Thread by @lucasguttenberg

Das @BVerfG verkündet am Dienstag sein Urteil zum Anleihekaufprogramm der @ecb. Dabei geht es eigentlich weniger um die EZB als um das Verhältnis zwischen Karlsruhe und Luxemburg. Und trotzdem könnte das Urteil massive Auswirkungen haben.

Thread:

bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Ter…

1/ Gegenstand des Urteils ist das QE-Programm der EZB, in dem die EZB und die nationalen Zentralbanken der Eurozone im großen Stil Staatsanleihen kaufen. Damit verhalten sie sich gerade wie alle großen Zentralbanken der Welt.

2/ Das @Bverfg hält das Programm zum einen für einen möglichen Verstoß gegen das Verbot der monetären Staatsfinanzierung und zum anderen für eine mögliche Kompetenzüberschreitung der EZB in den Bereich der Wirtschaftspolitik hinein.

3/ Doch für die Bewertung des Handelns von EU-Institutionen ist Karlsruhe gar nicht zuständig - das ist die Aufgabe des EuGH in Luxemburg (siehe Art. 267 AEUV unten). Deshalb hat KA den Fall in LU richtigerweise zur Vorabentscheidung vorgelegt: bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Ent…

4/ Der EuGH hat dankend angenommen und entschieden: Das EZB-Programm ist keine verbotene Staatsfinanzierung und vom Mandat der EZB voll gedeckt. Das ist damit die in der ganzen EU verbindliche Interpretation der entsprechenden Vertragsartikel.
curia.europa.eu/juris/document…

5/ Lediglich eine Frage beantwortete der EuGH nicht: Ob eine mögliche Änderung der Haftungsregeln im Anleihekaufprogramm hin zu mehr gemeinsamer Haftung vertragswidrig wäre. Das war dem EuGH zu hypothetisch.

6/ Das @Bverfg hat nun im Grunde zwei Möglichkeiten: Es kann entweder die Entscheidung des EuGH im Grundsatz akzeptieren, dann gibt es keine weiteren Auswirkungen. Oder es könnte vom EuGH abweichen und die Grenzen für die Bundesbank enger setzen, als es der EuGH für die EZB tut.

7/ Letzteres würde bedeuten, dass das @bverfg in diesem Fall die Interpretation des EuGH selbst für so vertragswidrig hält, dass es einschreiten musste. Wenn sich das nicht nur auf pure Symbolik beschränkt, dann hätte das doppelt dramatische Auswirkungen:

8/ Erstens wäre es ein Hammer, wenn das wichtigste Gericht des größten Mitgliedstaats dem EuGH bei der Bewertung des Handelns einer EU-Institution nicht nur droht, sondern ihm tatsächlich seinerseits Kompetenzüberschreitung bescheinigt.

9/ Doch vor allem hätte dies direkte praktische Auswirkungen: Die Bundesbank ist gegenüber der EZB weisungsgebunden (siehe unten Art 14.3 ESZB-Satzung). Gleichzeitig müsste sie dem @bverfg-Urteil folgen - doch daran ist die EZB nicht gebunden. Das wäre ein unauflösbarer Konflikt.

10/ Das gilt insbesondere dann, falls das @bverfg Vorgaben machen sollte, die entweder direkt der Bundesbank eine weitere Teilnahme am regulären QE-Programm verbieten oder die so gelesen werden können, dass sich die Teilnahme zumindest für das neue PEPP-Programm verbietet.

11/ Dann wären wir absehbar mitten in einer Marktpanik. Denn theoretisch lassen sich die EZB-Programme auch ohne die Bundesbank abwickeln. Politisch ist das aber schwer vorstellbar. Das Signal wäre klar: Die Macht der EZB ist viel beschränkter als angenommen.

12/ Es folgten vermutlich weitere juristische Auseinandersetzungen zwischen KA und LU. Doch bis auf weiteres wären der EZB die Hände gebunden. Der Scheinwerfer würde dann auf die Politik schwenken: Die müsste dann zeigen, dass sie es mit dem Zusammenhalt des Euro ernst meint.

13/ Die letzten Wochen sprechen nicht unbedingt dafür, dass das gut ausgehen würde.

Vieles hängt nun von den Details des Urteils ab. Aber dass ganz Europa am Dienstag nach Karlsruhe schaut, ist sicher.