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Soziale und asoziale Bewegungen oder warum linke und rechte Identitätspolitiken nicht verwandt sind.
"Wer Identität sät, wird Identitäre ernten. Über die Verwandtschaft linker und rechter Identitätspolitik." titelt der gestrige Dimensionen Beitrag auf @oe1 und reproduziert wieder einmal diverse Kurzschlüsse. oe1.orf.at/player/2018111…
Gleich vorne weg: Rechte Identitätspolitik sei es White Supremacy, Identitäre, Deutschnationale, Ungarntum, etc orientieren sich am Machterhalt, am Erhalt struktureller Gewalt, die sie verteidigen. Sie produziert Essenzen der Identität.
Linke Identitätspolitik orientiert sich an Unterdrückungsachsen, ob Sklaverei, Rassismus, Sexismus, Trans- und Homofeindlichkeit, Ableism, sie will die Strukturen der Gewalt beenden. Sie produziert Strategien der Identität.
Der Redakteur der Sendung verläuft sich regelmässig in den ausgetrampelten Pfaden der Hufeisentheorie (links genauso schlimm wie rechts), biegt sich den Schmerz des drohenden Privilegienverlustes mit dem Vorwurf der Empfindlichkeit marginalisierter Gruppen zu recht.
Es solle doch wieder an das große Ganze gedacht werden, kommt aus der Ecke der Komplexitätsmimimis, die es einfach nicht gebacken kriegen, dass ein Black Lives Matter Movement angesichts der Polizeigewalt, angesichts der Toten eine strategisch unumgängliche Identitätspolitik ist.
Und selbstverständlich geht es dabei nicht um Empfindlichkeiten, sondern um die Einschränkung von Rechten aufgrund kollektiver Merkmale. Dass jene, die sich gegen Gewalt wehren Kollektive bilden, denen sie auch vertrauen können, wird ihnen zum Vorwurf gemacht.
Den Anzugträgern nicht. Sie sind das Neutrum. Keine Identität. Sie üben Gewalt aus, bzw lassen Gewalt ausüben und schaffen im Gegenzug linke Kollektive strategischer Identität.
Alles hat seine Zeit. So auch die Strategie. Manchmal macht es Sinn "Black Power" oder "Gay Pride" zu rufen, um aus der Erfahrung der Unterdrückung gemeinsame Kraft zu schöpfen und die jeweils spezifische Gewalt zu bekämpfen.
Es braucht dafür zeitweilige Identitäten.
Im Gegensatz zu rechten Identitätspolitiken geht es nicht um die Erhaltung der Vorherrschaft, nicht um die paranoide Idee eines weißen Genozids, sondern um ein gutes Leben für alle. Für alle, genau. Aber würde da ein Universalismus für alle nicht reichen?
Der Auseinandersetzung mit den partikulären, den einzelnen, spezifischen, strukturellen Einbettungen in der Gesellschaft kann sich ein humanistischer Universalismus nicht entziehen, weil er Gefahr läuft und dies in der Geschichte schon bewies, die spez. Gewalt zu reproduzieren.
Es tut einer bewegten Linken sicher gut, der Komplexität des Seins Augenmerk, Behutsamkeit und Zuneigung zu widmen, um das große Ganze strategisch in eine bessere Welt zu ändern.
Eine Verwandtschaft zwischen linken und rechten Identitätspolitiken herbeizujammern, weil von eben jenen Privilegien abgelenkt werden soll, die die achso tolle Aufklärung geschaffen hat, benutzt das Konstrukt des Hufeisens nur, um die eigene Macht zu verschleiern.
Nichts weiter als eine asoziale Bewegung der Mitte, die in diesem Beitrag geschickt gezeichnet wird, ein Europa, das mit der Aufklärung in die Kolonialzeit einstieg und die Ausbeutung vorantrieb. Solche Hinweise stören das Bild der Befriedung durch Demokratien ohne Gerechtigkeit.
Alles in allem ein unnötiger Beitrag, einer, der eben jenen eingeforderten Blick für's Ganze gar nicht versucht. Aber genau darum ginge es, die Gleichzeitigkeit von Partikularem und Universiellem zusammenzudenken. Und eigentlich ist das gar nicht so schwer.
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