Nie hab ich so völlig außer Kontrolle geratene Polizei erlebt wie heute in #Riesa.
Glaubt mir, wenn ich euch sag, dass die Bilder und Videos nicht in der Lage sind wieder zu geben wie krank, das heute war. #rie1101 Hier ein Thread:
Kurz zur Ausgangslage: Wir stehen um 13:30 auf irgendeiner Kreuzung in Riesa. Die Polizei hat uns dort festgesetzt, warum weiß niemand.
Die Versammlung ist zu diesem Zeitpunkt noch eine Spontanversammlung. Per Megaphon wird die Info durchgegeben, dass gerade versucht wird eine offizielle Kundgebung anzumelden.
Plötzlich die erste Durchsage der Polizei: Die Versammlung sei aufgelöst, wir sollen uns entfernen, sonst wir eine Räumung mit Zwang durchgesetzt.
Eine Minute darauf die zweite Durchsage der Polizei: Wir sollen uns mit Richtung Bahnhof entfernen, sonst werde eine Räumung mittel Zwang durchgesetzt.
Zu diesem Zeitpunkt hat der AfD-Parteitag längst begonnen. Es gibt niemanden mehr zu blockieren.
Außerdem steht die Abreise per Bus vom Riesera Bahnhof um 14:00 ohne hin kurz bevor.
Hunderte Menschen beginnen also zwischen den Polizei-Autos und den Polizeiketten Richtung Bahnhof zu strömen. Wenn auch etwas langsam, da die Lücken, die die Polizei zwischen ihren Ketten lässt, nicht besonders groß sind.
Auch meine Freundesgruppe beginnt sich in diesem Moment in Richtung Bahnhof zu bewegen.
Zu diesem Zeitpunkt stehen wir am Rand der Demo, genau gegenüber der von der Polizei vorgesehen Ausgänge. Wir müssen also warten, bis der Stau an Personen sich aufgelöst hat.
Per Megaphon wird auf einmal durchgesagt, dass es sich jetzt um eine angemeldete Versammlung handelt. Völlige Verwirrung. Der Strom der Menschen kommt ein bisschen ins Stocken. Einige wollen scheinbar an der angemeldeten Versammlung teilnehmen.
Kaum 30 Sekunden später die dritte Durchsage der Polizei. Wir müssen die Kreuzung räumen, sonst würden sie Zwangsgewalt einsetzen. Erneut große Verwirrung.
Vom Zeitpunkt der ersten Durchsage an, bis zum Zeitpunkt der dritten Durchsage sind vielleicht 4 Minuten vergangen. Niemals genug Zeit für ca. tausend Demonstrat*innen, die Kreuzung zu verlassen unter den Bedingungen, die die Polizei selbst geschaffen hat.
Dann beginnen 5 Minuten, die ich wohl nicht mehr so schnell aus dem Kopf kriegen werde. #Riesa #rie1101
Eine Gruppe Polizist*innen kommt auf uns zugerannt. Helme, Panzerung, Schlagstock im Anschlag.
Sie beginne uns vor sich herzutreiben, bis wir eingequetscht zwischen ihnen und hunderten Menschen stehen, die noch immer versuchen, die Versammlung zu verlassen.
Obwohl sie sehen, dass wir keinen Ausweg haben, schieben sie sich mit aller Kraft vor uns her.
Die ersten Menschen, beginne zu schreien, weil sie inzwischen so brutal zwischen Polizei und sich stauender Menschenmasse eingequetscht sind, dass ihnen Luft zum Atmen wegbleibt.
Trotzdem werfen sich die Polizist*innen mit vollem Körpergewicht immer wieder auf die erste Reihe der Demonstrat*innen, um zum Weiterlaufen zu zwingen (was offensichtlich völlig unmöglich ist).
Zu diesem Zeitpunkt stehe ich ca. in der dritten Reihe. Trotzdem stehe ich nur ca. eine Armeslänge von dem schätzungsweise ca. 90 kg schweren Polizisten entfernt, der mich aus stierenden weit aufgerissen Augen anguckt. Voll im Adrenalinrausch.
Zwischen mir und dem Polizisten steht noch eine Freundin von mir (in zweiter Reihe) und eine mir unbekannt junge Frau. Gegen ihre Rücken schiebt der großgewachsene Polizist mit aller Kraft.
