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Philipp #Amthor (CDU) hat auf die gegen ihn erhobenen Vorwürfe mit einer Stellungnahme auf seinem Instagram-Kanal reagiert.
Wenn Ihr Lust habt, gehen wir die mal gemeinsam durch. 1/23
Sein Statement ist nämlich sehr aufschlussreich, auch im Hinblick auf politische Kommunikation, Dialektik und Rhetorik. Und natürlich wird Framing eine Rolle spielen… 2/23
Wir schauen uns jeden seiner Sätze genau an, vielleicht sogar etwas pingelig. Das ist jedoch notwendig: Amthor ist abgeschlossener Jurist, kann mit Worten umgehen und ist rhetorisch durchaus begabt (siehe seine Bundestagsreden). 3/23
Und Amthor ist sich bewusst, dass seine Wortwahl Einfluss auf eine mögliche Strafverfolgung und seine weitere politische Karriere haben kann.
Deshalb ist keines seiner Worte zufällig gewählt, sondern verfolgt einen bestimmten Zweck.

Los gehts mit unserer kleinen Analyse! 4/23
1.) Die Stellungnahme trägt den Titel: „Es war ein Fehler.“
Amthor hätte auch titeln können „Es war mein Fehler“ oder „Ich habe einen Fehler gemacht.“ Doch er will den „Fehler“ nicht zu nah an sich heranlassen, sondern Abstand schaffen. 5/23
Deshalb wählt er eine Formulierung, die ihn als eine Art objektiven Dritten erscheinen lässt. Er übernimmt quasi die Rolle eines Gutachters, der das Fehlverhalten einer nicht näher benannten Person von einer neutralen Außenperspektive beurteilt. 6/23
Er gibt den Fehler notgedrungen zu, formuliert aber weiterhin „von oben“. Bereits mit diesen ersten Worten will er demonstrieren, dass er im Besitz der Deutungshoheit über den Vorgang ist. 7/23
2.) Was fällt uns gleich auf? Natürlich das Wort „Nebentätigkeit“, das er später noch einmal verwendet. Und welches verwandte Wort kommt uns dabei in den Sinn? Genau: „Nebensache“. 8/23
Nun wirft Amthor eine Nebelkerze: Es habe sich um ein Unternehmen gehandelt, „das in einem für die ökonomische und sicherheitspolitische Zukunft wichtigen Themenfeld arbeitet“. Die Botschaft hinter dieser wolkigen Formulierung: 9/23
Amthor hat sich für uns und unsere Zukunft aufgeopfert - ein Schuft, wer dies kritisiert!

Dabei ist es für den eventuellen Tatbestand der Käuflichkeit unerheblich, womit das Unternehmen gehandelt hat, ob mit Zukunfts-Blabla oder Käsekuchen. 10/23
Außerdem habe er alles bei der Bundestagsverwaltung „offiziell angezeigt“. Das soll so klingen, als ob eine offizielle Stelle all dem zugestimmt habe.

Doch was hat er genau angezeigt? All das, was der "Spiegel" ihm vorwirft? Das verrät er natürlich nicht. 11/23
3.) Eine sehr kühne Aussage, wenn man bedenkt, dass seine politische Einflussnahme hinter den Kulissen mit 2.817 Aktienoptionen des Startups, einem Direktorposten und allerlei VIP-Schmeicheleien wie Reisen, Hotels und Champagner einhergeht, wenn nicht belohnt wurde. 12/23
4.) Er hat sich „politisch angreifbar“ gemacht? Das ist das Framing vom Opfer und den Angreifern.

Opfer sind die Guten, Angreifer sind die Bösen. Er gehört also zu den "Guten". 13/23
Die schwersten Vorwürfe, die man einem Politiker überhaupt machen kann, nennt er beschönigend „Kritik“.

(Kritik haben wir alle schon mal erlebt… Kritik kann so und so ausfallen… Kritiker nerven….etc...) 14/23
Und erneut kommt als gnädiges Minimalzugeständnis „Es war ein Fehler“. Auch hier lautet die unausgesprochene Huckepack-Botschaft: „Fehler können jedem mal passieren“. 15/23
5.) Ein geradezu perfide geschickter Satz, der uns einlullen soll. Typisch das Wort "rückblickend", von dem es gerne heißt "rückblickend ist man immer schlauer". 16/23
Außerdem nutzt Amthor die Gelegenheit, um aus einer Position der Defensive in die Offensive zu kommen und jubelt uns seine angeblich hohen Ansprüche an sich selbst unter.

Nebenbotschaft: Er ist sich selbst der strengste Richter! 17/23
6.) Amthor wählt erneut die Methode der verbalen Abschwächung und nennt das Ganze ein „Kapitel“. (Wir wir wissen, gehen Kapitel schnell vorüber)

Und wie erfreulich: Es wird ihm eine „Lehre sein“. Er geht also gestärkt aus der Situation. 18/23
7.) Botschaft 1:
Ich, Philipp Amthor habe die Handlungshoheit und kein anderer!

Botschaft 2:
Lalala, es ist doch nichts passiert. 19/23
Das erinnert an den Täter, der auf frischer Tat erwischt wurde und denkt, dass es damit getan sei, wenn er alles wieder ordentlich hinstellt. Und der den Wachtmeister stolz darauf hinweist, dass er das entwendete Geld nicht ausgegeben habe. 20/23
8.) Zum Schluss versucht Amthor noch einmal mit aller Macht aus der Defensive zu kommen und verschiebt das Thema ins Staatstragende. Als Gutachter seiner selbst bescheinigt er sich den „leidenschaftlichen Einsatz“ und zwar für nichts Geringeres als „unser Land“. 21/23
Das sind die Worte, die nach der Lektüre des Statements hängen bleiben sollen. „Alles Kleinkram, längst verarbeitet und nun weiter mit den Staatsgeschäften.“ 22/23
Zusammenfassung? Die überlasse ich Euch. 23/23
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