@Helge@rudi_anschober Na gut, dann versuche ich mich jetzt an einer Einordnung. Der Übersicht halber hätte ich gesagt, wir gehen den gesamten Prozess ein solchen Testung durch: 1450 – Abstrich – Auswertung. Fangen wir also mit 1450 an.
@Helge@rudi_anschober Vor der Pandemie hatte das Gesundheitstelefon 1450 etwa 30-40 MitarbeiterInnen im Einsatz. Die Zahl der MitarbeiterInnen entwickelt sich dynamisch. Mehr Aufwand: Mehr MA. Am Peak im März/April hatten wir 350 MitarbeiterInnen. Danach ist die Zahl der Anrufe rapide gesunken.
@Helge@rudi_anschober Über den Sommer waren trotzdem immer rund 130 MitarbeiterInnen im Einsatz. Wenn wir uns die Anrufzahlen ansehen. sie blieben über den Sommer zwar erhöht aber halbwegs konstant. Jetzt hatten wir zwei Ausreißer. Am 17.08. (Reisewarnung für Kroatien) und Beginn dieser Woche.
@Helge@rudi_anschober Es war der Tag, an dem die ersten Berichte über eine Orange-Färbung Wiens kamen. Von SO (5.249) schossen Anrufe auf MO (18.782) hoch. Hätte man das so erwarten können? Ich glaube: Nein. Wären sie raufgeschossen, ja. An welchem Tag und um wieviel, ist de facto nicht vorhersehbar.
@Helge@rudi_anschober Jetzt haben wir 400 MitarbeiterInnen auf 3 Standorten bei 1450. 25 kommen kommende Woche und wenn die Wartezeit immer noch zu lange ist, werden weitere MitarbeiterInnen folgen. Gestern lag die durchschnittliche Wartezeit First Level bei 2 Minuten und Second Level bei 14 Minuten.
@Helge@rudi_anschober Nachdem das Testticket über 1450 eingehängt wurde, erfolgt die Testung über Mobile Home Sampling. Zur Historie: Mobile Home Sampling haben wir gemeinsam mit der ÄrztInnenkammer ins Leben gerufen, damit die Leute nicht quer durch die Stadt fahren und sich Zuhause testen lassen.
@Helge@rudi_anschober Herausforderung: Fachgerechten Nasen-Rachen-Abstrich kann nur medizinisch geschultes Personal machen. Am Anfang waren es nur ÄrztInnen, doch ist die Zahl der ÄrztInnen begrenzt. Also haben wir das auf SanitäterInnen ausgeweitet, um mehr Nasen-Rachen-Abstriche machen zu können.
@Helge@rudi_anschober Am Anfang machte es nur das Wiener Rote Kreuz. Im Laufe des Sommers haben wir noch SamariterInnenbund und JohaniterInnen hinzugezogen. 3 Einsatzorganisationen mittlerweile, aber auch hier: Die Zahl der verfügbaren SanitäterInnen ist begrenzt. Dealbreaker: Der Wiener Gurgeltest.
@Helge@rudi_anschober Nicht, weil der Gurgeltest schneller ginge, es ist nur eine andere Art der Probenentnahme, für die es aber kein medizinisch geschultes Personal braucht. Man muss nur beobachten, ob richtig gegurgelt wird. Schulung reicht. Deshalb stellen wir die Testlogistik auf Gurgeltest um.
@Helge@rudi_anschober Damit ist die Zahl der Personen, die Tests abnehmen können, nicht mehr so begrenzt und das bedeutet: Mehr Leute auf der Straße. Mehr Tests gleichzeitig. Kürzere Wartezeiten auf den Test. Nachdem erfolgreichen Feldtests bei der Teststraße war Entscheidung klar: Gurgeltest it is.
@Helge@rudi_anschober Aber, das ist es nicht alleine. Es kommen mehrere Faktoren (leider) gleichzeitig erschwerend hinzu. Was man so aus den Rückmeldungen aller Bundesländer hört, war dieser Faktorenmix wohl stärker als von Bund und allen Bundesländern erwartet: Lockerungen – Reisen – Kontaktpersonen.
