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Nov 26, 2024 5 tweets 3 min read Read on X
Seit kurzem geistert wieder eine Grafik auf X herum, die von Habeck-Fans meist kommentarlos hingeklascht wird und beweisen soll, dass Strom aus neuen #Kernkraft-Werken sündhaft teuer ist.

Ich habe mir die Studie dazu angeschaut und bin auf 3 interessante Punkte gestoßen🧵(1/5) Image
Punkt 1: Investitionskosten

Im hohen Szenario geht man davon aus, dass Kernkraftwerke Investitionskosten von bis zu 16.000 EUR/kW verursachen. Dieser Wert ist absurd hoch.

Schauen wir auf das Beispiel des finnischen AKWs Olkiluoto 3, das aufgrund der explodieren Kosten von stark kritisiert wurde. Am Ende hatten sich die Kosten verdreifacht auf 11 Mrd. EUR. Bei einer Nennleistung von 1.600 MW macht das aber nur 6.900 EUR/kW, also weniger als die Hälfte des Wertes aus der Studie. (2/5)Image
Punkt 2: Lebensdauer

Hier können wir es kurz machen. Für neue Kernkraftwerke eine Lebensdauer von nur 45 Jahren anzusetzen, ist unredlich und widerspricht den Ansätzen internationaler Studien. 60 Jahre wäre das Mindeste. (3/5)Image
Punkt 3: Volllaststunden

Nun wird es interessant. Zunächst möchte ich voraus schicken, dass deutsche Kernkraftwerke im Jahr 2021 im Schnitt 8.070 volllaststunden hatten ⬇️. Das entspricht einer Verfügbarkeit von 92 % (das Jahr hat 8.760 Stunden).

Im niedrigen Szenario 2045 setzt Fraunhofer aber nur 2.000 Volllaststunden an ⬇️. Warum? Ich zitiere:

"Hierbei wurde auch die Abhängigkeit der Stromgestehungskosten von den Volllaststunden analysiert, da ein Stromsystem basierend auf Erneuerbaren Energien eine Komplementierung
durch flexible Kraftwerke mit niedrigen Volllaststunden vorsieht."

Im Klartext: Neue Kernkraftwerke wurden hier unter dem Gesichtspunkt analysiert, dass sie als Ergänzung zu den EE gebaut werden, sozusagen als Backup. Das ist der eigentlich Skandal. Auf diese Weise kann man doch unmöglich Kosten vergleichen. Die Unzulänglichkeiten der EE bzgl. Versorgungssicherheit werden kostenmäßig einfach auf die AKW abgewälzt! (4/5)Image
Image
Das ist auch noch in folgender Hinsicht interessant. Denn erst im April 2024, gab Bruno Burger vom Fraunhofer-Institut, hier bekannt unter @energy_charts_d der Wirtschaftswoche ein Interview, in dem er ausführte ⬇️:

"Kernkraftwerke sind nicht regelbar. Das ist ein Wunschdenken. Technisch funktioniert das nicht."

Und in der Fraunhofer-Studie, die nur wenige Monate später erscheint, werden die AKWs als regelbare Kraftwerke kalkuliert!

Da stellt sich doch die Frage:
Sollte vielleicht auch diese Studie eine Botschaft vermitteln, die durch unsere Bundesregierung bereits vorgegeben wurde?
(5/5)

@_freidel

wiwo.de/unternehmen/en…Image

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Jul 2
X-Learning:
Ich möchte mit Ihnen Schritt für Schritt die Analyse der deutschen Stromerzeugung in dieser Woche durchgehen und zeigen, wie man nach und nach das unten stehende Diagramm zerlegen bzw. erweitern und wertvolle Erkenntnisse daraus ziehen kann.
Ein Thread 🧵 (1/10) Image
(2/10)
In gelb 🟡 sehen wir die Stromerzeugung aus Solarstrom. In der Spitze ca. 50 GW (natürlich um die Mittagszeit), in der Nacht 0 Watt.

Darüber in schwarz ⚫️ ist die sogenannte Lastkurve. Das ist der bundesweite Strombedarf, der zu jeder Sekunde bereitgestellt werden muss. Image
(3/10)
Wir fügen On- und Offshore Windkraft hinzu (pastellgrün) und sehen, dass trotz der 30.000 Windkraftanlagen im Sommer oft nur sehr wenig davon verfügbar ist. Immerhin werden diese Mengen hauptsächlich nachts erzeugt. Image
Read 11 tweets
Jun 25
Mal angenommen, der Strompreis WÄRE mit Kernenergie im Strommix teurer und MÜSSTE subventioniert werden. Dafür hätte man aber:

👉🏼 geringeren Flächenverbrauch als EE (*1)
👉🏼 geringeren Rohstoffverbrauch als EE (*2)
👉🏼 geringeren Bergbau-Aufwand als EE (*3)
👉🏼 geringeren CO₂-Ausstoß als EE (*4)
👉🏼 eine vergleichbare Sicherheit wie bei EE (*5)
👉🏼 höhere Zuverlässigkeit als EE (*6)
👉🏼 ein vorteilhaftes Erzeugungsprofil ggü. EE (*7)
👉🏼 weniger toxischen Müll als bei EE (*8)
👉🏼 geringere Abhängigkeit als bei EE (*9)

Also ich würde für diese ganzen Vorteile sehr gerne etwas mehr bezahlen. Die gute Nachricht ist: das ist nicht mal der Fall. Es sind Länder wie Deutschland 🇩🇪, Irland 🇮🇪 und Dänemark 🇩🇰, die 2024 die höchsten Endkundenpreise hatten. Und diesen Ländern fehlt WAS? Genau! (*10)
(*1) Flächenverbrauch: Image
(2*) Rohstoffverbrauch: Image
Read 11 tweets
Jun 4
☢️ Die Angst vor radioaktiver Strahlung ist gefährlicher als die Strahlung selbst!

