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Zerrbilder von Italien und Südeuropa: Österreichs Bundeskanzler Kurz und die "sparsamen Vier" verwenden sie, um den EU-Wiederaufbaufonds kleinzureden. Hier sind sieben Fakten zu Italien, um der Erzählung der "Sparsamen" etwas entgegenzusetzen. Ein Thread:

kontrast.at/italien-wirtsc…
1. Italien lebt nicht über seinen Verhältnissen: Italien weist seit 2012 höhere Exporte von Gütern und Dienstleistungen auf als Importe. Das Land verbraucht weniger als es produziert. Wenn überhaupt, lebt Italien unter seinen Verhältnissen.
2. Die private Verschuldung ist in Italien relativ gering. Das Thema Verschuldung ist kein Problem der gesamten italienischen Volkswirtschaft.
3. Die Staatsverschuldung ist wegen Altschuldenlasten hoch, die Jahrzehnte zurückliegen. Rechnet man die Belastung durch die Zinsen weg, so war das italienische Budget seit 1992 sogar immer im Plus („Primärüberschüsse“).
Jahrzehntelange restriktive Finanzpolitik hat echten Schaden angerichtet; insbesondere hat der italienische Gesundheitssektor während der COVID-19-Krise wichtige Kapazitäten verloren, um der Bevölkerung angemessenen Schutz zu bieten; Evidenz:

makronom.de/covid-19-zahlt…
Übrigens ist Italien auch Nettozahler in den EU-Haushalt, d.h. es hat weniger an EU-Mitteln erhalten als es an Beiträgen gezahlt hat:
4. Italiens Wirtschaft hat in der €zone gelitten: Vor 20 Jahren, also im Jahr 2000, lagen Italiens Pro-Kopf-Einkommen mit jenen Deutschlands faktisch gleich auf (98,6% der deutschen Kaufkraft). Doch mit der Einführung des Euro 1999 verlor das Land kontinuierlich den Anschluss.
5. Italien hat viele marktliberale Reformen vollzogen. Eine Flexibilisierung des Arbeitsmarktes brachte einen starken Anstieg befristeter Arbeitsverträge und Rückgang der Reallöhne. Diese Strukturreformen haben jedoch Italiens Produktivitätsentwicklung gehemmt.
Die Liberalisierung des Arbeitsmarkts schuf befristete Jobs. Billige Arbeitskräfte verringerten jedoch Reallöhne und verminderten Anreize für Unternehmen, arbeitssparende Investitionen zu tätigen - mit negativen Auswirkungen auf die Produktivität.
Übrigens war Italien nie ein Hort der politischen Stabilität - die derzeitige Regierung ist die 66. seit dem Krieg - und Mafia und Korruption gibt es seit langem. Dies hat die italienische Wirtschaft jedoch nicht daran gehindert, sich zeitweise dynamisch zu entwickeln.
Die anhaltende Misere der Gesamtnachfrage in Italien ist zum Teil Folge der Unzulänglichkeiten der Institutionen und Regeln in der Euro-Zone. Restriktive Konsolidierungs- und Reformanforderungen haben den nationalen Finanzpolitikern systematisch die Hände gebunden.
6. Italien ist das zweitwichtigste Industrieland der EU. Italien verzeichnet die zweithöchste Industrieproduktion nach Deutschland, führt deutlich mehr industrielle Güter aus als es einführt und verzeichnet die dritthöchsten Güterexporte knapp hinter Frankreich.
7. Die Italiener sind nicht reicher als Deutsche oder Österreicher: Der mittlere italienische Haushalt hat tatsächlich mehr Privatvermögen als der deutsche oder österreichische Haushalt. Doch der durchschnittliche Haushalt ist in Deutschland und Österreich klar wohlhabender.
In Deutschland und Österreich ist das Vermögen stärker auf reichere Haushalte konzentriert. In Italien spielt der private Immobilienbesitz eine größere Rolle. Das öffentliche Sicherheitsnetz ist jedoch relativ unterentwickelt; Sozial- und Genossenschaftswohnungen sind selten.
Auch das oft gehörte Argument, die Italiener hätten viel mehr Privatvermögen als Österreicher und Deutsche, und sollten sich ihre Investitionen daher selbst bezahlen, führt damit in die Irre.
Wenn Sparpolitik und marktliberale Strukturreformen Italien nicht vorangebracht haben, dann ist es doch naheliegend, es mit einer Investitionsstrategie zu versuchen, und Italiens Industrie mit einer modernen europäischen Industriestrategie wieder zu beflügeln.
Es kostet Politikern wie Angela Merkel und der Ökonomenszene jetzt viel Kraft,die Bevölkerung (Nord)Europas davon zu überzeugen. Dazu muss man nämlich das falsche Bild, das man über Jahre hinweg aus taktischen Gründen bedient hat, wieder aus den Köpfen der Menschen bekommen. /end
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