@Helge@rudi_anschober Rasch hat man sich in Österreich entschlossen, sehr stark und sehr rasch zu lockern. Das bedeutet: Mehr Kontakte und damit mehr Infektionsgeschehen. Mehr Infektionsgeschehen bedeutet auch mehr enge Kontakte pro Person. Plus: ReiserückkehrerInnen flogen sozusagen "unter Radar".
@Helge@rudi_anschober Hatte im Mai/Juni eine infizierte Person eta 3-4 enge Kontakte, sind es heute über 10 pro infizierter Person. Das heißt: Abgesehen vom steigenden Infektionsgeschehen: Jede infizierte Person verursacht heute das dreifache an Arbeit als noch zu Beginn des Sommers.
@Helge@rudi_anschober Darauf haben wir reagiert. Waren es Ende Juli 170 Personen im Contact Tracing, sind es heute 350 (250 bei den Gesundheitsbehörden und 100 im Büro für Sofortmaßnahmen). Aber: Infektionsgeschehen wuchs schneller, als eine Verdoppelung der Strukturen es hätte 100% auffangen können.
@Helge@rudi_anschober War ein Anstieg der Infektionszahlen im Herbst erwartbar? Ja. Wusste man, wann es genau losgeht? Nein. Hat man mit einem derart starken Anstieg so früh gerechnet? Nein. Auch die Bundesregierung sagte letztens: Diese hohen Zahlen sind für diese Zeit schon viel zu hoch.
@Helge@rudi_anschober Ein Problem, das alle Bundesländer haben. Es gab auch letztens Berichte in den VN zur Situation in Vorarlberg oder auch Berichte zur Situation in Niederösterreich. Wir in unserer Wien-Bubble beschäftigen uns gerne mit Wien, aber dürfen nicht übersehen, dass das in ganz Ö gilt.
@Helge@rudi_anschober Ein Indikator für Infektionsgeschehen in Österreich ist die Positivrate, der Anteil der positiv getesteten Personen an den Tests des jeweiligen Tages. Wir sehen: Es zieht überall an. Ein einigen Bundesländern deutlich, in Wien zwar erhöht, aber halbwegs stabil. Unter 2%: Niemand.
@Helge@rudi_anschober Hätte man einige Spielregeln über den Sommer hinweg aufrecht lassen sollen? Evtl., aber darüber erdreiste ich mir kein Urteil, ich bin nur Pressesprecher und kenne Medizin eigentlich nur von Grey's Anatomy. Auf das steigende Infektionsgeschehen haben wir mit mehr Tests reagiert.
@Helge@rudi_anschober Hatten wir im August Tages-Schnitt von 2.700 Tests, liegt der Wiener Testschnitt alleine diese Woche bei 5.549: Mehr positive Fälle in absoluten Zahlen und die dreifache Arbeit pro infizierter Person. Zahl der Tests ist also (in ganz Ö) schneller gewachsen, als die Infrastruktur.
@Helge@rudi_anschober FReiserückkehrerInnen: Wir wissen, dass es einige asymptomatische Fälle gibt. Mit Screenings und der Teststrategie hat man versucht, die Dunkelziffer zu drücken. Urlaub per se war kein Problem, aber: Asymptomatische ReiserückkehrerInnen haben diese Dunkelziffer wieder erhöht.
@Helge@rudi_anschober Asymptomatische ReiserückkehrerInnen wurden an der Grenze durchgewunken und hatten Zuhause keinen Grund, sich bei 1450 zu melden, sie hatten ja keine Symptome. Ist in OÖ hart aufgeschlagen, jetzt im Westen und auch bei uns. Haben in Wien mit eigenem Screening-Programm reagiert.
@Helge@rudi_anschober Teststraße für ReiserückkehrerInnen. Wäre kostenlose Tests für alle ReiserückkehrerInnen der bessere Weg gewesen als die Einreise mit den so genannten "Kaszetteln"? Eher ja. So blieben viele unter Radar: Keiner würde zugeben, Einreisebestimmungen absichtlich verletzt zu haben.
