Bhakdi & co erklären die Pandemie für beendet. Eine gewagte These - aber lebt die Wissenschaft nicht genau von solchen gewagten Thesen, vom Aufbrechen der bisher gültigen Lehrmeinung? Manchmal schon - aber sicher nicht so. (Thread)
Bhakdi vertritt eine Meinug, die dem breiten Konsens der Wissenschaft widerspricht: In der Forschung ist man sich einig, dass die Corona-Epidemie eine gefährliche Sache ist, die noch lange andauern wird. Bhakdi sieht das anders, das ist natürlich sein gutes Recht.
Schließlich kann es sein, dass die wissenschaftliche Mehrheitsmeinung falsch ist. Man dachte lange, dass Planeten sich auf Kreisen bewegen - es sind aber Ellipsen. Und viele Leute dachten, dass Spinat wahnsinnig gesund ist, weil er besonders viel Eisen enthält- tut er aber nicht.
Wissenschaft kann nur funktionieren, wenn es Möglichkeiten gibt, auch weit verbreitete Irrtümer zu entlarven. Man muss auch einer Minderheitsmeinung immer die Chance geben, sich durchzusetzen. Aber wie funktioniert das?
Eben nicht so, wie Bhakdi das macht - er setzt im Grunde nur den anerkannten Fakten seine eigenen Fakten entgegen. "Ihr behauptet das, ich aber behaupte jenes." Das genügt in der Wissenschaft aber nicht.
Man muss die Behauptungen, die man widerlegen will, genau studieren und erklären können, warum die bisher anerkannte These zwar korrekt ausgesehen hat, aber trotzdem durch eine bessere These ersetzt werden sollte.
Bei den Planetenbahnen zeigte sich, dass sie Ellipsen mit kleiner Exzentrizität sind - sie ähneln also stark einem Kreis. Kein Wunder, dass man sie lange für Kreise hielt! Doch wenn man sie mit der Ellipsenformel berechnet, lassen sich die Beobachtungen viel genauer beschreiben.
Beim Spinat-Irrtum zeigt sich, dass die Daten in alten Publikationen schlecht aufbereitet wurden, und dieser Irrtum wurde oft unkritisch zitiert. Das lässt sich klar nachvollziehen, gleichzeitig kann man neue Messungen zum Eisengehalt von Spinat durchführen, mit anderem Ergebnis.
Das ist gute Wissenschaft: Nicht einfach nur trotzig dagegenreden, sondern zeigen, dass man verstanden hat, was bisher als wahr galt, warum es als wahr galt, und warum man trotzdem einen Schritt weitergehen muss.
Genau das leisten "Corona-kritische" "Wissenschaftler" wie Bhakdi nicht. Sie werfen irgendwelche Behauptungen in die Gegend, die angeblich der "gängigen Lehrmeinung" widersprechen und erklären diese Lehrmeinung damit für widerlegt. So funktioniert das nicht.
Angenommen, das Corona-Virus wäre wirklich schon vor Monaten verschwunden - dann müsste man Erklärungen liefern, für die hohe Anzahl positiver Tests, für die steigende Belegung der Krankenhäuser und Intensivstationen, für Übersterblichkeiten.
Man müsste erklären, warum die Zahlen so überzeugend zu den bestehenden Modellen passen, wenn diese Modelle falsch sind - von der Reproduktionszahl bis zur Altersstruktur der betroffenen. Man müsste zeigen, wo Mess- oder Rechenfehler gemacht wurden.
Je reichhaltiger die Beweislage für die bestehende Theorie, umso reichhaltiger müssen auch die Widerlegungen ausfallen, um glaubwürdig zu sein. Und unser Wissen über Corona ist mittlerweile sehr reichhaltig - die Gegenargumente von Bhakdi &co sind vergleichsweise jämmerlich.
Und da drängt sich der Verdacht auf: Manchen Leuten scheint es gar nicht darum zu gehen, eine neue wissenschaftliche These zu verbreiten - denn dann würden sie sich dabei an die üblichen, wohlerprobten Regeln des wissenschaftlichen Arbeitens halten.
Manchen scheint es aber wichtiger zu sein, im Rampenlicht zu stehen und Bücher zu verkaufen. Und das ist moralisch letztklassig. Gerade als Wissenschaftler hat man auch eine moralische Verantwortung. Wer sich nicht daran hält, muss kritisiert werden.
Ebenso kritisieren muss man Verlage, Zeitungen und Fernsehsender, die dabei helfen.
Meinungsfreiheit ist wichtig. Es soll nicht verboten sein, Unsinn zu verbreiten. Aber unsere moralische Verachtung ist auch manchmal bei Dingen angebracht, die völlig legal sind.
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Bei Berichten über das Havanna-Syndrom wäre ich vorsichtig. Auszuschließen ist nichts, aber man untersucht solche Behauptungen schon lange, ohne je eine "smoking gun" gefunden zu haben. Physikalisch finde ich die Behauptungen unplausibel. Manches klingt nach Esoterik. (Thread)
Dass Russland skrupellos Menschen schädigt oder tötet, wissen wir. Wir kennen z.B. gut dokumentierte Vergiftungs-Fälle. Beim Havanna-Syndrom geht es aber um die Frage: Gibt es geheime Strahlenwaffen, mit denen man gezielt und unbemerkt ganz bestimmte Symptome verursachen kann?
