Thread by @Astradamus2

Meine Frau ist Lehrerin. Als sie damals ihr erstes Elterngespräch hatte, war dies ein Hausbesuch. Das Jugendamt war beim Gespräch dabei. Die Familie erhielt seit einiger Zeit Unterstützung. Die Mutter war so stark übergewichtig, dass sie die Wohnung nicht verlassen konnte. (1/x)

Die Kinder kamen mit Kleidung zur Schule, die zu klein, zu schmutzig und nicht witterungsgemäß war.Oft hatten sie entweder gar nichts oder ungesundes Essen mit in der Schule. Als meine Frau von dem Termin kam, saß ich gerade am Schreibtisch. Es war nachmittags, gegen 15:30. (2/x)

Sie schüttelte sich vor Ekel und trank - was sie sonst nie (!) tut - vier Shotgläser meines Whiskeys, um den Nachmittag irgendwie zu verarbeiten. Die Wohnung hatte in einigen Räumen keine Fensterverglasung mehr, nur Decken hingen als Schutz davor. (3/x)

In der Wohnung lebten mehrere Hunde und Katzen. Diese erledigten ihre Geschäfte in der gesamten Wohnung. Es stank fürchterlich.

Die Mutter war keine gewalttätige Frau. Das Schicksal ihrer Kinder war ihr aber weitestgehend egal. (4/x)

Sie gab an, sie hoffe zwar für die Kinder, dass das mit der Schule schon irgendwie klappe. Unterstützung würde sie ihren Kindern aber nicht bieten. Da müssten sie schon alleine durch. Familäre Aktivitäten gebe es nicht. Sie hätte mit sich schon genug zu tun. (5/x)

Die Tochter war ein fleißiges Mädchen. Sie gehörte zu den besseren Schülern in der Klasse. Sie gab an, sich Mühe zu geben, damit sie ihren Kinder später etwas bieten könne.
Das Jugendamt teilte nach dem Gespräch mit, man würde die Hilfen für die Familien nun einstellen. (6/x)

„Das sieht doch schon ganz gut aus.“ Andere Familien bräuchten die Unterstützung viel dringender.

Auch das sind Wahrheiten in diesem Land. Die Menschen sind nicht gleich. Viele Menschen haben von Anfang an schlechte Startbedingungen. (7/x)

Sie sollen 100 Meter sprinten, haben aber Fußfesseln mit Eisenkugeln an beiden Beinen. Das Bundesverfassungsgericht sagt, dass die Eltern und deren sozio-ökonomische Verhältnisse grundsätzlich zum Schicksal und Lebensrisiko eines Kindes gehören. (8/x)

Es gehöre nicht zu den Aufgaben des Staates, für eine den Fähigkeiten des Kindes bestmögliche Förderung zu sorgen.

Diese Kinder sind die wahren Verlierer der Krise. Sie sind dringend auf Institutionen wie die Schule angewiesen. Sie haben auch Rechte. (9/x)

Jedes Kind hat ein Recht auf Bildung. Sie haben ein Recht auf Teilhabe. Sie haben ein Recht auf Schutz. Sie haben ein Recht auf Aufklärung. Wer hat diesen Kindern wie erklärt, warum sie nun nicht mehr in die Schule dürfen? (10/x)

Warum sie ihre Freunde nicht sehen, ihren Geburtstag nicht feiern und nicht auf den Spielplatz oder zum Fußballtraining dürfen?

Eigentlich müssten Kinder in diesen Situationen besonders geschützt werden. Stattdessen wurden sie zur Gefahr verobjektiviert. (11/x)

Als potentielle Superspreader wurden sie aus dem öffentlichen Leben verdrängt. Es dauert bis Mitte Mai, bis der Bundestag das 1. Mal über die Situation von Kindern & Corona debattiert. Die Bundesliga spielt da bereits wieder.

Kinder haben keine Lobby.

#Kinderrechte

(12/12)