Da wir jetzt ja alle über #Statuen, #Denkmäler, #Erinnerungsorte diskutieren: auf der Fraueninsel in Bayern steht immer noch ein „Schein“-Grabstein für den Nazi-Kriegsverbrecher Alfred Jodl. 
Ein Update und ein paar neue Eindrücke zum Umgang mit dem Erbe des #NS und der #Erinnerungskultur im ländlichen Bayern...
#Statuen, #Denkmäler, #Erinnerungsorte.
#Statuen, #Denkmäler, #Erinnerungsorte.
Auf der Fraueninsel steht der “Schein“-Grabstein für den Nazi-Kriegsverbrecher Alfred Jodl immer noch, nur wurde eine neue Platte aufgelegt. Statt “Alfred” steht da jetzt “Familie”.
In meiner Heimatstadt #Traunstein ist zwischen 1914 und 1946 nix passiert.
Aber man saniert 2017 sehr aufwändig eine schöne alte Kirche, allerdings nur eine der dort angebrachten Wandtafeln.
Man trauert über die Zerstörung von Teilen #Traunsteins im April 1945 durch Luftangriffe, aber dass dabei Zwangsarbeiter ums Leben kamen, erwähnt man nicht. Dass überhaupt Zwangsarbeiter in zahlreichen Betrieben der Stadt eingesetzt wurden, erfährt man an keinem Ort.
Allerdings macht man nach Kriegsende befreite jüdische KZ-Häftlinge - die als Displaced Persons in der Stadt untergebracht wurden - für den “reibungslosen Ablauf des schwarzen Marktes” verantwortlich.
Dafür macht die Stadt Traunstein 1981 den Nazi-Künstler Ernst von Dombrowski zum Ehrenbürger. Goebbels stellte ihn 1944 als “unabkömmlich”. Bis in die 80er Jahre war er in der Szene der Alt-Nazis und bei rechtsextremen Organisationen aktiv.
Das Mahnmal für die Traunsteiner NS-Opfer ist indes so gestaltet, dass man es leicht übersieht, wenn man nicht weiß, wonach man sucht.
Ähnlich verhält es sich mit dem Denkmal für die über 60 KZ-Häftlinge, die im Mai 1945 außerhalb von Traunstein auf einem Todesmarsch von der SS erschossen wurden.
Immerhin gibt es seit 2009, u.a. wegen @vvn_bda, für die im #Holocaust ermordete Traunsteiner Familie Holzer einen Gedenkstein. Dieser wurde bereits mehrfach beschmiert und beschädigt.
2018 (!) baut man in #Traunstein eine neue "Gedenkstätte für die Opfer der Weltkriege" - für den Zweiten Weltkrieg zählt man darunter ausschließlich deutsche Opfer: gefallene und vermisste Wehrmachts-Soldaten und die zivilen Opfer in Traunstein.
Die Inschrift dazu lautet:
“Verführt zum Krieg
/ im Glauben an den Sieg /
verraten belogen ins Unheil gestürzt / erfroren verhungert getötet verstümmelt /
in den Meeren ertrunken gestorben 1939-1945”
“Verführt zum Krieg
/ im Glauben an den Sieg /
verraten belogen ins Unheil gestürzt / erfroren verhungert getötet verstümmelt /
in den Meeren ertrunken gestorben 1939-1945”
Am Denkmal: Kein Wort von Verantwortung, der Zustimmung für das NS-Regime, den Verbrechen der Wehrmacht - und schon gar nicht über die Opfer des Vernichtungskriegs. In den Augen der Stadt #Traunstein haben die deutschen Soldaten im 2. Weltkrieg offenbar am schlimmsten gelitten.
Eingeweiht wird das Denkmal von Krieger- und Soldatenkameradschaften usw. mit “dreifachem Ehrensalut der Gebirgsschützenkompanie”.
Btw: in Traunstein gibt es seit 1866 keine Gebirgsschützen mehr, die Kompanie ist Erfindung der 1980er. Ziel: “Einstehen für unsere Heimat, dem Erhalt unseres christlichen Glauben, besonders zu unserer Schutzfrau der Patrona Bavariae, und der Erhaltung der wehrhaften Tradition.”
Interessantes Detail zum Traunsteiner Denkmal: der Künstler sitzt seit diesem Jahr für die @CSU im Stadtrat.
Eine seiner anderen Ideen: ein "Chiemgauer Heimatkreuz”, das in jeder Gemeinde des Landkreises aufgestellt werden soll.
In Rom findet man das gut.
Ca. 10 km westlich von Traunstein steht auf dem Schulhof einer Privatschule am Chiemsee ein “Schreitendes Pferd” von Josef Thorak. Thorak war “Staatsbildhauer” im Dritten Reich und ein Lieblingskünstler Hitlers. Kein Hinweisschild zu Entstehung oder Kontext.
1939 war die Skulptur auf der “Großen Deutschen Kunstausstellung” im heutigen @HausderKunst in München zu sehen.
50 km Richtung Osten, in #Salzburg, stehen auch noch Skulpturen von Thorak. Hier das Kopernikus-Denkmal, das eigentlich im von NS-Deutschland annektierten Teil Polens aufgestellt werden sollte.
Immerhin ist es mit einem Hinweisschild versehen.
Eine Josef-Thorak-Straße gibt’s in Salzburg trotzdem noch.
Zurück auf der bayerischen Seite der Grenze: hier heißt die zentrale Brücke der Stadt Bad Reichenhall “Kretabrücke”. 1966 - mehr als 20 Jahre nach Kriegsende - wurde sie eingeweiht, im Gedenken an die deutschen Gefallenen der Invasion Kretas durch die Wehrmacht im Jahr 1941.
Die “Gebirgsjägerkameradschaft 232” veranstaltete zuletzt 2019 eine Gedenkfeier.
"In Erinnerung an die Invasion Kretas durch die deutsche Wehrmacht, die menschliche Tragödie vor allem für die Soldaten des ... Gebirgsjägerregiments 100 aus Bad Reichenhall, so wie den Opfern des alliierten Luftangriffes auf Bad Reichenhall und allen Opfern des 2. Weltkrieges"
Der Gebirgsjägerkameradschaft 232 gehören aktive und ehemalige Soldat*innen der @bundeswehrInfo an.
gebirgsjaegerkameradschaft232.de/organisation
gebirgsjaegerkameradschaft232.de/organisation
Auf und vor Kreta starben viele Soldaten aus Bad Reichenhall. Von den Massenerschießungen und anderen Kriegsverbrechen der Wehrmacht auf Kreta ist hier aber nicht die Rede.
Dafür ziert die dortige Kaserne @bundeswehrInfo, Standort der #Gebirgsjägerbrigade23, ein Reichsadler - statt Hakenkreuz heute mit Edelweiss. Und ein Wandbild von vier Wehrmachtssoldaten aus dem Jahr 1936.
Wenigstens heißt die Kaserne seit 2012 nicht mehr nach dem Wehrmachtsgeneral Rudolf Konrad. To be contd.
