktiv. Seit der Veröffentlichung sind wir auf vielen Bühnen und debattieren heftig mit dem Publikum. freiepresse.de/mittelsachsen/…
Soweit erstmal ins Sommerloch gerufen. Man kann den Text stilistisch schlecht finden. Das ist völlig okay. Ich mag ihn.
Nun würde ich die Drei aber hiermit gerne einladen, dies weiter mit uns in Person zu besprechen. Bei uns in Berlin, im Haus von Correctiv. Auch gerne live gestreamt, wenn sie möchten. @niggi, @fewizi und @chkucklick - kommen Sie?
PS:
Es gibt auch weitere Einordnungen, etwa vom @Anwalt_Jun, der dort als Kronzeuge genannt wurde, weil eine Öffentlichkeit von uns in die Irre geführt worden sei:
Alle reden über KI - neue Funktionen, Weltuntergangsszenarien.. aber kaum jemand redet darüber, welche Firmenkonstrukte dahinter liegen. Welche Menschen stecken dahinter, was passiert mit unseren Daten?
Das ist viel viel Geld. Als ich mich umschaute, merkte ich, wieviel Finanzkapital gerade in diesen gehypten Bereich gesteckt wird. Geld kommt vor allem aus den USA und China.
Hallo ich hab kurz was zu Russia Today, Geheimdiensten und der Kriegsspielindustrie zu sagen. Robert Habeck und Christian Lindner kommen in unserer Recherche auch vor. 1/
Habt ihr euch mal überlegt, wer eigentlich das Internet baut? Also: wer großen Daten, Videos & Bilder, auf eure Handys lädt, wessen Server das sind? Bei Russia Today ist es u.a. GCore. Ne Firma, die mir Spielen wie World of Tanks groß wurde, also als CDN 2/
CDNs, das sind Netzwerke von Servern die Daten bereitstellen. Sie verteilen. Online-Spiele, aber eben auch Propaganda-Videos darüber, wie toll die Wagner-Gruppen-Söldner seien. 3/
Wow, wir müssen über die Synergien von Tech-Companies und Faschismus reden. Nein, ich meine heute nicht den Irren, der sich diese Vogelapp kaufte, heute geht es um Amazon und Hindu-Faschismus. Wer muss schon Bücher verbrennen, wenn er sie auch schreddern kann?
Amazon kaufte in Indien einen großen Buchverlag, Westland, um ihn 5 Jahre später: zu schließen. Nicht weiterverkaufen: schließen. Die Bücher zu schreddern. Die Werke der Autor*innen verschwinden.
Und das, während sich in Indien gerade eine der größten faschistischen Bewegungen der Welt ausbreitet: die Rashtriya Swayamsevak Sangh (RSS). Einer ihrer wichtigsten Ideologen, M. S. Golwalkar, berief sich offen auf die Nazis:
Our investigation about #Arvancloud was a rabbit hole. One little sideshow-fact was to see how money can apparently be sent to Iran by @paypal, using the German company Rheinmond GmbH. Does Paypal ignore the US-Sanctions? #MahsaAmini 🧵
This picture was sent by a source:
Rheinmond has the same CEO as Softqloud, the company that was in Arvanclouds Imprint and apparently was running the datacenters in Frankfurt and Dronten as part of Irans National Internet Project: Ms. Nafas.
The paypal picture was taken by a source, she says, when she bought an ebook on the Iranian platform Taaghche.com
Verdammte Axt, was ist denn da passiert? Wir recherchierten zur Niederschlagung der Aufstände im Iran und landeten in einem Reihenhaus in Meerbusch. Vor Veröffentlichung meldete sich @baerbock, Anwälte schickten Drohschreiben. Was ist passiert? 🧵correctiv.org/aktuelles/2022…
Vielleicht habt ihr vom iranischen Abschottungsprogramm des Internets gehört. Sie wollen ein Internet, was “halal” ist, also kontrollieren, wer Zugang zu was hat. en.wikipedia.org/wiki/National_…
Immer wieder wurde während der Proteste einfach alles abgeschaltet. Interessant dabei ist, dass es immer wieder Berichte gab, dass die Taxi-App “Snapp” weiter erreichbar blieb. Und: dass Menschen aufgrund von Fahrgast-Daten festgenommen wurden. BBC: instagram.com/p/CjdqcHrICdF/
Wir müssen uns die aktuellen Entwicklungen bei change.org anschauen. Was da passiert ist gruselig. Meine These: es vereint das Mächtigste aus Kapitalismus und russischer Propaganda. Im Bild der Quatsch der gerade viral geht.
Ich fasse mal zusammen, was ich weiß:
Kurz vorweg: was ich weiß, ist aus Hintergrundgesprächen. Ich komme gerade nicht dazu, Belege einzusammeln und die Fakten doppelt zu checken. Wenn ihr also Gegenläufiges wisst, kommentiert es bitte. Trolle werden geblockt. Okay, los gehts:
Change kam auf den deutschen Markt und versuchte disruptiv zur größten Petitionsplattform zu werden. Die deutschen Mitarbeiter*innen sagten: stopp! Hier haben wir eine Datenschutzkultur. Und bitte, lasst es gemeinnützig gestalten. Es gab viel Kritik in den sozialen Bewegungen,