@Helge@rudi_anschober Jetzt haben wir ein Gemisch: Starke Lockerungen, mehr Kontakte (= mehr Infektionen und enge Kontaktpersonen) und einen Push durch ReiserückkehrerInnen. Auswirkungen spüren alle Bundesländer. Nachdem Verdoppelung beim Contact Tracing nicht gereicht hat, kommen 500 weitere dazu.
@Helge@rudi_anschober Weiteres Problem, das alle Länder haben: Nicht alle privaten Labore werten auch am Wochenende aus. In Wien sind 5 private Labore beauftragt, nur 2 werten auch übers Wochenende aus. Grund: Der Kostenersatz des Bundes, der für einige Labore den Aufwand am Wochenende nicht abdeckt.
@Helge@rudi_anschober Bund zahlt 85€ pro PCR-Auswertung. Da sagen einige Labore in ganz Österreich, dass das ihren Aufwand nicht abdeckt. Deshalb sacken Zahlen am Wochenende immer so ab: Tests werden ja gemacht, aber zT nicht ausgewertet. Für die Statistik egal, für die Betroffenen mehr Wartezeit.
@Helge@rudi_anschober Hier sind wir dafür, dass man neue Kostenersatzregelung für die privaten Labore schafft. Denn: Es ist eigentlich logisch, dass wenn Labore die Wahl zwischen einem 150€-Privattest und einem 85€-Behördentest haben, dass sie den Privattest vorreihen. Deppert wären sie, wenn nicht.
@Helge@rudi_anschober Wir können in Wien olgendes tun und tun es: Alle Strukturen noch stärker aufrüsten (1450, Contact Tracing, Bescheidausstellungen, mehr Tests - wie vom Bürgermeister angekündigt.) und Schutzmaßnahmen weiter hoch halten (Haben die strengsten Regeln für Pflegeheime und Spitäler zB).
@Helge@rudi_anschober Gut ist, dass es bundesweit strengere Maßnahmen gibt. Das senkt Zahl der engen Kontakte pro Person und verringert Arbeit pro infizierter Person. Wir haben in einigen Bereichen länger darauf gepocht. Wichtig: Es ist jetzt da. Auch die Möglichkeit für regional strengere Maßnahmen.
@Helge@rudi_anschober Ich glaube, ich habe jetzt auf Nichts vergessen. Sollten noch Fragen offen sein: Ich mach mir jetzt einmal einen Kaffee.
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Der Wiener Bürgermeister hat im Ö1-Mittagsjournal drei konkrete Vorschläge zu Mindestsicherung und Arbeitsmarkt gemacht und mit einem möchte ich mich in einigen Tweets näher auseinandersetzen: Arbeitsfähige Sozialhilfe-BezieherInnen sollen komplett zum AMS.
#sozialhilfe #wien
Zunächst einmal das Grundsätzliche: Arbeitsmarktpolitik liegt in Österreich in der Verantwortung des Bundesministers für Arbeit. Das Arbeitsmarktservice (AMS) setzt die Arbeitsmarktpolitik des Bundes um. Und was macht in Wien dann eigentlich der WAFF?
#sozialhilfe #wien
Der Wiener ArbeitnehmerInnen-Förderungsfonds ergänzt die Arbeitsmarktpolitik des Bundes in Abstimmung mit dem AMS Wien und den SozialpartnerInnen. Das heißt, wir können durch Qualifizierung vor Jobverlust bewahren, oder Umstieg/Aufstieg ermöglichen.
#sozialhilfe #wien
Die @Stadt_Wien organisiert im Rahmen der Frauenwoche 2024 Impfangebote, die von allen Wienerinnen und Wienern in Anspruch genommen werden können. Zum Einsatz kommen dabei die neuen mobilen Impfbusse des Stadtgesundheitsamts.
#gesundheit #wien
Ihr erinnert euch: Das ist der Bus in der Mitte. Eine Neuerung, die wir mit der Eröffnung des neuen Stadtgesundheitsamt auch angekündigt haben. Mobile Gesundheitsdienstleistungen regional stärker einsetzen. Diese Woche ist ihr erster Großeinsatz.