Auch ich habe inzwischen große Schwierigkeiten zu atmen, aber den beiden Frauen geht es deutlich schlechter. Meine Freundin hat die Augen geschlossen. Ihr Gesicht ist schmerzverzerrt. Sie schreit.
Die junge Frau direkt vor der Polizei hat eine full on Panikattacke. Ihr rinnen die Tränen, die Wangen herunter. Immer wieder schreit sie: "Ich kann nicht Atmen!"
Die Polizei macht einfach weiter. #Riesa #ries1101
Verzweifelt versuche ich irgendwie, die Polizeikräfte vor mit mir zu beschwichtigen. "Wir laufen ja schon!" "Ganz ruhig!" erst ruhig sprechend - weil ich die Erfahrung gemacht haben, dass das manchmal besser funktioniert - dann lauft rufend ohne den geringsten Erfolg.
Inzwischen ist völlig Panik ausgebrochen. Menschen schieben und drücken in alle Richtung, um den Attacken der Polizei zu entgehen.
Manche fallen hin, ohne dass ihnen jemand aufhelfen könnte, weil alle damit nur damit beschäftigt sind, selbst stehenzubleiben.
Über einiger diese hingefallenen Menschen stolpern die Polizist*innen sogar. Halb auf ihnen liegend prügeln sie weiter auf am Boden liegende Personen ein.
Auch ich selbst schaffe es einmal nur, um Haares breite auf den Füßen zu bleiben. Ein letztes Mal drehe ich mich zurück, und versuche irgendwie meine Freundin und die junge Frau - die wie am Spieß schreit - aus ihrer schrecklichen Lage zu befreien.
Einen kurzen Moment überlege ich sogar, ob ich als letzten Ausweg dem Polizisten vor mir mit der Hand ins Gesicht oder ans Pfefferspray fassen soll. Beides war in dem Moment ca. eine Armeslänge von mir entfernt.
Aber das Wissen, dass ich dafür wahrscheinlich im Gefängnis landen würde und die Angst den Polizisten noch rasender und es für die beiden Frauen dadurch noch schlimmer zu machen hält mich davon ab.
Kurz darauf werde ich von den beiden getrennt und hinter einen Polizeibus gedrängt. Dort ist es deutlich ruhiger, weil der Polizeibus als Barriere zwischen mir und dem Chaos dient.
Auf einmal merke ich, dass ich noch immer eine andere Freundin von mir an der Hand halte. Wir hatten uns offenbar während ganz Zeit aneinander festgehalten.
Sie wirkt aufgelöst. Tränen laufen hier herunter. Sie blickt desorientiert umher.
Ich entscheide, dass es nichts gibt, was ich jetzt noch für meine andere Freundin und die junge Frau tun kann, die noch immer in der Menschenmaße von der Polizei vor sich her getrieben werden.
Ich ziehe also meine Freundin, deren Hand ich noch immer halte, den schmalen Korridor zwischen Polizeibusen und Straßenrand entlang, weg von der Polizeikette, die noch immer auf die Menschen einprügelt.
So laufen wir bis zum Bahnhof von Riesa. Beim Umdrehen sehen wir immer wieder, wie die Polizei noch immer die Menschen mit Schlagstöcken vor sich her treibt, bis wir außer Sichtweite sind.
Fazit:
Die völlige Eskalation der Polizei, die wir in Riesa erlebt haben, wird viele von uns noch lange - wahrscheinlich über Jahre - beschäftigen.
Darüber hinaus habe ich aber eine Lektion gelernt, die wahrscheinlich schon viele vor mir gelernt haben:
Beim Kampf gegen den Faschismus ist die Deutsche Polizei - die ja eigentliche Grundgesetz und Menschenrechte schützen sollte - einer deiner gefährlichsten Gegner! #Riesa #ries1101
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Benjamin ist seit über 24h in Polizeigewahrsam, nachdem er u. A. mit mir gemeinsam den #BER blockiert hatte.
Gestern saß ich dort 5 St. in Unterhose und Shirt alleine in einem gefliesten Raum. Ich habe mich
Zusammengekauert unter zwei Decken, um vor Kälte nicht zu zittern.