2️⃣ EU-Parlament zerlegt demokratischen Prozess in mehreren Abstimmungen.
3️⃣ Zu wenig Ressourcen (Geld) für EU-Journalismus in den Redaktionen.
4️⃣ Corona verschärft Situation der Journalist:innen (Kurzarbeit)
1️⃣
Es scheint 2 Lager von Abgeordneten zu geben.
Lager 1: Schießen jeden 2. Tag eine Pressemitteilung zu allem und nichts heraus.
Lager 2: Konzentrieren sich aufs Wesentliche.
Lager 2 ist in der deutlichen Minderheit.
Und die Öffentlichkeitsarbeit der Abgeordneten?
Jede Tag soll kommuniziert werden. Twitter, Instagram, Facebook, LinkedIn, TikTok, PMs, Hintergrund, Gespräche, Termine, Telefonate, unzählige Chatgruppen.
Die Büros verlieren sich im betrieblichen Chaos und wirken orientierungslos. Ergebnis: wichtige Abstimmungen gehen unter.
PS: In vielen Büros sind nicht einmal Stellen für Öffentlichekeitsarbeiten vorgesehen. Oftmals sind Stellen geteilt. Morgens policy-Arbeit, ab späten Mittag kurz mal Sharepic basteln. Das kann nicht gut gehen.
2️⃣
Beim EU Klimagesetz lief es ähnlich wie zur #GAP. Die Abstimmung im Plenum wurde von 1 Abstimmung auf 2 und dann auf 3 eingeteilt.
Faktoren dafür: 1. Corona und damit Remot-Voting 2. Die Menge der Änderungsanträge von Fraktionen für das Gesetz
Ergebnis: keine Journalist:in versteht den Prozess. Es kamen unzählige Rückfragen und auch ich musste jeden Tag aufs neue prüfen.
3️⃣
Schon vor Corona war die Situation der Journalist:innen prekär. Einige übernehmen bis zu 10 Themen, um von Brüssel aus nach München oder Berlin zu berichten. Fließbanarbeit im Akkord. Agenturen sind da wichtige Quellen. Viel Zeit für differenzierte Analysen bleibt kaum.
Die EU-Gesetzgebung ist ein Fall für sich. Sie kommt erschwerend hinzu und macht die Berichterstattung nicht nur aus technischer Perspektive schwer, sondern auch vom Momentum her.
Beispiel ⬇️
Die @tagesschau berichtet nicht über das EU-Klimagesetz, weil es nur eine Richtungsentscheidung war. Denn: Nach der Entscheidung des Parlaments geht es in den Trilog mit dem EU Rat. Wann gibt es dann ein Gesetz? Keiner weiß es genau.
Wichtig ist noch zu wissen: Die Menge der deutschen Journalist:innen in Brüssel ist ein vielfaches höher als die der anderen Länder. Mag an der größe des Landes liegen zeigt aber auch: EU ist sehr weit weg von der nationalen Bericherstattung – vor allem in anderen EU Staaten.
4️⃣
Corona hat die Situationen der Journalist:innen noch verschlechtert.
Durch den Wegfall der Werbeeinnahmen gab es einen finanziellen Einbruch; Kurzarbeit wurde eingeführt, Stellen gestrichen.
Es gab eine höhere Fluktuation an Journalist:innen.
Zusammenfassung: Für Deals zwischen Fraktionen ist das perfekt. Vorbei an der Öffentlichkeit und mit der Coronapandemie im Gepäck (sowie US-Wahlkampf) können hier Entscheidungen getroffen werden, die theoretisch einsehbar sind, praktisch aber wenig Aufmerksamkeit bekommen.
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1. Die Abstimmung zur #GAP kam für viele Medien überraschend. Aufgabe der Abgeordneten muss es sein, hier früher zu kommunizieren.
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2. Das EU-Parlament bekleckert sich mit geteilten Abstimmungen und dadurch Unübersichtlichkeit nicht mit Ruhm. Das zerbröselt das Vertrauen in die Demokratie.
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3. Die Journalist:innen haben kaum eine Chance (aufgrund der begrenzen Ressourcen), sich in die Themen einzuarbeiten. Kritische Frage sind kaum zu vernehmen. Es ist eher eine Abhandlung von Ereignissen, ohne den Gesamtkontext zu betrachten.
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