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armchair virologist, top-hobbyvirologe, klima-experte, hier privat +++ gemeinsam gegen desinformation +++ ich bin gegen Nazis

Apr 28, 2022, 15 tweets

#MassnahmenEvaluierung: All diese Kurven sehen seit 2 Jahren gleich aus, immer wieder, weltweit, die Daten sind überwältigend. Das Thema ist intellektuell lange durch, en­nu­y­ant: Social Distancing wirkt nicht wie gedacht.

Die wirklich spannende Frage lautet: WARUM nicht?

🧵

Wenn zwischen Vorhersage und Wirklichkeit große Lücken klaffen, dann ist das meist ein Anzeichen dafür: etwas ist völlig unverstanden.

Ein 🧵zu einigen offen Fragen der Virologie.

Denn die Idee ist eigentlich plausibel, geradezu bestechend: Reduzieren wir die Kontakte, dann reduzieren wir die Ansteckungen....

...ebenso bestechend wie die Idee von der Bevölkerungsdichte, die angeblich einen Einfluss auf die Virusübertragung hat. Aber auch hier - Fehlanzeige.

Dicht besiedelte Gebiete haben keineswegs ein anderes Infektionsgeschehen als dünn besiedelte.

Warum? Eine Möglichkeit ist, dass Sozialkontakte schlichtweg nicht die Bedeutung haben, die wir ihnen beimessen. Gibt es andere Übertragungswege, z.B. über Oberflächen?

Sind fekal-orale Übertragungswege unterschätzt? Die SARS2-Konzentration ist im Stuhl extrem hoch, und am Rhesusäffchen ist nachgewiesen, dass nach fekal-oraler Übertragung eine SARS-Pneumonie ausgelöst werden kann. Auch Drosten war sich am Anfang nicht so sicher:

Und: Warum verlaufen Infektionen überhaupt in Wellen? Diese Wellen werden seit Jahrhunderten erkannt. Bei Grippe ist dies vielen bekannt, weniger bekannt: Das gilt auch für fast alle anderen Infektionskrankheiten, von Noro über Masern bis zu den Röteln.

Selbst bei Stalltieren finden sich diese merkwürdigen Wellen.

Und woher kommt die Saisonalität? Völlig unklar. Ist sie im Virus selbst angelegt, oder im Wirt?

Noch faszinierender als das plötzliche Auftreten, ist das unvermittelte Abflauen dieser Wellen - obwohl reichlich Sus­zep­ti­bele in der Bevölkerung übrig sind.

Insbesondere dieser Punkt ist völlig unverstanden. Hope-Simpson beschreibt 1957 eindrücklich:

Gibt es Reservoire, in Tieren, in Unbelebten oder sogar im Menschen, ähnlich Herpesviren? Hope-Simpons hatte derartiges für die Grippe postuliert.

Es gibt dafür kein molekularbiologisches Korrelat, könnte aber viele Punkte, zb. die Explosivität der Viruswellen gut erklären.

Auch unklar bei SARS2: Wer ist eigentlich ansteckend? Hohe Viruslast ist notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung für Infektiosität.

Die meisten infizierten stecken gar keinen an, dafür andere 40. Solange das nicht geklärt ist, kann man sich eigentlich alle Modelle sparen.

Oder ist es einfach eine Frage der Wirkstärke? Sind unsere Maßnahmen einfach hoffnungslos zu schwach gegen die Wucht einer Viruswelle?

... und so könnte man die Liste an offenen Fragen immer weiter führen.

Fehler in der #Wissenschaftskommunikation von Anfang an: zu wenig Eingeständnis von weit klaffenden Wissenslücken, zu viel Selbstsicherheit mit Verweis auf "die Wissenschaft".

Wird das Rätsel der Viruswellen bald geklärt?

Vermutlich versinkt das Thema bald wieder von der Bildfläche. Es hat 100 Jahre niemanden wirklich interessiert, wie sich Viruswellen ausbilden.

Spätere Generationen werden bei der nächsten Pandemie wieder vor diesem Rätsel stehen.

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