Die Erfindung einer transfeindlichen Tradition: Wie #TERFs gefährliche Geschichtsklitterung betreiben
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Transfeindliche Akteure behaupten, dass Erwin Gohrbandt, (neben Ludwig Levy-Lenz) ein Pionier der Vaginoplastik, an Menschenversuchen in Dachau beteiligt war, um die geschlechtsangleichende Chirurgie zu dämonisieren. Wir sind dem nachgegangen und fanden heraus: Das ist falsch – lest warum.
Entgegen der Behauptung diverser transfeindlicher Akteure, dass Trans-Sein ein neues Phänomen sei, gibt es sie schon immer. Seit jeher suchten trans Menschen medizinische Hilfe zur Geschlechtsangleichung. 1⃣
#KnowYourTERF #TransHistory
Während Pubertätsblocker seit den 1990er Jahren Standard sind, wurden chirurgische Verfahren zur Geschlechtsangleichung bereits in den 1920er Jahren angewandt. 2⃣
magazine.scienceforthepeople.org/online/hormona…
Die langjährige Praxis der Geschlechtsangleichung stellt transfeindliche Akteure vor ein Problem. Wie kann etwas eine neue Mode sein, wenn es schon immer existierte?
Deren Lösung: Greife medizinhistorische Zusammenhänge auf und bette sie in ein alternatives Geschichtsnarrativ ein, um medizinische Maßnahmen für trans Menschen in eine verwerfliche Tradition zu rücken. Invention of Tradition im Dienste eines Kulturkampfes von Rechts. 3⃣
Das Berliner Institut für Sexualwissenschaft war eine Pionierinstitution, die die menschliche Sexualität erforschte und sich für LGBTQ+ Rechte einsetzte. Nach der Machtübernahme der Nazis wurde das Institut zur Zielscheibe ihrer Anti-LGBTQ+-Agenda, was 1933 zur Zerstörung seiner Bibliothek und Archive führte.
Mehr zum Institut in der NS-Zeit findet ihr beim Museum of Jewish Heritage (@MJHnews) und auf der Website der @mhstiftung. 4⃣
mjhnyc.org/events/transge…
Einige Kollegen Hirschfelds machten Karriere im Nazi-Regime, darunter der Chirurg Erwin Gohrbandt.
Hier ein Nachruf aus dem Jahr 1965, der seine Tätigkeit während des NS beschreibt. Ferner eine auf Primärquellen basierende Kurzbiographie. 5⃣
Transfeindliche Akteure behaupten immer wieder, dass Gohrbandt an Menschenversuchen in Dachau beteiligt war, um die geschlechtsangleichende Chirurgie zu dämonisieren.
Matt Walsh, ein ultrarechter US-Influencer, verbreitete diese Narrative auf Social Media. 6⃣
Ebenso der transfeindliche Aktivist und Filmemacher Malcom Clark, der immer wieder damit auffällt die Geschichte des Trans-Seins unter der NS-Tyrannei böswillig zu verzerren. 7⃣
Ähnlich falsche Behauptungen wurden auch von der Aktivistin und freien Journalistin Genevieve Gluck in ihrem Podcast „The Dark Side of Transgender Medicine“ aufgestellt. 8⃣
Die deutsche transfeindliche Aktivistin Rona Duwe perpetuierte diese Narrative und stellte sogar einen Zusammenhang zur aktuellen Diskussion um das Selbstbestimmungsgesetz her. 9⃣
Doch historische Recherchen zeigen eine andere Realität. Erwin Gohrbandt war kein Mitglied der NSDAP oder des NSD-Ärztebundes. Er nahm aber an einer von den Nazis organisierten Tagung teil, auf der Ergebnisse von Menschenversuchen in Dachau präsentiert wurden, und veröffentlichte darüber. 🔟
trend.infopartisan.net/trd0914/t53091…
Es gibt aber keine Hinweise darauf, dass Gohrbandt selbst an den Menschenversuchen beteiligt war. Das verbreitete Narrative beruht auf einer falschen Interpretation historischer Quellen, einschließlich einer Liste von NS-Ärzten, die von der US-amerikanischen Professorin Linda Woolf in den 1990er Jahren erstellt wurde und auf der englischen und auch deutschen Wikipedia verlinkt war. 1⃣1⃣
Wir persönlich haben Frau Professor Woolf angeschrieben und uns dann mit ihr durch die Quellen gearbeitet. Dabei haben wir festgestellt, dass ihre Materialien nicht dazu dienen sollten, transfeindliche Erzählungen zu unterstützen. Wir haben auch festgestellt, dass es keine einzige historische Quelle gibt, die Gohrbandts Beteiligung an den Menschenversuchen nahelegt. 1⃣2⃣
Geschichte wird leider oft für politische Ziele missbraucht. Historiker:innen müssen Fehlinterpretationen direkt ansprechen und Ungenauigkeiten korrigieren. Ethischer Journalismus und ein integratives Verständnis der Vergangenheit sind unerlässlich, um Stereotypen und vereinfachenden Erzählungen entgegenzuwirken.
Es liegt an uns allen, die Wahrheit zu suchen und Vorurteile zu bekämpfen, egal aus welcher politischen Richtung sie kommen. Diese Herausforderung ist groß, aber wir müssen uns ihr stellen und für eine genauere, integrativere und ethischere Darstellung der Geschichte kämpfen.
Und wie immer: #KeinRaumFuerTransfeindlichkeit ✊🏳️⚧️1⃣3⃣
Nachtrag: Hier eine Liste von Beiträgen von echten NS-Historiker:innen, die sich mit LGBTQIA+ Themen in dieser dunklen Zeit der deutschen Geschichte beschäftigen.
history.washington.edu/research/publi…
academic.oup.com/gh/article/39/…
daily.jstor.org/90-years-on-th…
daily.jstor.org/visualizing-tr…
Nachtrag 2: Hier die seit dem 28.11.2023 überarbeitete Liste von Frau Prof. Woolf. Sie hat Gohrbandt von der Liste genommen: faculty.webster.edu/woolflm/nazido…
Besonderer Dank geht an @julia_steenken die unabhängig zusätzlich recherchiert hat.
@julia_steenken @UnrollHelper unroll
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