Als Kind war ich nur mit Jungs unterwegs. Bald lernte ich, dass ich mich wie sie verhalten muss, um Teil der Gruppe zu sein. Als Teil der Gruppe hatte ich dann aber auch ziemliche Vorteile: ich war „cool“ & „akzeptiert“… Ein persönlicher Thread 1/15
Mädchen waren mir gegenüber oft skeptisch. Oder war ich es ihnen gegenüber? Ich hatte immer beste Freundinnen, aber mit ihnen verhielt ich mich anders als in dieser Jungs-Gruppe. Mit meinen Freundinnen musste ich mich nicht ständig beweisen, um mich „über Wasser zu halten.“ 2/15
Warum das so war, konnte ich lange nicht nachvollziehen. Im Jungs-Kreis fühlte ich mich oft gehetzt & versuchte, mich unangreifbar zu halten. Ich bemerkte, dass ich in dem Jungs-Kreis nie über etwas persönliches redete, weil ich Angst davor hatte, mich angreifbar zu machen. 3/15
Sie fielen mir auch ständig ins Wort. Während von ihnen über Mädchen geredet wurde, hieß es bei meinen Burschen-Geschichten „das wollen wir echt nicht hören“. 4/15
Ich hörte auf, mich wie sie zu verhalten und bemerkte: Ich wurde weniger ernst genommen, meine Vorschläge wurden öfter überhört, ich wurde als Mädchen „abgestempelt“. Das hieß: Weniger durchsetzungsfähig, schwächer, weniger kompetent, zickig oder kompliziert zu sein. 5/15
Wieso war das so? Mit der Reflexion über Erfahrungen am Arbeitsplatz, in Freundeskreisen, der Universität oder beim Ausgehen wurde mir bewusst, dass Männer und Jungs mich ständig entwerteten und sich über mich stellten. 6/15
Warum? Die Abwertung von Frauen hat System. Ziemlich eindeutig zeigt Nancy Folbre in „The Unproductive Housewife: Her Evolution in Nienteenth-Century Economic Thought“, wie die Arbeit von Frauen systematisch entwertet wurde. 7/15 pdfs.semanticscholar.org/cac4/8f6113c68…
Sie schreibt folgendes (Bild). Und das, obwohl sie Arbeit verrichteten, von denen alle profitierten: Ihre Männer, ihre Kinder oder ihre Eltern. 8/15 Image
Die Zuschreibung von negativen Assoziationen mit Weiblichkeit funktioniert so gut, dass sogar Frauen sich selbst abwerten. Auspurg et al. fanden heraus, dass Menschen niedrigere Löhne für Frauen fair finden, auch wenn sie keinen arbeitsmarktrelevanten Unterschied aufweisen. 9/15
Am #EqualPayDay haben männlichen Arbeitnehmer bereits das Einkommen erarbeitet, das alle weiblichen Erwerbstätigen in Österreich für das ganze Jahr erhalten. Eigentlich ist dieser Tag für Österreich nicht heute sondern am 19.8. @MattiasMuck erklärt 10/15
Aber: Der Versuch den Unterschied zu erklären, verzerrt den Blick: Frauen arbeiten aus einem Grund Teilzeit – Hallo Haushalt, Kinderbetreuung, Homeschooling, Pflegearbeit für Angehörige…Ein anderes Argument lautet: „Frauen arbeiten häufiger in schlechter bezahlten Berufen“ 11/15
Das Problem liegt aber nicht bei den Frauen. Lehrerinnen, Pflegerinnen, Supermarktkassiererinnen, sie sind systemrelevant, wir brauchen sie. Anständige Bezahlung ist hier das Mindeste, das man gegen die Abwertung weiblicher Arbeit machen könnte. 12/15
37% Einkommensunterschied hat Auswirkungen: Frauen sind eher armutsgefährdet & beziehen geringere Pensionen. Diese Zahl herunterzurechnen ist gleichbedeutend damit zu sagen „selbst Schuld, wenn du Frau bist & in einer frauenfeindlichen Gesellschaft lebst“. 13/15
Meine Jungs-Gruppe ist übrigens mittlerweile sensibilisiert. #Feministin ist kein Schimpfwort mehr. Sie sind sich bewusst, dass die Gesellschaft Frauen abwertet und Männern Privilegien einräumt. 14/15
Auch deshalb sind sie immer noch meine Freundesgruppe – der nächste Schritt ist sie dazu bewegen, mit mir auf den nächsten Frauenstreik zu gehen! #EqualPayDay #Genderinequality #Geschlechterungerechtigkeit 15/15
Zusatz: Mein Kollege @MattiasMuck und ich haben für das @mominst was zum Thema geschrieben. Zum Papier geht’s hier: momentum-institut.at/news/gender-pa…

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