Was wie eine Provokation klingt, ist wissenschaftlich gut belegbar.

Ein Thread über Angst, Gesundheit, Energiepolitik – und wie wir uns selbst schaden. 🧵(1/9) Image
(2/9)
Nach Tschernobyl (1986) & Fukushima (2011) war das größte Gesundheitsrisiko für viele Menschen nicht die Strahlung, sondern:

👉🏼 Angst
👉🏼 Soziale Ausgrenzung
👉🏼 Depressionen
👉🏼 Erzwungene Evakuierungen

➡️ Die psychosozialen Folgen übertrafen oft die physischen Schäden.
(3/9)
🇯🇵 Fukushima konkret:

Die Zahl der Toten durch die Evakuierung überstieg die Zahl der Strahlenopfer deutlich.
WHO & UNSCEAR bestätigen: Das größte Gesundheitsrisiko war psychischer Stress – nicht Strahlenkrankheit.

Aus Angst, zu wenig zu tun, wurde zu viel gemacht.
👉🏼 Übervorsicht
👉🏼 extrem niedrige Grenzwerte
👉🏼 Politische AbsicherungImage
Read 9 tweets
May 28
🧵1/8
Die Kernkraft und die Cola-Dose! Einem Mythos auf der Spur.

Stell dir vor, dein ganzer Strom fürs Leben käme nur aus #Kernenergie.
Für wie viel Atommüll wärst du verantwortlich?
Einen Container? Ein Fass?
Oder vielleicht… nur eine Cola-Dose? ☢️

Rechnen wir es aus ⬇️ Image
2/8
Wie viel Strom verbraucht ein Mensch im Leben? ⚡

Ausgangslage:
👉🏼 83 Mio. Menschen in 🇩🇪
👉🏼 465 TWh Verbrauch in 2024 .

Das ergibt pro Bürger: 5.600 kWh / Jahr
Bei 80 Jahren Lebenserwartung sind das ca.

450.000 kWh Strom - für jeden Deutschen.Image
3/8
Wir nehmen wir an: 100 % aus Kernenergie ⚛️

👉🏼 Ein 1 GW Druckwasser-Reaktor erzeugt pro Jahr etwa 8,5 TWh Strom.
👉🏼 Für diese Energiemenge werden 30 Tonnen Brennstoff (Uranoxid) benötigt.

➡️ Wir bemühen den Dreisatz:
Ein DWR erzeugt aus 1 kg Uranoxid ca. 280.000 kWh Strom.Image
Read 9 tweets
May 26
In 🇩🇪 gelten abgebrannte Brennstäbe als „Müll“, den wir für Millionen Jahre tief vergraben müssen.
Doch was, wenn dieser "Müll" in Wahrheit ein hochwertiger Rohstoff ist – mit über 90 % ungenutzter Energie?
Ein Thread über KEIN Endlager 🧵 (1/6) Image
💡 Warum ist da noch so viel ungenutzte Energie drin?

Weil der Brennstoff im Reaktor nur teilweise genutzt wird. Übrig bleiben:
👉🏼 Uran-238
👉🏼 Plutonium-239
👉🏼 Transurane (Americium, Curium,...)

➡️ Diese Stoffe sind erneut verwertbar – mit der richtigen Technik. Was man salopp "Atommüll" nennt, ist also ein potentielles Energielager der Zukunft (2/6)Image
⚛️4⃣ Mit künftigen Reaktoren (Gen IV) könnten wir:

👉🏼 Das Plutonium effizient verschwinden lassen
👉🏼 Langlebige Isotope in kurzlebige umwandeln (Transmutation)
👉🏼 Und nebenbei CO2-frei Energie erzeugen!

➡️ Statt Endlager: Recycling + Energie ♻️ (3/6) Image
Read 7 tweets
May 16
#Kernenergie ist extrem gefährlich!
Sagen die Kritiker.

Doch rein objektiv ist das Risiko eines schweren Unfalls in Druckwasser-Reaktoren wie in 🇩🇪 oder der 🇨🇭 verschwindend gering. Warum wird die Gefahr trotzdem massiv überschätzt?

👉🏼 Ein 🧵 über Psychologie & Wahrnehmung. Image
1) Verfügbarkeitsheuristik 🔍

Wir ERINNERN uns an Tschernobyl & Fukushima - an die Bilder und Emotionen, an die gruselige Berichterstattung. Was oft im Kopf auftaucht, halten wir für wahrscheinlicher!

Zwischen Bauchgefühl und Statistik liegt oft ein weiter Weg ⬇️ Image
2) Unsichtbarkeit ☢️

Strahlung, Viren oder Gentechnik erzeugen oft diffuse, schwer greifbare Ängste - gerade weil sie nicht direkt wahrnehmbar sind z.B. durch Schmerzen. Das führt zu Unbehagen.

"Ich spüre es nicht, ich verstehe es nicht - also ist es vermutlich gefährlich." Image
Read 8 tweets

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