Thread by @ardenthistorian

Laut einem Bericht der Washington Post sagte Trump nach einem Telefonat mit jüdischen Gesetzgebern, Juden seien "nur auf ihren eigenen Vorteil aus" und würden in einer ethnischen Allianz "zusammenhalten". Eine #ardentanalyse zu Antisemitismus, Trump & seinen Verschwörungsmythen.

Trumps Aussagen gründen auf dem altbekannten antisemitischen Topos, jüdische Menschen seien illoyal gegenüber dem Land, in dem sie leben, und finden sich bereits in dem hetzerischen Machwerk "Die Protokolle der Weisen von Zion", das komplett erfunden war.

Dort ist die Rede davon, dass Juden anderen Juden gegenüber loyal seien, auf Kosten von Nicht-Juden. Es impliziert zudem ein weltweites jüdisches "Netzwerk" das seine eigenen Interessen verfolgt. Seit der Gründung Israels wurde das Bild um eine Loyalität Israels ggüber erweitert

Trump hat auch dieses antisemitische Bild in der Vergangenheit bereits bedient: 2019 sagte er bereits, Juden, die Demokraten wählen würden, seien "sehr illoyal den Juden und sehr illoyal Israel gegenüber".

Trump und die Republikaner haben mit teils offener Unterstützung von Verschwörungsmythen wie QAnon zur Etablierung dieser antisemitischen Denkmuster beigetragen. Verschwörungsmythen sind meist inhärent antisemitisch - in einem Gut/Böse Weltbild muss ein Sündenbock her.

Historisch mussten dafür sehr oft jüdische Menschen herhalten - das hat sich bis heute nicht geändert. Schauen wir uns ein paar QAnon Elemente näher an und die antisemitischen Tropen, die sie bedienen. QAnon ist eine Sammlung von Verschwörungsmythen unter einem Schirm.

Da ist zunächst die Geschichte von Ritualmorden an Kindern. Laut QAnon Anhänger*innen gibt es einen geheimen Kreis mächtiger Menschen, die die Geschicke der Welt kontrollieren und regelmäßig Kinder entführen, ihr Blut trinken und sie sexuell misshandeln.

Die Legende von Ritualmorden an Kindern ist eine zutiefst antisemitische. Man findet sie schon im 12. Jahrhundert. Im 15. und 16. Jahrhundert erleben die Vorwürfe einen Höhepunkt. Sie führten zur Verfolgung und Ermordung von Juden, denen monströse Taten vorgeworfen wurden.

Dem Verschwörungsmythos nach ermordeten Juden an Pessach christliche Kinder, um ihr Blut für ungesäuertes Brot zu gewinnen. 1144 wurde ein englischer Junge, William aus Norwich brutal ermordet aufgefunden. Sein Onkel, ein Priester, beschuldigte Juden der Tat.

Bald machten Gerüchte die Runde, Juden würden jedes Jahr an Pessach ein christliches Kind kreuzigen. Die Legende vom "blood libel", dem Ritualmord an christlichen Kindern durch Juden im Geheimen, war geboren.

Laut QAnon stecken "globale Eliten" satanischer Mächte dahinter. "Globalisten" und "Eliten" fungiert dabei als Code für "Juden". Wie passt der Teufel hinein? Schon in der frühen Neuzeit gibt es Abbildungen die zeigen, wie Juden angeblich mit dem Teufel im Bunde seien.

Der Kern dieser "satanischen" Verschwörungserzählung ist auch hier zutiefst antisemitisch. Die Erzählung des Kidnappings von Kindern um ihr Blut zu gewinnen, mag von manchen Q-Anhängern zunächst nicht antisemitisch verstanden werden - aber führt unweigerlich dort hin.

Die Legende vom Ritualmord findet sich auch in der 1919 von russischen Antisemiten verfassten Hetzschrift "Protokolle der Weisen von Zion". Hitler griff in seinem "Mein Kampf" viele der dort verbreiteten Lügen auf.

Die Nazis bedienten sich in ihrer antisemitischen Propaganda großzügig bei den „Protokollen“ - hier eine Ausgabe des „Stürmers“ zum Thema „Ritualmord“

QAnon-Fans behaupten außerdem, dass "Eliten" Adrenochrom-Ernte betreiben würden, bei der aus dem Blut von Kindern Adrenochrom, ein Nebenprodukt von Adrenalin entnommen werde. Auch diese Lüge fußt auf der Ritualmordlegende und der Rolle, die Kinderblut dort spielt.

Ebenfalls Teil von QAnon sind Verschwörungserzählungen um eine angebliche Kontrolle des globalen Finanzsystems durch Juden. Diese Legende lässt sich auf die im Mittelalter von Juden ausgeübte Tätigkeit des Geldleihens zurückführen, die für Christen verboten war.

Diese Verschwörungserzählung gibt es in diversen Ausführungen - meist fällt dabei der Name "Rothschild". Diese Version antisemitischer Erzählungen sind jedoch den meisten eher bekannt, daher werde ich den Fokus hier nicht darauf legen.

QAnon ist unter Republikanischen Wähler*innen laut einer Umfrage sehr beliebt: Einer von drei Republikanern glaubt, der Verschwörungsmythos sei großenteils wahr, 23% halten ihn für teilweise wahr. Nur 13% der Republikaner halten QAnon für eine Lüge. civiqs.com/reports/2020/9…

Für heute genug Analyse. Für 10€+ Patrons gibt's das Ganze morgen nochmal ausführlicher als Text. Wer mich unterstützen mag, kann das hier tun: patreon.com/annikabrocksch…
Gute Nacht euch allen!

Für Patrons kommt hier die längere Analyse als Textform:

https://twitter.com/ardenthistorian/status/1309782175584264192