#gesundheit #wien
1. HPV-Impfung am Internationalen HPV-Tag
Wann? 4. März 2024, 09:00 bis 16:00 Uhr
Wo? Universität Wien (Vor dem Haupteingang)
- Kostenlose HPV-Impfung für alle vom 9. Geburtstag bis zum 21. Geburtstag
#gesundheit #wien
Weil das Thema Bezahlkarte für AsylwerberInnen gerade aktuell ist. Ein paar Fakten zur besseren Einordnung. Grundsätzlich (weil es oft und gerne absichtlich vermischt wird): AsylwerberInnen sind von der Mindestsicherung in ganz Österreich generell ausgeschlossen.
#asyl #wien
AsylwerberInnen fallen in die so genannte Grundversorgung, die wiederum Sache des Innenministeriums und keine Ländersache ist. Sie bestimmen sämtliche Rahmenbedingungen, eben auch wieviel Geld AsylwerberInnen in der Grundversorgung erhalten.
#asyl #wien
Wieviel kriegen AsylwerberInnen eigentlich? Wenn sie in einer organisierten Unterkunft leben, genau 40 Euro pro Monat (!). Zur Sicherheit: Nicht pro Woche, pro Monat! Was könnte man mit dieser Karte bezwecken wollen?
#asyl #wien
Ein kleiner Einblick in meine tägliche Arbeit: Normalerweise ignoriere ich solche Pressemitteilungen, weil mir meine Zeit dafür eigentlich zu schade ist, aber das ist so offensichtlich gelogen, dass ich das leider öffentlich korrigieren muss. #energiebonus#wien
Da behauptet die ÖVP Wien, als Rückfragehinweis steht @PeterSverak, man kann den Energiebonus nur online beantragen. Das ist falsch. Ein Klick - das hätte dich nur eine Sekunde gekostet - hätte gereicht: Es gibt 83 physische Antragsstelen in der ganzen Stadt. #energiebonus#wien
Es steht literally auf der Website und natürlich auch im Brief, den alle nach Hause geschickt bekommen haben. 83 physische Stellen in der ganzen Stadt, wo man den Brief mitnehmen und den Antrag vor Ort stellen kann. Aber hey, war sicher nur "ein Versehen". #energiebonus#wien
(Thread) Abwassermonitoring wird in der Surveillance von Erkrankungen eine immer größere Rolle spielen. Im April 2020 haben wir in Wien mit dem Projekt "CSI Abwasser" begonnen - logischerweise mit dem Fokus auf SARS-CoV-2. Nach 3 Jahren sind wir sehr zufrieden. #abwasser#wien
Schon im Jahr 2022 war klar: Das weiten wir auf weitere saisonale Erkrankungen aus. Und die vergangene Herbst-/Wintersaison war auch die erste Saison, in der wir auch Influenza und RSV über das Abwasser gemonitored haben. wien.orf.at/stories/320464… #abwasser#wien
Die Pandemie hat uns gezeigt, dass ein präzises und umfassendes Monitoring des Infektionsgeschehens eine wesentliche Grundlage für gesundheitspolitische Entscheidungen ist – ohne davon abhängig zu sein, wie viele Personen sich testen lassen. #abwasser#wien
(Thread) Am frühen Nachmittag ist die ExpertInnenrunde von @BgmLudwig zu Ende gegangen und ich möchte hier in aller Kürze (das wird am Ende wohl leider nicht gestimmt haben) ein wenig zu den Regelungen und Hintergründen berichten. #CoronavirusAT#wien
Die Vorgeschichte: Der Bund hat vor rund 2 Wochen angekündigt, seine COVID-19-Basismaßnahmenverordnung von 28. Februar bis inkl. 30. April zu verlängern. Damit bleibt einmal definitiv ein gewisser Grundstock an Maßnahmen bis dahin österreichweit bestehen. #CoronavirusAT#wien
Diese sind in erster Linie:
– FFP2-Maskenpflicht in bettenführenden Krankenanstalten (also Spitälern)
– FFP2-Maskenpflicht in Alten- und Pflegewohnhäusern
– FFP2-Maskenpflicht in den Ordinationen des niedergelassenen Bereichs