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Sep 26, 2020 24 tweets 11 min read Read on X
Im Urlaub hatte ich einen tollen Besuch im @HGM_Wien 🇦🇹 Ein Teil der Ausstellung hat mich inspiriert, hier mal wieder was für die Militärgeschichts-Fans zu machen. Und die Freunde der Kommunikation sollen auch nicht zu kurz kommen📣

Ein Thread🧵 zum k.u.k. Kriegspressequartier👇
Das k.u.k. Kriegspressequartier, oder KPQ, war zuständig für die Presse- und Propaganda-Arbeit Österreich-Ungarns im 1. Weltkrieg. Zu Beginn des Krieges koordinierte es hauptsächlich die Zeitungsberichterstattung 🗞; später nutzte es sämtliche damals existierende Massenmedien 🎥.
Aber der Reihe nach: Gegründet wurde das KPQ durch Oberst Maximilian von Hoen am selben Tag der Kriegserklärung Österreich-Ungarns an Serbien - dem 28. Juli 1914. Es unterstand direkt dem Armeeoberkommando (AOK) und dem Chef des Generalstabes.
Dabei hatte man sich bereits seit der Jahrhundertwende Gedanken um die Propaganda im Kriegsfall gemacht und 1909 für diesen Fall Mobilisierungsinstruktionen für das Kriegspressequartier erarbeitet 📃 Das Ziel: „Die Presse in planmäßiger und zielbewusster Weise zu beeinflussen“ 📣
Anfangs bestand das KPQ nur aus 7 Offizieren, einem Kadetten und 2 Beamten. Hinzu kamen nun Stück für Stück die Kriegsberichterstatter wobei ursprünglich 16 inländische (8 Österreichische, 8 Ungarische) und 15 ausländische Korrespondenten vorgesehen waren 📝
2 Wochen nach Kriegserklärung wurde das KPQ nach Dukla in Galizien verlegt. Frontbesuche waren den Korrespondenten zunächst streng untersagt. Sie mussten sich damit begnügen die Berichte des AOK für die Presse aufzuarbeiten - was sie nicht hinderte diese bildreich auszuschmücken.
Da das KPQ keinen Zugang zur Front hatte war das AOK der eigentliche Bericherstatter 🗣 „Aufgabe der Kriegsberichterstatter war es nun, die einlangenden spärlichen Nachrichten aufzuputzen [...] als sei der Kriegsberichterstatter weiß Gott wie gut unterrichtet“ (Klaus Mayer)
Im November 1914 wurde das KPQ räumlich getrennt. Das Platzkommando mit den Berichterstattern wurde verteilt & das Kommando des KPQ nach Teschen verlegt. Dort erfolgte eine erste Zensur der AOK-Berichte, so dass die Berichterstatter die unzensierten Berichte gar nicht mehr sahen.
Das KPQ wuchs jetzt rasant in seiner Größe, was sowohl Stab als auch Anzahl der Berichterstatter betraf. Unter letzteren war ab 1915 auch Alice Schalek. Die erste und einzige KriegsberichterstatterIN Österreich-Ungarns 📸👇
Zwar kamen im Laufe des Krieges auch Tätigkeitsgebiete wie Kriegsmalerei und Fotografie hinzu, doch erreichte das KPQ seine Blütezeit erst 1917, als Oberst i.G. Wilhelm Eisner-Bubna am 15. März neuer Kommandant wurde 💂
Unter seiner Führung erfolgte der Aufstieg des KPQ was Einfluss, Mittel & Größe anging. Bis Juni 1917 erarbeitete er eine neue Dienstvorschrift: 🗣 „Pressedienst ist Propagandadienst. Beide gehören zu den wichtigsten Mitteln, das Ansehen der Wehrmacht im In- & Auslande zu heben“
Das KPQ gliederte sich nun wie folgt:

💂Kommandant und Stab
📝Zensurgruppe
🇦🇹Inlandsstelle
🌍Auslandsstelle
📣Propagandagruppe
🗞Pressegruppe
🖼Kunstgruppe
🎭Theater- & Musikgruppe
📸Lichtbildstelle
🎥Filmstelle
🇮🇹Italien-Propaganda
📃Kriegsberichterstattergruppe
📇Platzkommando
Die Inlandsstelle 🇦🇹 erstellte einen Pressespiegel für alle höheren Kommandanten. Außerdem leitete sie zunächst die Fronttheater 🎭, die Feldbüchereien 📚 und das Feldzeitungswesen 🗞
Die Auslandsstelle 🌍 fertigte einen Pressespiegel über die ausländische Presse an 🗞 und war für den Vertrieb von Filmen im befreundeten und neutralen Ausland zuständig 📽
Die Propagandagruppe 📣 koordinierte die Arbeit der 🗞 Presse-, 📸 Lichtbild- und 🖼 Kunstgruppe. Sie verfasste Broschüren, Flugblätter, Postkarten und vieles mehr. Außerdem organisierte sie Kunstausstellungen und verfasste den Monatsbericht des KPQ.
Die Pressegruppe 🗞 oder auch „Redaktionelle Gruppe“ verarbeitete das militärische Nachrichtenmaterial und hübschte dieses für die Einflussnahme auf die In- und Ausländische Presse auf.
Die Kunstgruppe 🖼 entstand aus der Schlachtenmalerei und bestand aus teilweise sehr namhaften Künstlern. Dem KPQ nicht zugehörig aber zuarbeitend war bspw. Egon Schiele. Die Künstler erstellten Bilder, Plastiken, Plakate und Illustrationen im Auftrag des KPQ.
Ab April 1917 wurde die Theater- & Musikgruppe 🎭 eine eigenständige Abteilung und unterstand nicht länger der Innlandsstelle. Sie war zuständig für den Betrieb der Fronttheater; welche sehr beliebt waren und hauptsächlich moral-hebende Komödien aufführten.
Die Lichtbildstelle 📸 sollte zu den redaktionellen Texten die passenden Bilder liefern und Diavorträge halten 📽 Die Kriegsfotografen arbeiteten daher eng mit den Berichterstattern zusammen.
Die Filmstelle 🎥 war zuständig für den Betrieb der Feldkinos und sollte durch Filmvorführungen im In- & Ausland das Ansehen der K.u.K.-Streitkräfte fördern. Außerdem beriet sie andere Stellen bei der Zensur von Filmmaterial.
Die I-Stelle 🇮🇹 war zuständig für die Propaganda in den besetzten italienischen Gebieten. Darüber hinaus unterstützte sie die Frontpropaganda an der italienischen Front, bspw. mit Flugschriften und Karikaturen.
Die Kriegsberichterstattergruppe 📃 war der eigentliche Kern des ursprünglichen KPQ‘s. Sie gliederte sich in österreichische-, ungarische-, verbündete- und neutrale Gruppe. Die Gruppenleiter organisierten Frontreisen und gaben die Berichte an die redaktionelle Gruppe weiter.
So gegliedert verfolgte das KPQ eine Reihe an Aufträgen:

🗞Einflussnahme auf Presse im In- & Ausland
📝Zensur als oberste Zensurstelle
📰Verbindung zwischen AOK und Presse
🤝Verbindung zu den verbündeten Pressestellen
📣Propaganda im In- & Ausland
🛡Abwehr von feindl. Propaganda
Zwar blieben den Kriegsberichterstattern die vordersten Linien & Interviews mit Frontsoldaten verboten, doch unter Eisner-Bubna durften sie nun endlich an die Front - meist unter seiner persönlichen Aufsicht. Den größeren Einblick bezahlten sie mit einer immer strengeren Zensur.

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