Menschen aus Diplomatenkreisen klagen über Kopfschmerzen, Ohrenschmerzen, Schwindel, Tinnitus, Wahrnehmungsstörungen und mehr. Lässt sich das z.B. durch Bestrahlung aus dem Nachbargebäude hervorrufen?
Solche Bilder von Eisbergen finden wir oft: Ein Stück ragt aus dem Wasser, der Großteil zieht sich vertikal weit nach unten. Das ist physikalisch aber falsch. Warum sollte so ein Eisberg aufrecht balancieren?(Thread)
Sehen wir uns zuerst eine Situation an, die für uns alltäglicher ist: Wir stellen eine leere Plastikflasche aufrecht ins Wasser. Der Großteil der Flasche ist über dem Wasser, nur der untere Bereich taucht ein. Was passiert?
Naja, klar: Die Flasche kippt um und schwimmt waagrecht im Wasser. So ungefähr:
Gravitation gibt es nicht - das ist eine Behauptung, die tatsächlich ernsthaft vertreten wird, oft von Leuten, die an die Theorie der flachen Erde glauben. Wie bringen diese Leute ihre täglichen Beobachtungen mit dieser Idee in Einklang? Es ist etwas merkwürdig (Thread)
Flacherdler glauben, die Erde ist eine Scheibe, Sonne und Mond ziehen darüber ihre Kreise, ganz außen ist eine Art Himmelskuppel, auf der die Sterne befestigt sind. Das passt natürlich nicht zu den Naturgesetzen, wie wir sie kennen.
Newtons Gravitationsgesetz (oder Einsteins Relativitätstheorie) beschreibt zwar, wie Planeten um Sterne kreisen, aber eine Sonne, die Kreise über einer Erdscheibe zieht - das ist nach der Gravitationstheorie unmöglich. Flacherdler müssen somit die Gravitationstheorie ablehnen.
Lautstärke misst man in Dezibel. Das haben wir alle schon mal gehört. Aber was ist das für eine seltsame Einheit, und warum führt sie (sogar in der medizinischen Fachliteratur) ständig zu Verwirrung? Schaffen wir das Dezibel ab!
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Wie misst man, wie laut etwas ist - also wie kräftig eine Schallwelle ist? Physikalisch betrachtet könnte man einfach sagen: Messen wir doch einfach die Energie der Schallwelle. Aber was man dann bekommt, passt nicht zu dem, was wir als "Lautstärke" empfinden.
Dieselbe Schall-Energie-Menge kommt uns nämlich manchmal laut und manchmal leise vor - abhängig von der Frequenz, also der Tonhöhe. Wir Menschen hören am besten im Bereich von ein paar 1000 Hertz (Schwingungen pro Sekunde). Das entspricht ungefähr der Tonhöhe einer Flöte.
Happy Birthday, Albert Einstein! Es gibt ja jede Menge berühmte Leute, bei denen nicht so ganz klar ist, warum gerade sie zum Superstar erklärt wurden. Bei Einstein ist das anders: Er hat seine Rolle als überragende Figur der Wissenschaftsgeschichte redlich verdient. (Thread)
Völlig unfassbar ist Einsteins großes Jahr 1905 - das "Annus Mirabilis der Physik". Damals war er Mitte 20 und veröffentlichte neben seiner Dissertation gleich 4 Arbeiten, von denen jede einzelne gereicht hätte, um ihm einen Eintrag in den Lehrbüchern zu sichern.
Er erklärte zunächst den Photoelektrischen Effekt - die Tatsache, dass bestimmte Materialien Elektronen abgeben, wenn sie mit Licht bestrahlt werden. Vorher betrachtete man Licht eher als Welle, Einstein zeigte: Licht hat auch Teilcheneigenschaften - es besteht aus Photonen.
Mir wurde dieses Video hier geschickt, mit der Frage, ob das den menschengemachten Klimawandel widerlegt. Nein, die Aussagen im Video sind haarsträubender Unsinn. Aber nützt ja nichts, sehen wir uns das an (Thread)
0:26: "Es wird behauptet, CO2 sei ein Problem, dann wäre aber auch jeder Mensch ein Problem, denn wir atmen ja CO2 aus."
Eigentlich sollte jeder an dieser Stelle schon merken, dass der nette Mann im Video keine Ahnung hat: Nein, das Ausatmen erhöht den CO2-Anteil der Luft NICHT.
Ja, wir atmen Sauerstoff (O2) ein und atmen CO2 aus. Woher kommt das Kohlenstoff-Atom (C), das wir da jedem Molekül CO2 mitgeben? Aus unserer Nahrung. Also aus Pflanzen, die wir gegessen haben (oder die von Tieren gegessen wurden, die wir dann essen.)