Thorsten Müller Profile picture
Gründer und Vorsitzender des Stiftungsvorstandes der Stiftung Umweltenergierecht. Begleitet die Rechtsentwicklung der Energiewende seit über 15 Jahren.

Mar 1, 2023, 13 tweets

Weil aktuell die Frage des Heizungsaustausches (zugespitzt als #Heizungsverschrottung) leidenschaftlich diskutiert wird, hier ein Blick auf die derzeitige Rechtslage, um die Diskussion besser einordnen zu können.

Seit der ersten Energieeinsparverordnung (EnEV 2002) gibt es das Verbot, bestimmte alte Heizkessel weiterzubetreiben. Das betraf nur Heizungen aus der Zeit vor der ersten Heizungsanlagen-Verordnung. Zulässige Betriebsdauer: min. 28 Jahre und 3 Monate

Diese Vorgabe ist seither immer wieder modifiziert worden, es blieb aber immer bei einem Betriebsverbot bestimmter alter Heizungen. Wenn das Gebäude weiter genutzt werden soll, war und ist ein Betriebsverbot letztlich eine Austauschpflicht.

Es gab und gibt auch wichtige Ausnahmen vom Betriebsverbot. Die weitreichendste ist wohl die Fristverlängerung für selbstgenutzte Gebäude, die aber heute schon nur noch abgeschwächt für min. seit Februar 2002 (teilweise) selbst genutzte Ein- und Zweiwohnungshäuser gilt.

Mit der EnEV 2004 wurde die Austauschpflicht um bis zu 2 Jahre verschoben, wenn die vor Oktober 1978 eingebauten Heizungen zwischenzeitlich ertüchtigt oder erneuert wurden. Die Austauschpflicht blieb dem Grunde nach aber unberührt.

Mit der Novelle zur EnEV 2007 war bereits die "Austauschfristen" nach § 9 EnEV 2004 zum Jahresende 2006 abgelaufen. Nur die ertüchtigten bzw. erneuerten Heizungen waren folglich noch Regelungsgehalt des neuen § 10 EnEV 2007.

Dieser Zustand wurde mit der EnEV 2009 eingefroren. Das mittlerweile für alle vor Oktober 1978 in Betrieb genommenen Heizkesseln gültige Betriebsverbot wurde weiter festgeschrieben. Im Rahmen einer ersten Änderung der EnEV 2009 blieb dies unverändert.

Die auch nach Ablösung der EnEV durch das GEG heute dem Grunde nach noch gültige Austauschregelung wurde dann im Rahmen der zweiten Änderung der EnEV 2009 zum 1.5.2014 im Bundesrat (Drs. 113/13 (Beschluss)) eingeführt und beschlossen. bundesrat.de/SharedDocs/dru…

Erstmalig ab Januar 2015 betrifft das Betriebsverbot damit auch nach dem Inkrafttreten der Heizungsanlagen-VO in Betrieb genommene Heizkessel und zwar grundsätzlich immer dann, wenn diese 30 Jahre alt werden.

Ziel der Regelung: "Die bestehende Austauschpflicht (sic!) sollte wenigstens minimal der technischen Entwicklung angepasst werden." Zudem ging der Verordnungsgeber von einer Wirtschaftlichkeit aus, da sich Anlagen innerhalb von 25 Jahren amortisieren würden.

§ 10 EnEV wurde nach 2014 nicht mehr geändert. Eine Neufassung - nur im Wortlaut, nicht im Kern der Sache - gab es dann erst mit dem Gebäudeenergiegesetz, in dem die EnEV zusammen mit dem EnEG und dem EEWärmeG aufging. Auch dort bleibt es grundsätzlich bei der 30-Jahres-Regelung.

§ 72 Abs. 2 GEG führt dieses dynamische Betriebsverbot für Heizkessel nach 30 Jahren Betriebszeit fort. In Abs. 1 wird das Betriebsverbot auf alle zum Zeitpunkt des Inkrafttreten des GEG bereits erfassten Heizungen erstreckt.

Fazit: In der aktuellen Diskussion wird häufig übersehen, dass Betriebsverbote dem Grunde nach für alte Heizungen keine Neuerung sind. Die Neuregelung zur Umsetzung der 65-%-EE-Vorgabe wird zwar vermutlich auch hier zu Änderungen führen (müssen). Aber neu ist der Ansatz nicht.

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